Frau mit Endometriose
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Endometriose: Symptome und Therapie

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin), Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 21.10.2022 - 14:38 Uhr

Versprengtes Gewebe der Gebärmutterschleimhaut – schätzungsweise jede zehnte Frau in Deutschland leidet daran. Trotzdem dauert es manchmal Jahre, bis die richtige Diagnose gestellt wird. Die Endometriose gehört zu den häufigsten Erkrankungen bei Frauen im geschlechtsreifen Alter. Etwa bei jeder dritten Frau, die ungewollt kinderlos bleibt, steckt sie als Ursache dahinter. Was ist eine Endometriose genau, wie erkennt man sie und wie kann man die Erkrankung behandeln?

Gebärmutterschleimhaut: Auf- und Abbau in stetem Wechsel

Während der Kindheit ist das Endometrium, also die Gebärmutterschleimhaut, ein ruhendes Gewebe. Erst mit dem Eintreten der Pubertät und dem zunehmenden Östrogenspiegel im Blut beginnt es zu wachsen, um die Gebärmutter auf die Einnistung eines Kindes vorzubereiten, bis es schließlich zur ersten Menstruationsblutung kommt, bei der die überflüssige Schleimhaut abgestoßen wird. Von da an ist das Endometrium einem ständigen Wechsel unterworfen.

Unter dem Einfluss der Östrogene wird während jedes Menstruationszyklus die Gebärmutterschleimhaut aufgebaut. Sie wächst durch ein Zusammenspiel von Östrogenen und Gestagenen immer weiter, bis sie schließlich zum Zeitpunkt des Eisprungs ausgereift ist. Sie ist nun bereit, ein Ei aufzunehmen. Wird jetzt das Ei befruchtet, kann es sich in der Gebärmutterschleimhaut einnisten und die Entwicklung eines neuen Lebens beginnt.

Bleibt eine Befruchtung aus, dann benötigt der Körper diese Schleimhautschicht nicht mehr. Die Hormone fallen ab, die Schicht zerfällt und wird abgestoßen. Dadurch kommt es zu einer Blutung. Danach beginnt der Aufbau der Schleimhaut erneut. Erst mit dem Eintreten der Wechseljahre und dem Abfall des Östrogenspiegels hört dieser Kreislauf schließlich auf.

Was ist eine Endometriose?

Endometriose leitet sich von Endometrium ab, der Bezeichnung für die Gebärmutterschleimhaut. Neben dem Inneren der Gebärmutter kann sich diese auch an anderen Stellen ansiedeln, beispielsweise in den Eileitern oder am Eierstock, im Bauchraum, aber auch tief in der Muskulatur der Gebärmutter. Weitere Orte im Körper sind möglich, aber eher selten. So kann es beispielsweise auch zu Endometriose im Darm oder in der Lunge kommen.

Ist dies der Fall, reagieren auch die versprengten Endometriumherde wie die normale Gebärmutterschleimhaut auf die Hormone im Blut, verändern sich also während jedes Menstruationszyklus. Allerdings kann das dann gebildete Blut zur Abstoßung des Gewebes den Körper nicht wie normal durch die Scheide verlassen.

Stattdessen fließt es beispielsweise in die Bauchhöhle. Von dort wird es zwar langsam vom Körper wieder aufgenommen, aber durch den immer wiederkehrenden Gewebezerfall außerhalb der Gebärmutter kommt es zu Reizungen und Entzündungen.

Entstehung von Schokoladenzysten

Langfristig führt dies zu Verwachsungen und Veränderungen in den betroffenen Bereichen. Staut sich das Blut in einem Organ auf, führt dies etwa an den Eierstöcken zu sogenannten Schokoladenzysten. Das sind mit geronnenem, altem Blut gefüllte Hohlräume, die bräunlich erscheinen – daher der Name. Bei Endometriose kommt es also häufig zur Entstehung einer Zyste.

Endometriose: Symptome

Das Beschwerdebild kann recht bunt und unspezifisch sein – einer der Gründe, warum die Diagnose oft erst spät gestellt wird. Das Ausmaß der Symptome hängt nicht zwingend vom Ausmaß der Endometriose ab – so können kleine Herde starke Beschwerden verursachen und große Herde erst durch Zufall entdeckt werden.

