Frau mit Bradykardie wird vom Arzt untersucht
© iStock.com/DjelicS

Bradykardie: Wenn das Herz zu langsam schlägt

Von: Caroline Stuhlert (Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 24.09.2020 - 15:11 Uhr

Ein langsamer Herzschlag, auch als Bradykardie bezeichnet, kann verschiedene Ursachen haben und muss nicht immer auf eine Krankheit hindeuten. Mögliche Symptome der Herzrhythmusstörung sind Schwäche, Schwindel und Ohnmachtsanfälle. Doch was genau ist eine Bradykardie? Was passiert, wenn das Herz zu langsam schlägt? Was kann man bei einer Bradykardie tun und welche Medikamente helfen? Das und mehr erfahren Sie hier.

Was bedeutet Bradykardie?

Bradykardie heißt so viel wie langsamer Herzschlag. Laut Definition spricht man von einer Bradykardie, wenn bei einem Erwachsenen die Herzfrequenz bei unter 60 Schlägen pro Minute liegt.

Der Herzschlag wird vom sogenannten Sinusknoten vorgegeben, der sich im rechten Vorhof des Herzens befindet. Von dort aus wird der Rhythmus an den etwas tiefer gelegenen AV-Knoten (Atrioventrikularknoten) weitergegeben und über weitere Nervenleitungen anschließend auf den Herzmuskel übertragen. In der Folge zieht sich der Herzmuskel zusammen und pumpt das Blut in den Körper.

Ist der Sinusknoten beeinträchtigt und gibt einen zu niedrigen Rhythmus von unter 40 Schlägen pro Minute vor, können andere Zentren, wie beispielsweise der AV-Knoten, anspringen und den Rhythmus im Herzen vorgeben. Dieser liegt jedoch nicht im Normalbereich und führt praktisch immer zu einer Bradykardie.

Wenn das Herz zu langsam schlägt, wird nicht genügend Blut durch den Körper befördert und es kommt zu einem Sauerstoff- und Nährstoffmangel. Dies muss jedoch nicht immer gefährlich sein. Oftmals bemerken Betroffene im Alltag nicht, dass sie einen bradykarden Herzschlag haben. Erst bei körperlicher Anstrengung stellen die Betroffenen fest, dass ihre Herzfrequenz nicht der Belastung entsprechend ansteigt.

Symptome bei Bradykardie

Es gibt eine Vielzahl von Reaktionen des Körpers, die bei einem zu langsamen Herzschlag auftreten können. Dabei können die Anzeichen einzeln oder in Kombination auftreten oder auch völlig ausbleiben.

Folgende mögliche Symptome können bei einer Bradykardie auftreten:

  • Schwäche
  • reduzierte Belastbarkeit
  • Erschöpfung
  • Müdigkeit
  • Schwindel
  • Synkopen (Ohnmachtsanfälle)
  • Aussetzen des Pulses (Pulsdefizit)
  • Sehstörungen
  • Nervosität
  • Angst
  • Atemnot

Wie kann man eine Bradykardie selbst feststellen?

Ein langsamer Herzschlag kann unter Umständen auch selbst festgestellt werden. Hierfür tastet man am besten mit Zeigefinger und Mittelfinger den Ruhepuls am Handgelenk und zählt die spürbaren Schläge innerhalb einer Minute. Den Daumen sollte man besser nicht zur Pulsmessung verwenden, da er einen eigenen, sehr ausgeprägten Puls hat, der irrtümlich für den gemessenen Puls gehalten werden kann.

Sollte der Puls mehrmals zu unterschiedlichen Zeiten eine Frequenz von unter 50 bis 60 Schlägen pro Minute aufweisen, könnte dies ein erster Hinweis auf eine Bradykardie sein.

Wann ist eine Bradykardie gefährlich?

