Frau mit Sjögren-Syndrom benutzt Augentropfen
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Sjögren-Syndrom: Symptome und Behandlung

Von: Julia Scheuble (Studentin der Humanmedizin)
Letzte Aktualisierung: 27.05.2021 - 09:57 Uhr

Das Sjögren-Syndrom (Morbus Sjögren) ist eine Autoimmunerkrankung. Das bedeutet, dass das Immunsystem, das uns eigentlich vor Keimen wie Bakterien und Viren schützen sollte, die Zellen des eigenen Körpers angreift. Beim Sjögren-Syndrom sind unter anderem die Tränendrüsen des Auges und die Speicheldrüsen im Mund betroffen. Diese Drüsen sorgen für eine ausreichende Tränen- und Speichelproduktion und helfen so auch, Karies und Augenverletzungen vorzubeugen. Werden die Speicheldrüsen aber durch die eigenen Immunzellen angegriffen, so wird der Speichel zäh und der Mund fühlt sich trocken an. Sind die Tränendrüsen mit betroffen, so werden die Augäpfel nicht mehr genügend befeuchtet und trockene Augen sind die Folge. Das Sjögren-Syndrom kann außerdem die Gelenke betreffen und Schmerzen verursachen. Lesen Sie hier, welche Symptome außerdem mit der Autoimmunerkrankung verbunden sind und wie die Behandlung erfolgt.

Symptome: Wie äußert sich das Sjögren-Syndrom?

Das Sjögren-Syndrom betrifft vor allem Frauen und kann sehr viele verschiedene Beschwerden verursachen. Am häufigsten sind jedoch ein trockener Mund, auch Xerostomie, und trockene Augen, auch Xerophthalmie genannt. Die Kombination dieser beiden Symptome wird auch als Sicca-Syndrom bezeichnet.

Darüber hinaus können auch andere Körperteile vom Sjögren-Syndrom betroffen sein, das sich durch folgende Symptome äußern kann:

Das Sjögren-Syndrom kann sich auch durch unspezifische Beschwerden äußern, wie:

Die Erkrankung kann schubweise auftreten. Das heißt, dass sich die Symptome während des Schubs verschlimmern, beziehungsweise neu auftreten.

Verdacht auf Sjögren-Syndrom: Wo findet man ärztliche Hilfe?

Diagnose und Behandlung des Sjögren-Syndroms werden in der Regel von Rheumatolog*innen durchgeführt. Das Sjögren-Syndrom zählt zu den Bindegewebserkrankungen, auch Kollagenosen genannt, welches zu den Gebieten der Rheumatologie gehört.

Diagnose: Wie wird ein Sjögren-Syndrom festgestellt?

Falls Betroffene eine ärztliche Fachkraft wegen ihrer Beschwerden aufsuchen, wird diese sie zunächst nach der Dauer der Symptome befragen. Diese sollten mindestens drei Monate vorliegen, bevor weitere Tests durchgeführt werden.

Untersuchung eines möglichen Sjögren-Syndroms

Die weitere Diagnostik beinhaltet zunächst das "Messen" der Symptome. Hierbei werden folgende Tests durchgeführt:

  • unstimulierter Speichelfluss
  • Schirmer-Test
  • Lissamingrün- oder Fluorescein-Färbung

Die zu untersuchende Person setzt sich beim unstimulierten Speicheltest mit gebeugtem Kopf hin, schluckt zunächst ihren Speichel herunter und wird im Anschluss 15 Minuten lang ihren Speichel entweder in einen Becher tropfen lassen oder spucken. Die so gesammelte Speichelmenge kann schließlich abgemessen werden. Ein Speichelfluss unter 0,1 Milliliter pro Minute ist typisch für ein Sjögren-Syndrom.

Der Schirmer-Test misst den Tränenfluss. Hierbei wird ein Filterpapier zwischen dem Unterlied und dem Augapfel eingehängt. Das Filterpapier saugt sich nun mit den produzierten Tränen voll. Nach fünf Minuten wird das Filterpapier wieder entfernt und die Länge des feuchten Anteils des Filterpapiers kann abgemessen werden. Eine Länge unter 5 mm des befeuchteten Abschnitts kann auf ein Sjögren-Syndrom hinweisen.

Der Zustand der Hornhaut und des Tränenfilms kann außerdem mithilfe von Fluorescein- beziehungsweise Lissamingrün-Färbung abgeschätzt werden. Das Auge wird mit dem Farbstoff beträufelt. Bei der Lissamingrün-Färbung können Unebenheiten und Defekte der Horn- und Bindehaut des Auges mit bloßem Auge erkannt werden. Wird Fluorescein benutzt, so kann der*die Untersuchende mithilfe einer mit Farbfiltern ausgestatteten Spaltlampe die Horn- und Bindehaut beurteilen.