Häufig beschriebene, für Endometriose typische Symptome sind:

  • extrem starke Regelschmerzen bis hin zu dadurch ausgelösten Ohnmachtsanfällen
  • starke Regelblutungen über die Menstruation hinaus
  • Bauch- und Rückenschmerzen, die oft auch in die Beine ausstrahlen
  • Schmerzen beim oder nach dem Geschlechtsverkehr
  • Schmerzen beim Wasserlassen oder Stuhlgang
  • zyklische Blutungen aus Blase oder Darm
  • Blähungen, Durchfall, Magenbeschwerden
  • Müdigkeit und Erschöpfung
  • Kopfschmerzen

Schmerzen bei Endometriose abhängig von Zyklus und Lokalisation

Typisch für eine Endometriose ist, dass die Beschwerden häufig zyklusabhängig stärker werden und dann wieder abnehmen oder verschwinden. Der Höhepunkt liegt dabei ein bis drei Tage vor dem Einsetzen der Blutung, mit der Abnahme der Menstruation nehmen auch die Beschwerden wieder ab.

Je nach Lokalisation der Endometrioseherde können die Symptome aber auch ganz uncharakteristisch sein oder kontinuierlich auftreten, zum Beispiel wenn es bereits zu Verwachsungen gekommen ist. Befinden sich die Endometrioseherde beispielsweise zwischen Gebärmutter und Darm, kann es verstärkt zu Rückenschmerzen und Problemen beim Wasserlassen kommen. Bei einem Herd im Leistenkanal kann die betroffene Frau auch an Leistenschmerzen leiden.

Endometriose und Schwangerschaft

Ein weiteres Symptom von Endometriose kann ungewollte Kinderlosigkeit sein. Etwa 30 bis 50 Prozent der Frauen, die ungewollt kinderlos sind, leiden an einer Endometriose. Welche Faktoren hier einen Einfluss nehmen, ist noch nicht abschließend geklärt. Durch die Endometriose kann es zu einer verminderten Beweglichkeit bis zum Verschluss der Eileiter kommen. Aber auch Autoimmunreaktionen, Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut oder eine verminderte Eizellenqualität könnten eine Rolle spielen.

Auch bei Vorliegen einer Endometriose ist eine Schwangerschaft aber nicht zwangsläufig ausgeschlossen. Auch eine OP kann häufig die Chancen für eine Schwangerschaft erhöhen.

Endometriose: Diagnose der Erkrankung

Bisher dauert es meist lange, bis bei Frauen die Diagnose Endometriose gestellt wird. Dies liegt auch daran, dass die Symptome sehr unterschiedlich ausfallen können und insbesondere die starken Regelschmerzen mangels direkten Vergleichs von den betroffenen Frauen schwer eingeordnet werden können. Helfen gängige Schmerzmittel kaum weiter oder sind die Schmerzen über Tage ohne die Einnahme von Schmerzmitteln unerträglich, sollte sicherheitshalber ärztlicher Rat gesucht werden. Auch Begleitsymptome, wie Durchfall oder Übelkeit, können ein Hinweis auf eine Endometriose sein. Zum Teil löst eine Endometriose aber auch keine verstärkten Schmerzen aus. Dies erschwert die Diagnose zusätzlich.

Besteht der Verdacht auf eine Endometriose, wird der*die Arzt*Ärztin zunächst die Krankengeschichte erheben und genau nach den Beschwerden fragen. Bei der gynäkologischen Tastuntersuchung können eventuell bereits Herde in der Scheide erkannt werden. Gegebenenfalls wird auch eine Tastuntersuchung des Enddarms vorgenommen.

Anschließend wird eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) der Eierstöcke und der Gebärmutter vorgenommen. So können eventuell vorliegende Entzündungen oder Veränderungen an den Organen, wie durch die Endometriose entstandene Zysten, erkannt werden. Da Zysten jedoch auch unabhängig von einer Endometriose vorkommen können, muss bei unklarer Diagnose eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) vorgenommen werden.

Bei einer Bauchspiegelung wird die betroffene Patientin in Vollnarkose gelegt. Über einen feinen Schnitt am Bauchnabel wird ein Endoskop in den Bauchraum eingeführt. Mithilfe des Endoskops kann der*die Arzt*Ärztin das Innere des Bauchraums untersuchen und mögliche Endometrioseherde direkt entfernen. Das entnommene Gewebe wird anschließend im Labor untersucht, um eine Endometriose sicher zu diagnostizieren.