Ohnmachtsanfälle und Schwindel entstehen, wenn das Gehirn nicht genügend Sauerstoff bekommt. Ein vereinzelter Anfall ist meist nicht problematisch. Häufiger sind es die Situationen selbst, die gefährlich sind. Durch ein plötzliches Umkippen kommt es oftmals zu Unfällen und daraus resultierenden Verletzungen des Betroffenen.

In seltenen Fällen kann eine Bradykardie auch lebensbedrohlich werden. Wenn der Herzschlag nicht nur für sehr kurze Zeit, sondern anhaltend in einem Frequenzbereich von unter 40 Schlägen pro Minute liegt, ist ein Kammerflimmern möglich. Unbehandelt führt dieser Zustand zum Herztod.

Ursachen von Bradykardie

Die Ursachen einer Bradykardie sind vielfältig und lassen sich in sogenannte physiologische (natürliche) und pathologische (krankhafte) Ursachen unterteilen. Eine Bradykardie kann auch als Nebenwirkung von Medikamenten oder im Wechsel mit Herzrasen auftreten. Im Folgenden werden die verschiedenen Ursachen eines langsamen Herzschlags erläutert.

Physiologische Ursachen

Ein langsamer Herzschlag in Ruhe ist bei Ausdauersportlern nichts Außergewöhnliches und damit kein Anzeichen für eine Erkrankung. Der Herzmuskel ist gut trainiert und arbeitet in Ruhe in einem sehr niedrigen Frequenzbereich. Bei körperlicher Aktivität steigt der Herzschlag der Belastung entsprechend an, was bei einem gesunden Herz ganz normal ist.

Bei Unterkühlung und Unterernährung ist es ebenfalls möglich, dass das Herz in einem niedrigen Herzfrequenzbereich schlägt. Der Körper arbeitet in beiden Zuständen auf einem niedrigen Level und viele nicht lebensnotwendige Stoffwechselprozesse werden gestoppt. Aus diesem Grund kommt der Körper mit einem niedrigen Herzschlag aus.

Umgekehrt gibt es das Phänomen der relativen Bradykardie. Hierbei bleibt der Herzschlag unter den 60 Schlägen pro Minute, obwohl man einen erhöhten Herzschlag erwarten würde. Dies kann beispielsweise bei Infektionen mit bestimmten Erregern wie Salmonellen oder Gelbfieber eintreten. Im Regelfall kommt es bei einer Infektion zu einer Erhöhung der Körpertemperatur und einer gesteigerten Stoffwechselaktivität, wodurch auch der Herzschlag ansteigt. Im Fall einer relativen Bradykardie steigt zwar die Körpertemperatur an, aber die Herzaktivität bleibt niedrig.

Pathologische Ursachen

Sogenannte pathologische Ursachen bedeuten, dass dem Symptom, in diesem Fall also der Bradykardie, eine Krankheit zugrunde liegt. Dazu zählt unter anderem eine Schilddrüsenunterfunktion, in der Fachsprache auch Hypothyreose genannt. Die Schilddrüse spielt eine große Rolle im Stoffwechsel und kann darüber hinaus Einfluss auf die Herzaktivität nehmen.

Des Weiteren können Erkrankungen am Herz wie beispielsweise eine Herzschwäche, ein erkrankter oder entzündeter Herzmuskel oder die koronare Herzkrankheit mögliche Ursachen für eine Bradykardie sein.

Ferner kann ein gestörter Elektrolythaushalt zu einem langsamen Herzschlag führen. Besonders bei erhöhtem Kaliumspiegel, auch Hyperkaliämie genannt, ist Vorsicht geboten, da Kalium einen direkten Einfluss auf den Herzrhythmus hat und diesen in der Frequenz massiv bremsen kann. Dadurch kann es durchaus zu einer Frequenz von unter 50 bis 60 Schlägen pro Minute und somit zu einer Bradykardie kommen. Auch ein krankhafter Alkoholkonsum oder die Einnahme von Drogen führt zu Elektrolytverschiebungen, die den Herzrhythmus beeinflussen. Außerdem wirken gewisse Drogen, wie beispielsweise die Opioide, direkt am Herzen über eine Rezeptorbindung, was ebenfalls eine Bradykardie bedingen kann.