Labortests beim Sjögren-Syndrom

Beim Sjögren-Syndrom handelt es sich um eine Autoimmunerkrankung, das Immunsystem greift also die eigenen Zellen an. Zum Nachweis dieser Erkrankung gibt es folgende Untersuchungen:

  • Bluttest auf Autoantikörper (SSA-Antikörper, Anti-Ro)
  • Beurteilung des Speicheldrüsengewebes unter dem Mikroskop

Die "Sjögren-Syndrom-Antigen-A-(Robert)-Antikörper", abgekürzt SSA(Ro)-AK, sind kennzeichnend für das Sjögren-Syndrom. Sie sind gegen den Zellkern der eigenen Zellen gerichtet. Nach einer Blutabnahme wird das Blut im Labor auf SSA-Antikörper untersucht. Werden diese Autoantikörper im Blut gefunden, ist dies ein deutliches Zeichen für ein Sjögren-Syndrom.

Am häufigsten wird beim Sjögren-Syndrom die Speicheldrüse vom Immunsystem angegriffen, die sich daraufhin entzündet. Für die Diagnostik kann ein kleines Stückchen der Speicheldrüse unter lokaler Betäubung ausgeschnitten und unter dem Mikroskop untersucht werden. Findet sich eine Entzündung der Speicheldrüse mit einer Häufung einer bestimmten Art von Immunzellen (Lymphozyten) in der Probe, so erhärtet dies den Verdacht auf ein Sjögren-Syndrom stark.

Für die Diagnose des Sjögren-Syndroms müssen nicht alle der genannten Tests positiv ausfallen. Weisen jedoch eine gewisse Anzahl der genannten Untersuchungen auf ein Sjögren-Syndrom hin, so kann die Diagnose gestellt werden, wobei der Autoantikörper-Nachweis und eine positive mikroskopische Untersuchung am meisten ins Gewicht fallen.

Was ist die Ursache des Sjögren-Syndroms?

Mögliche Auslöser für das Sjögren-Syndrom sind folgende chronischen Erkrankungen:

  • die rheumatoide Arthritis (eine entzündliche Erkrankung der Gelenke)
  • der Lupus erythematodes (eine entzündliche Autoimmunerkrankung, die unter anderem Bindegewebe, Schleimhäute, Gelenke und Nieren betrifft)
  • die systemische Sklerodermie (eine rheumatische Autoimmunerkrankung der Haut, Gelenke und inneren Organe)
  • eine chronische aktive Hepatitis (eine Leberentzündung)

Das Sjögren-Syndrom wird dann als sekundäres Sjögren-Syndrom bezeichnet. Beim primären Sjögren-Syndrom wird keine vorangehende Erkrankung festgestellt.

Wie wird das Sjögren-Syndrom behandelt?

Die Erkrankung kann nicht ursächlich behandelt werden, man kann sich nur bemühen, die Beschwerden zu lindern (symptomatische Therapie).

Behandlung bei trockenem Mund

Beim trockenen Mund wird versucht, den Speichelfluss anzuregen. Zum einen lindert dies die Beschwerden, zum anderen hilft es auch bei der Karies-Prophylaxe. Grund dafür ist, dass unser Speichelfluss zum einen Essensreste und Erreger von unseren Zähnen spült. Zum anderen enthält er antibakterielle Bestandteile, die Keime schon im Mund abtöten können.

Folgende Mittel kommen gegen trockenen Mund beim Sjögren-Syndrom zum Einsatz:

  • zuckerfreie Kaugummis und Lutschbonbons
  • Speichelersatzmittel
  • Fluoride stärken die Zähne und sind auch Bestandteil von Zahnpasta
  • die Arzneistoffe Pilocarpin und Cevimelin wirken auf das Nervensystem und stimulieren die Speichelproduktion
  • Elektrostimulation der Speicheldrüsen

Therapie bei trockenen Augen

Das zweithäufigste Symptom des Sjögren-Syndroms sind trockene Augen durch einen unzureichenden Tränenfluss. Der Tränenfilm ist wichtig, um die Augen zu reinigen und von Schmutzpartikeln und Fremdkörpern zu befreien. Wird nicht genügend Tränenflüssigkeit produziert, so kommt es zu Hornhaut- und Bindehaut-Schäden des Auges und es können sich leichter Erreger an den Defektstellen festsetzen.