Zum Teil wird im Rahmen der Diagnose auch der Blutwert CA125 erhoben. Die Konzentration dieses Eiweißes, das auch als sogenannter Tumormarker dient, kann bei Endometriose erhöht sein. Eine sichere Diagnose ist allein durch die Erhebung dieses Blutwerts bei Endometriose aber nicht möglich.

Speicheltest als neue Diagnose-Option

Forschende aus Frankreich haben im Herbst 2022 Ergebnisse zu einer neuen Methode vorgestellt, die einen Durchbruch in der Diagnose von Endometriose darstellen könnte. Mithilfe eines Tests kann dabei spezifische Mikro-RNA im Speichel nachgewiesen werden, die einen sicheren Hinweis auf das Vorliegen einer Endometriose liefern soll.

Das Ergebnis des Speicheltests ist nach etwa zwei Wochen verfügbar. Laut Aussage der Forschenden liegt die Zuverlässigkeit bei nahezu 100 Prozent.

Bis das Verfahren, das unter dem Namen Endo-Test® verfügbar ist, routinemäßig eingesetzt werden kann, kann es aber noch einige Jahre dauern. Deshalb werden die Kosten von circa 800 Euro bisher auch noch nicht standardmäßig von allen Krankenkassen übernommen. Bei Verdacht auf eine Endometriose kann der*die behandelnde Gynäkolog*in jedoch eine Empfehlung für die Kostenerstattung abgeben. Diese wird dann im individuellen Fall durch die Krankenkassen geprüft.

Endometriose-Behandlung und OP

Verschiedene Hormone unterbrechen mehr oder weniger den Menstruationszyklus und die Eireifung, so dass in der Gebärmutter keine Schleimhaut mehr aufgebaut wird. Damit werden auch die Endometrioseherde ruhig gestellt und bilden sich häufig sogar zurück.

Nur bei Endometrioseherden, die keine Beschwerden auslösen und keine Wachstumstendenz zeigen, kann eventuell auf eine Behandlung verzichtet werden.
Im Allgemeinen gilt jedoch: Eine möglichst frühe Behandlung verbessert die Aussichten auf langfristige Beschwerdefreiheit und Heilung. Dies gilt auch für kleine Herde.

Welche Therapie bei Endometriose letztendlich gewählt wird, ist von folgenden Faktoren abhängig:

  • Ausdehnung der Erkrankung
  • Lokalisation der Erkrankung
  • Alter der Betroffenen
  • bestehender Kinderwunsch

Prinzipiell stehen medikamentöse und operative Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung, die einzeln angewendet oder miteinander kombiniert werden können.

Medikamente bei Endometriose

Ein Kriterium für die Wahl des Präparates sollte stets die Berücksichtigung der Nebenwirkungen sein, da diese zum Teil ausgeprägt sein können.

Die alleinige Hormontherapie wird eher bei leichten, wenig ausgeprägten Endometriosen eingesetzt, mit dem Nachteil, dass es relativ häufig nach dem Absetzen der Hormone zum Wiederauftreten von Endometrioseherden kommt. Meist wird die hormonelle Therapie mit der operativen Herdentfernung kombiniert.

Im Rahmen der Hormontherapie soll der Östrogenspiegel im Körper gesenkt werden, da dieses Hormon das Wachstum und die Entstehung von Endometrioseherden begünstigt. Deshalb kann es (vorübergehend) zu wechseljahrestypischen Symptomen, wie Hitzewallungen, Schlafstörungen oder den Verlust der Libido kommen.

Hormonell wirksame Medikamente, die bei Endometriose eingesetzt werden, sind:

  • Gestagen-Präparate
  • Gestagen-Östrogen Kombinationspräparate (Antibabypille)
  • GnRH-Analoga

Zur medikamentösen Therapie zählt auch der Einsatz von Schmerzmitteln, wodurch kurzfristig Schmerzfreiheit erreicht werden kann. Dabei sollten Schmerzmittel gewählt werden, die zusätzlich eine entzündungshemmende Wirkung haben.

