Frau hat Schmerzen am Gesäß wegen Piriformis-Syndrom
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Piriformis-Syndrom: Schmerzen im Gesäß

Von: Dr. med. Lisa Rosch (Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 07.11.2022 - 16:28 Uhr

Das Piriformis-Syndrom beschreibt eine Verspannung des Piriformis-Muskels mit Irritation des Ischiasnerven. Es führt zu Schmerzen im Gesäß und Kreuzbein, die auch ins Bein ausstrahlen können. Bei dieser Symptomatik kommen manchmal auch andere, schwerwiegendere Erkrankungen infrage, weswegen vor der Diagnose des Piriformis-Syndroms andere Ursachen ausgeschlossen werden sollten. Die Therapie erfolgt konservativ, unter anderem mit speziellen Übungen zum Dehnen des Muskels – eine Operation ist also in der Regel nicht erforderlich. Lesen Sie im Folgenden, welche krankengymnastischen Techniken helfen und welche Dehnübungen Sie selbstständig durchführen können.

Was ist der Piriformis-Muskel?

Die Ursache für das Piriformis-Syndrom liegt im Piriformis-Muskel. Der Musculus piriformis (auch M. piriformis, lateinisch für "birnenförmiger Muskel") gehört zur tiefen Schicht der Hüftmuskulatur. Er erstreckt sich zwischen dem großen Rollhügel des Oberschenkelknochens (Trochanter major) und dem Rand des Kreuzbeins (Sakrum).

Seine Hauptfunktionen sind die Außenrotation sowie das Abspreizen und Strecken der Hüfte. Als Teil der Gesäßmuskeln ist der Piriformis-Muskel bei jedem Schritt aktiv und wird somit im Alltag viel gefordert.

Was ist der Auslöser für das Piriformis-Syndrom?

Am häufigsten ist eine Überlastung des Piriformis-Muskels, ausgelöst durch eine ungünstige Sitzhaltung, Ursache für das Piriformis-Syndrom. Langes Sitzen, wie es beispielsweise bei Berufskraftfahrer*innen oder Schreibtischarbeiten der Fall ist, kann auf Dauer zu einer Verspannung und Verkürzung des Muskels führen.

Auch einseitige Belastungen beim Sport oder bei körperlichen Betätigungen können problematisch sein, beispielsweise längeres Fahrradfahren oder schweres Heben aus der Grätsche heraus.

Eine Funktionsstörung der kleinen Wirbelgelenke im Lenden- und Kreuzbeinbereich oder des Iliosakralgelenks (ISG) kann ebenfalls zu einer Verspannung des Musculus piriformis führen. Auch Erkrankungen des Hüftgelenks, zum Beispiel Arthrose, sollten als Ursache für einen schmerzhaften Piriformis in Betracht gezogen werden.

Ein Trauma in Form eines direkten Sturzes oder Schlags auf das Gesäß oder ein längerer "Portemonnaiedruck" in der Gesäßtasche können ebenfalls ein Piriformis-Syndrom auslösen.

Ischiasnerv kann Schmerzen beim Piriformis-Syndrom beeinflussen

Der "Ischiasnerv" (Nervus ischiadicus) zieht in unmittelbarer Nähe des Piriformis-Muskels Richtung Rückseite des Beins. Ist der Musculus piriformis verspannt und verdickt, kann er auf den Nerven drücken, was eine typische schmerzhafte Ausstrahlung in die Oberschenkelrückseite, die Wade oder bis hinunter zur Fußsohle verursacht.

Symptome: Wo schmerzt der Piriformis?

Die Symptome des Piriformis-Syndroms sind vor allem einseitige (mitunter auch beidseitige) Schmerzen im Gesäß, Kreuzbein (Sakrum) oder unteren Rücken, nicht selten mit Ausstrahlung in die Beinrückseite, vor allem in den Oberschenkel, aber auch bis in den Fuß. Die Schmerzen treten am häufigsten im Sitzen durch Druck auf den Muskel auf. Doch auch durch Beanspruchung des Muskels, das heißt beim Gehen, Laufen oder Springen, können die Schmerzen ausgelöst werden.

Schmerzen in der Nacht können es unmöglich machen, eine geeignete Schlafposition zu finden. Häufig kann es dann helfen, mit ausgestreckten Beinen auf dem Rücken zu schlafen, da angewinkelte Beine in der Seitenlage oft eine weitere Belastung für den Muskel darstellen.

Neben den Schmerzen wird über Missempfindungen wie Kribbelgefühle oder Taubheit und ein Einschlafen des Gesäßes berichtet.

Diagnose des Piriformis-Syndroms

Die klinische Untersuchung durch den*die Hausarzt*Hausärztin oder Orthopäden*Orthopädin ist entscheidend. Überprüft werden die Statik des Körpers, also die Körperhaltung, das Gangbild und die Beinlänge. Der Piriformis-Muskel, welcher tief im Gesäß liegt, wird abgetastet. Können dabei typische Schmerzbilder provoziert werden, ist an ein Piriformis-Syndrom zu denken. Spezielle klinische Tests, bei denen der Muskel gedehnt oder indirekt Druck auf den Ischiasnerven ausgeübt wird, können die Verdachtsdiagnose erhärten.