Für die Therapie trockener Augen gibt es unterschiedliche Möglichkeiten:

  • Tränenersatzmittel
  • Brillen dienen als Schutz vor Wind
  • Pilocarpin und Cevimelin regen die Tränenproduktion an, indem sie auf das Nervensystem wirken
  • Sklerallinsen sind formstabil, etwas größer als herkömmliche Kontaktlinsen, jedoch komfortabel. – vor ihrem Einsetzen werden sie mit Kochsalzlösung gefüllt, die während der Tragezeit im Auge bleibt
  • sogenannte punctum plugs (Tränenwegsverschlüsse) verschließen wie ein Stöpsel die Tränenpünktchen, die dem Tränenabfluss dienen
  • eine OP zum Verschluss der Tränenpünktchen (Verödung)

Sind neben dem Mund und den Augen auch innere Organe betroffen, so kann mit Glukokortikoiden das Immunsystem gebremst werden. Diese Behandlung nennt sich auch systemische, also den ganzen Körper betreffende, immunsuppressive Therapie.

Tipps und Tricks für Betroffene

Folgende simplen Tipps können Ihnen helfen, die Beschwerden, die durch das Sjögren-Syndrom ausgelöst werden, etwas zu lindern:

  1. Kauen Sie regelmäßig zuckerfreien Kaugummi.
  2. Achten Sie auf regelmäßiges Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahnpasta.
  3. Suchen Sie regelmäßig eine zahnärztliche Praxis auf und lassen Sie eine professionelle Zahnreinigung durchführen.
  4. Denken Sie an häufiges Trinken.
  5. Vermeiden Sie zuckerhaltige Getränke, da diese die Kariesentwicklung fördern.
  6. Meiden Sie Klimaanlagen und achten Sie auf gute Luftfeuchtigkeit.
  7. Versuchen Sie, nicht zu rauchen. Zigarettenrauch trocknet zusätzlich die Schleimhäute der Atemwege aus und kann so Infektionen fördern.
  8. Gehen Sie häufig an die frische Luft.
  9. Bei Zugluft und Sonnenschein sollten Sie eine Brille tragen, um Hornhautdefekten des Auges vorzubeugen.
  10. Nutzen Sie rückfettende Waschlotionen und vermeiden Sie Schaumbäder.
  11. Achten Sie auf Ihre psychische Gesundheit und gönnen Sie sich Ruhe. Es kann sehr hilfreich sein, Kontakt zu anderen Betroffenen zu suchen und sich psychologische Unterstützung zu holen.

Was darf man beim Sjögren-Syndrom essen?

Betroffene des Sjögren-Syndroms sollten in ihrer Ernährung den Zucker-Konsum so gut wie möglich reduzieren, da dadurch einer drohenden Karies vorgebeugt werden kann. Genauso sollten Kaffee, grüner und schwarzer Tee, Alkohol und scharfe Speisen vermieden werden, da sie dem Körper Wasser entziehen. Außerdem sollten Betroffene besonders darauf achten, genügend zu trinken.

Wie gefährlich ist das Sjögren-Syndrom?

Die Prognose des primären Sjögren-Syndroms ist gut. Die Lebenserwartung ist vergleichbar mit Nichterkrankten. Beim sekundären Sjögren-Syndrom ist die Prognose stark abhängig von der Begleiterkrankung. Sind die inneren Organe mit betroffen, so können sich Lungen- oder chronische Nierenentzündungen entwickeln, die tödlich verlaufen können. Die Betroffenen haben darüber hinaus ein höheres Risiko, an einem bösartigen Tumor der Lymphknoten, dem Non-Hodgkin-Lymphom, zu erkranken. Die Lebenserwartung kann dadurch verringert sein.

Arbeitsunfähigkeit und Behinderung beim Sjögren-Syndrom

Grundsätzlich ist der Grad der Arbeitsunfähigkeit und der Behinderung beim Sjögren-Syndrom von der Beschwerdekonstellation abhängig. Das Syndrom kann eine große Bandbreite an Symptomen abdecken. Der individuelle Fall muss daher bei der Bestimmung des Behinderungsgrades anhand eines Gutachtens geprüft werden.

Sjögren-Syndrom bei Schwangerschaft

Bisher ist nicht bekannt, dass sich durch eine Schwangerschaft die Symptome des Sjögren-Syndroms verschlechtern. Jedoch ist das Risiko für eine Erkrankung des Herzens, des Artrioventrikulären Blocks, beim Fötus leicht erhöht. Dieses Risiko steigt bei einer zweiten Schwangerschaft rapide auf 20 Prozent an. Besteht ein Kinderwunsch, sollten Frauen mit dem Sjögren-Syndrom sich deshalb ausführlich ärztlich beraten lassen.

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