Frau mit Long-COVID erhält BC 007
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BC 007: Gibt es bald ein Medikament gegen Long-COVID?

Von: Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 22.08.2022 - 08:23 Uhr
Der Wirkstoff BC 007 sollte ursprünglich zur Behandlung von Herzerkrankungen eingesetzt werden. Nun weisen erste Untersuchungen daraufhin, dass BC 007 auch die Beschwerden von Long-COVID-Betroffenen lindern könnte. Was weiß man bisher über den Wirkstoff?

Entdeckt wurde die neue Einsatzmöglichkeit von BC 007 an der Augenklinik der Universität Erlangen. Dort hatte man einen potenziellen Nutzen von BC 007 zur Behandlung von grünem Star untersucht.

Was ist BC 007?

BC 007 wurde erstmals im Zusammenhang mit Erkrankungen der Herzmuskulatur (Kardiomyopathien) untersucht. Bei diesen Erkrankungen können Autoantikörper (AAK) eine Rolle spielen. AAK werden durch das Immunsystem gebildet und richten sich fälschlicherweise gegen körpereigene Strukturen, wodurch diese geschädigt werden.

Bei BC 007 handelt es sich um einen sogenannten Aptamer, also ein künstliches DNA-Fragment. Dieses hat die Fähigkeit, sich an bestimmte Moleküle zu binden und diese so zu neutralisieren. Wie genau dies im Fall der Autoantikörper geschieht, ist bisher noch unklar.

Das Erlanger Forschungs-Team um die Medizinerin Bettina Hohberger hatte ursprünglich den Effekt von BC 007 auf Patient*innen mit grünem Star (Glaukom) untersucht. Auch bei dieser Krankheit spielen Autoantikörper eine Rolle.

Die Forschenden stellten jedoch gemeinsam mit Kolleg*innen vom Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin in Berlin Parallelen zu Menschen mit Long-COVID fest. Bei diesen wurden ebenfalls Autoantikörper in Blutproben gefunden. Mutmaßlich schädigen die AAK in diesem Fall die roten Blutkörperchen oder feinste Blutgefäße (Kapillare), was die Durchblutung im Körper und damit auch die Sauerstoffversorgung von Organen beeinträchtigt. Dies könnte ein Auslöser für einige Symptome bei Long-COVID sein.

BC 007 als Long-Covid-Medikament – bisherige Ergebnisse positiv

Bisher wurde der Wirkstoff an vier Personen mit Long-COVID getestet. Alle erhielten eine einmalige Infusion. Die Ergebnisse geben Grund zur Hoffnung: Bei allen Betroffenen besserten sich die Symptome wie starke Erschöpfung, Konzentrationsstörungen oder Geschmacksstörungen deutlich, auch wenn eine der Untersuchungspersonen nach ein paar Monaten einen Rückfall erlitt. Autoantikörper waren im Anschluss an die Infusion im Blut nicht mehr nachweisbar.

Stattdessen konnten eine höhere Dichte an Blutgefäßen und eine Normalisierung der roten Blutkörperchen festgestellt werden. Ob der Wirkstoff bei zukünftigen Therapien weiterhin nur einmalig verabreicht werden muss oder ob vielleicht mehrfache Gaben erforderlich sind, ist aktuell noch offen.

Auch ob die Neutralisierung der Autoantikörper bei sämtlichen Betroffenen mit Long-COVID zu positiven Ergebnissen führt, ist bisher noch unklar. Denn gegebenenfalls könnten auch im Körper verbleibende Viruspartikel von SARS-CoV-2 für einige der Beschwerden verantwortlich sein. Diese sorgen für eine dauerhafte Reaktion des Immunsystems, sodass es auch nach der überstandenen Infektion weiterhin zu Krankheitssymptomen kommen kann. Daher wird derzeit davon ausgegangen, dass der Wirkstoff nur für bestimmte Betroffene geeignet ist.

Als nächster Schritt ist eine umfassende klinische Studie zum Einsatz von BC 007 bei Long-COVID geplant, die weiteren Aufschluss über einen möglichen therapeutischen Nutzen des Wirkstoffes liefern soll. Diese soll noch 2022 beginnen.

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