Triggerpunkte bei Piriformis-Syndrom

Einige Schmerzpunkte führen zu einer charakteristischen Schmerzausstrahlung. Man bezeichnet diese Stellen als Triggerpunkte. Dabei handelt es sich um tastbare, punktuelle, schmerzhafte Muskelverhärtungen, die Ausdruck der Verspannung eines Muskels sind. Lässt sich bei der ärztlichen Untersuchung durch leichten Druck auf die typischen Triggerpunkte des Piriformis-Syndroms ein charakteristischer Schmerz erzeugen, untermauert dies die Diagnose. Die Triggerpunkte können im Rahmen einer Physiotherapie gezielt behandelt und im besten Fall zum Verschwinden gebracht werden.

Bandscheibenvorfall oder Piriformis-Syndrom?

Eine wichtige Differentialdiagnose des Piriformis-Syndroms ist der Bandscheibenvorfall der Lendenwirbelsäule beziehungsweise des Übergangs zum Kreuzbein. Hierbei werden Rückenmarksnerven eingeengt, was zu charakteristischen ausstrahlenden Schmerzen in die Beinregion führt. Da auch der verspannte Musculus piriformis zur Reizung des Ischiasnerven führt, können die Symptome ähnlich sein. Andersherum kann auch ein Bandscheibenvorfall mit einer Verspannung des Musculus piriformis einhergehen.

Auch durch eine genaue klinische Untersuchung und klinische Tests können die beiden Krankheitsbilder nicht immer voneinander getrennt werden. Im Zweifelsfall hilft ein weiteres Beobachten des Verlaufs über einige Wochen. Sicherheit über die Ursache der unteren Rückenschmerzen kann dann noch eine Bildgebung mittels MRT liefern.

Das Piriformis-Syndrom loswerden

Die Behandlung des Piriformis-Syndroms erfolgt konservativ. Im Vordergrund stehen dabei Dehnübungen des Muskels. Nach einer physiotherapeutischen Anleitung können diese Übungen auch sehr gut zu Hause selbstständig fortgeführt werden. Manualtherapeutische Anwendungen im Rahmen einer Physiotherapie versprechen ebenfalls einen Therapieerfolg.

Um den Muskel zu lockern, kann auch eine Massage Linderung verschaffen.

Sollten krankengymnastische Anwendungen nicht zum gewünschten Erfolg führen und das Piriformis-Syndrom geht nicht weg, kann die Therapie um Akupunktur, Stoßwellentherapie oder Neuraltherapie (Behandlung mit lokal eingesetzten Betäubungsmitteln) erweitert werden.

Besonders wichtig ist es, die auslösenden Faktoren, wie beispielsweise eine ungünstige Sitzposition am Arbeitsplatz, dauerhaft zu ändern, sonst kann es passieren, dass das Beschwerdebild trotz Behandlung schlimmer wird.

Dehnübung des Piriformis-Muskels

Mit der folgenden beispielhaften Übung können Sie den Piriformis dehnen:

  1. Setzen Sie sich aufrecht auf einen Stuhl.
  2. Legen Sie das Bein der betroffenen Seite auf das aufgestellte Bein der gesunden Seite. Der Knöchel der betroffenen Seite liegt also auf dem Oberschenkel des anderen Beins auf.
  3. Drücken Sie sanft das Knie des übergeschlagenen Beins nach unten Richtung Boden. Halten Sie gegebenenfalls Ihren Fuß dabei fest.
  4. Spüren Sie die Dehnung tief im Gesäß. Diese kann vorsichtig verstärkt werden, indem Sie sich mit geradem Rücken leicht nach vorne beugen.
  5. Halten Sie die Dehnung für etwa 1 Minute.
  6. Wiederholen Sie die Übung drei Mal am Tag.

Medikamente beim Piriformis-Syndrom

Sind die Schmerzen sehr stark, ist die Einnahme von leichten Schmerzmedikamenten ratsam, um eine wirksame Physiotherapie durchführen zu können. Hier sollte auf sogenannte NSAID ("non-steroidal anti-inflammatory drugs", Nichtsteroidale Antiphlogistika), wie beispielsweise Ibuprofen oder Diclofenac, zurückgegriffen werden, um neben der Schmerzlinderung auch einen anti-entzündlichen Effekt zu erzielen.

Zur Eindämmung des Reizzustands können auch Kortison-Injektionen zur Anwendung kommen.

Kann man das Piriformis-Syndrom wegoperieren?

In sehr schweren Fällen und bei lang andauernden Beschwerden kann prinzipiell eine Operation durchgeführt werden. Hierbei wird der Nervus ischiadicus vom Musculus piriformis abgehoben und es werden eventuelle Verklebungen gelöst. Die Sehne des Piriformis-Muskels wird von ihrem knöchernen Ursprung getrennt und degeneratives Gewebe entfernt.

Dauer des Piriformis-Syndroms

Die Dauer der Beschwerden ist abhängig davon, wie stark die Verspannung des Muskels ist. Durch reines Abwarten und Schonung kann in manchen Fällen eine spontane Entspannung des Muskels beobachtet werden. Bei hartnäckigeren Verläufen kann fast immer durch Physiotherapie, Massagen und Eigenübungen eine vollständige Genesung erzielt werden.

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