OP und kombinierte Therapie

Bei einer schweren Endometriose oder einer endometriosebedingten Unfruchtbarkeit ist meiste eine operative Therapiesinnvoll. Dabei werden die Endometrioseherde mit Laser, Hitze oder mit dem Skalpell entfernt. In den meisten Fällen erfolgt dies im Rahmen einer Bauchspiegelung, selten muss ein Bauchschnitt vorgenommen werden.

In der Regel erfolgt nach dem Eingriff für drei bis sechs Monate eine Nachbehandlung mit Hormonen, um die operative Therapie zu unterstützen. Meist schließt sich dann noch einmal eine operative Entfernung an. Man spricht dann von einer kombinierten Therapie in drei Stufen.

Bei einer Operation mit anschließender medikamentöser Behandlung sind die langfristigen Erfolge am besten, und die Mehrzahl der Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch wird danach schwanger. Aber auch nach der erfolgreichen Behandlung kann es langfristig zum Wiederauftreten der Erkrankung kommen. Übrigens: Nach einer Schwangerschaft bessert sich die Endometriose in vielen Fällen.

Um bestehende Schmerzen zu lindern, können auch Entspannungstechniken und (leichte) sportliche Betätigung helfen.

Wie kriegt man Endometriose?

Es gibt bis heute nur Theorien zur Entstehung einer Endometriose. Diskutiert wird beispielsweise, dass die Erkrankung die Folge eines unkontrollierten Wachstums ist, wodurch die Schleimhaut in die Tiefe der Gebärmuttermuskulatur hineinwächst oder auf andere Organe übergreift.

Eine andere Hypothese geht davon aus, dass sich Zellen, die aus dem gleichen Urgewebe im Mutterleib hervorgegangen sind, in Endometrium umwandeln können und so zur Entstehung einer Endometriose führen. Eine weitere Theorie ist, dass im Rahmen einer sogenannten "retrograden Menstruation" ein Sog von der Gebärmutter in den Eileiter entsteht. So könnten Gebärmutterschleimhautzellen in den Eileiter und von dort aus bis in die Bauchhöhle gelangen.

Die Erkrankung tritt außerdem oftmals familiär gehäuft auf, so dass eine erbliche Komponente angenommen werden muss. Keine der derzeitigen Theorien kann jedoch alle Phänomene einer Endometriose hinreichend erklären.

Bestimmte Risikofaktoren scheinen zudem die Wahrscheinlichkeit, an einer Endometriose zu erkranken, zu erhöhen. Dazu gehören:

  • Kinderlosigkeit
  • erstmaliges Auftreten der Menstruation vor dem 14. Lebensjahr
  • gehäufte Regelblutung
  • niedriger Body-Mass-Index

Endometriose und Ernährung

Ob die Ernährung bei der Entwicklung einer Endometriose eine Rolle spielt, ist aktuell noch nicht endgültig geklärt. Der häufige Konsum von rotem Fleisch scheint Studienergebnissen zufolge das Risiko zu erhöhen, während der regelmäßige Verzehr von frischem Obst und Gemüse das Risiko senken kann.

Auch auf die Schmerzen bei einer bestehenden Endometriose soll sich eine mediterrane Kost mit Fisch, frischem Obst und Gemüse und wenig rotem Fleisch laut einer österreichischen Studie auswirken. Rotes Fleisch wirkt entzündungsfördernd, was einen Zusammenhang erklären könnte. Generell gibt es in diesem Bereich jedoch noch großen Forschungsbedarf.

Endometriose vorbeugen?

Einer Endometriose vorzubeugen ist nach heutigem Wissensstand nicht oder nur sehr begrenzt möglich. Zumindest können Frauen jedoch selbst dazu beitragen, dass die Diagnose früh erfolgt und damit ihre Heilungsaussichten verbessern.

Frauen sollten starke Schmerzen, die in Abhängigkeit vom Menstruationszyklus stärker und schwächer werden, nicht hinnehmen, sondern frühzeitig ihre*n behandelnde*n Frauenarzt*Frauenärztin darauf aufmerksam machen. Bei Unsicherheit kann auch eine zweite Meinung durch eine*n Gynäkologin*Gynäkologen hilfreich sein.

Auch wenn dies jahrzehntelang vielen Frauen vermittelt wurde: Menstruation bedeutet nicht, dass eine Frau zwangsläufig starke Schmerzen hat.