Welche Medikamente verursachen eine Bradykardie?

Auch einige herzwirksame Medikamente können in der falschen Dosierung einen zu langsamen Herzschlag herbeiführen.

Typische Medikamente, die zu einer niedrigen Herzfrequenz führen können, sind Betablocker, Herzglykoside und Calciumantagonisten. Diese Wirkstoffe werden normalerweise bei Herzerkrankungen mit zu schneller Frequenz, Herzschwäche oder Hypertonie (Bluthochdruck) eingesetzt. Kommt es also unter dieser Medikation zu einer Bradykardie, liegt in der Regel eine zu hohe Dosierung oder Unverträglichkeit vor.

Von den Betablockern ist der bekannteste Vertreter das Bisoprolol, welches häufig zu bradykarden Symptomen führt. Die Arzneistoffgruppe der sogenannten Calciumantagonisten wird aufgrund ihrer chemischen Struktur in drei Untergruppen eingeteilt. Von diesen können vor allem der Diltiazem- und Verapamiltyp eine Bradykardie herbeiführen.

Krankheitsbilder als Ursache einer Bradykardie

Die Herzfrequenz wird immer in Herzschlägen pro Minute angegeben und kann entweder normofrequent (normal), bradykard (zu langsam) oder auch tachykard (beschleunigt) sein.

Eine Bradykardie gehört wie die Tachykardie, also ein zu schneller Herzschlag, zu den Herzrhythmusstörungen, auch Arrhythmien genannt. Dabei handelt es sich entweder um eine kurzzeitige Bradykardie oder um eine permanent abnorm verminderte Herzfrequenz. 

Bei einem sogenannten Bradykardie-Tachykardie-Syndrom wechseln sich schnelle und langsame Phasen der Herzfrequenz ab. Dabei entsteht in der Regel zuerst eine tachykarde Phase mit über 100 Schlägen pro Minute mit anschließender Pause, in der für einige Sekunden kein Herzschlag eintritt. Hierauf folgt eine bradykarde Episode. Entsprechend der jeweiligen Herzfrequenz spürt der Betroffene die typischen Symptome eines zu schnellen oder zu langsamen Herzschlags. Bei einer tachykarden Phase zeigen sich beispielsweise Beschwerden wie Herzrasen, Kurzatmigkeit und Engegefühl in der Brust.

Diagnostik: Wie stellt man eine Bradykardie fest?

Zur Aufzeichnung der Herzfrequenz wird in der Regel ein Elektrokardiogramm (EKG) durchgeführt. Dabei werden zunächst insgesamt zehn Elektroden an der Brust sowie an Unterarmen und Waden befestigt. Diese messen die elektrische Erregung, die im Herzen entsteht, und deren Weiterleitung innerhalb des Herzens sowie Rhythmus und Frequenz des Herzschlages. Unter Umständen muss zur Diagnostik ein EKG während eines körperlichen Belastungstests (Spiroergometrie) durchgeführt werden.

Falls ein Betroffener von immer wiederkehrenden bradykarden Episoden berichtet, die überwiegend nachts auftreten, wird ein 24-Stunden-EKG durchgeführt. Dabei erhält der Patient ein Messgerät zur Erfassung der Herzaktivität, welches er mit nach Hause nehmen kann und die ganze Zeit bei sich tragen muss. Auf der Brust werden drei oder vier Elektroden befestigt. Die gespeicherten Daten können dem Arzt Informationen zu Unregelmäßigkeiten in der Nacht liefern.

Was tun bei Bradykardie?

Wenn durch einen zu langsamen Herzschlag Symptome auftreten, sollte im Anschluss an die ausführliche Diagnostik eine gezielte Therapie folgen. Dabei wird als erstes die Ursache der Bradykardie gesucht und therapiert. Liegt der Ursprung der Symptomatik am Herzen, können Medikamente zur Steigerung der Herzfrequenz hilfreich sein.

Zur Anwendung von Hausmitteln gibt es keine geeigneten Daten, die eine Verbesserung belegen.

Bei anhaltender Bradykardie mit Beschwerden und Nichtansprechen der Medikamente wird ein Herzschrittmacher für den Betroffenen erforderlich. In diesem Fall ist die Symptomatik so schwerwiegend, dass keine andere Behandlungsoption und kein Spielraum für Selbsthilfe gegeben sind. Die meisten Betroffenen sind nach der Implantation eines Herzschrittmachers beschwerdefrei und gewinnen so ein Stück ihrer Lebensqualität zurück.

Notfallmedikamente bei Bradykardie

In Notfallsituationen, also bei starker Symptomatik und einem Herzschlag von unter 40 Schlägen pro Minute, sollte ein Rettungsdienst alarmiert werden. Dieser wird schnellstmöglich medikamentöse Maßnahmen einleiten.

Diese erfolgen nach einem festgelegten Schema. Als erste Maßnahme wird hierbei Adrenalin oder Atropin über die Vene zugeführt. Adrenalin gehört zur Wirkstoffgruppe der Sympathomimetika, wohingegen Atropin zu den sogenannten Parasympatholytika gehört. Bei beiden Medikamenten wird das Sympathische Nervensystem aktiviert, welches uns in den aufmerksamen, aktiven Modus versetzt. Dadurch kommt es unter anderem zu einer Frequenzsteigerung des Herzens.

Sollten die Symptome und der langsame Herzschlag trotz der Medikamentengabe weiter bestehen, erfolgt als nächster Schritt der Einsatz eines externen Defibrillators zur Stimulation des Herzens. Es ist auch möglich, dass aufgrund einer Bradykardie eine Herzdruckmassage erforderlich wird.

Bradykardie bei Kindern

Auch bei Kindern können Bradykardien auftreten. Wichtig zu wissen ist hierbei, dass es altersabhängige Grenzbereiche für die Herzfrequenz gibt.

So kann ein Kleinkind bis zu einem Alter von drei Jahren eine Herzfrequenz zwischen 90 und 160 Schlägen pro Minute haben. Mit dem Heranwachsen nimmt die Herzfrequenz dann ab, da das Herz an Größe zunimmt und somit ein größeres Schlagvolumen möglich ist. Infolgedessen sinkt die Frequenz mit dem Heranwachsen des Kindes.

Bei frühgeborenen Babys kann es zu einem sogenannten Apnoe-Bradykardie-Syndrom kommen, bei dem die Kinder unter Atemnot und langsamen Herzschlag leiden. Eine Bradykardie liegt bei Neugeborenen bereits bei unter 80 Schlägen pro Minute vor.

Problematisch dabei ist die Kombination der beiden Symptome: Durch die Apnoe, was so viel bedeutet wie Atemstillstand, kann es zur Minderdurchblutung im Gehirn kommen. Abhängig von der Dauer kann es bei den betroffenen Kindern zu Entwicklungsstörungen in Sprache und Bewegung sowie zu einer Erkrankung der Netzhaut kommen. Man versucht, solche Episoden möglichst zeitnah zu unterbinden und therapiert die betroffenen Kinder mit Sauerstoff und Koffein zur Blutdruck- und Frequenzsteigerung.

Fazit: Wann man eine Bradykardie behandeln muss

Zusammenfassend ist eine Bradykardie, die Symptome verursacht und mehr als nur einmal auftritt, abklärungsbedürftig. Da die Anzeichen sehr belastend sein können, sollte man versuchen, die Ursache zu finden und zu therapieren. Bei einer zugrundeliegenden Erkrankung am Herz und bestehender Bradykardie, kann ein Herzschrittmacher den Betroffenen Erleichterung bieten.