Mann mit Drehschwindel (Umgebung dreht sich)
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Drehschwindel: Ursachen, Behandlung und Übungen

Von: Dr. rer. nat. Isabel Siegel (Diplom-Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 14.12.2022 - 11:48 Uhr

Der Drehschwindel ist eine Schwindelform, bei der Betroffene glauben, dass die Umgebung um sie herum kreist, ähnlich wie in einem Karussell. Für eine erfolgreiche Behandlung der Schwindelart ist es wichtig, die Ursachen für das Symptom zu finden – und mögliche Ursachen gibt es sehr viele. Woher kommt der Drehschwindel und warum kann er auch im Liegen auftreten? Was bedeutet vestibulärer oder nicht-vestibulärer Schwindel? Welche Therapien und Übungen gibt es? Das und mehr erfahren Sie hier.

Was ist Drehschwindel?

Drehschwindel ist keine Krankheit, sondern ein Symptom. Das bedeutet, diese Schwindelform ist ein Anzeichen für eine Erkrankung, eine Verletzung oder eine Funktionsstörung. Drehschwindel kann zahlreiche Ursachen haben. Am häufigsten liegt eine Störung der Gleichgewichtsorgane zugrunde.

Wie fühlt sich Drehschwindel an?

Bei Drehschwindel wird die Umgebung wahrgenommen, als drehe sie sich um die betroffene Person herum, wie bei einer Karussellfahrt. Häufig tritt im Zusammenhang mit dem Schwindel (Vertigo) auch ein unkontrollierbares Zittern der Pupillen im Auge auf (Nystagmus). Begleitet wird die Schwindelform oft von Übelkeit und Erbrechen. Das Schwindelgefühl kann anfallsartig in kurzen Attacken oder dauerhaft auftreten. Dies ist abhängig von der Ursache des Drehschwindels.

Abzugrenzen ist der Drehschwindel von weiteren Schwindelformen, die sich unterschiedlich anfühlen:

  • Schwankschwindel: Der Boden unter den Füßen wird als schwankend empfunden, ähnlich wie auf einem schaukelnden Boot.
  • Liftschwindel: Es entsteht ein Gefühl, als würde sich der Boden heben und senken, ähnlich wie in einem Aufzug.
  • Benommenheitsschwindel: Die Wahrnehmung ist gestört und der Gang ist unsicher, wie nach dem Genuss von zu viel Alkohol.

Vestibulärer und nicht-vestibulärer Schwindel

Im Ohr, genauer gesagt im Innenohr, befindet sich ein sehr wichtiger Teil des Gleichgewichtssinns: der Vestibularapparat. Bei diesem Gleichgewichtsorgan handelt es sich um einen Hohlraum, der mit Flüssigkeit gefüllt ist und aus drei Bogengängen besteht. Bei Bewegung des Körpers bewegt sich auch die Flüssigkeit in diesem Hohlraum. Dadurch werden Sinneszellen in den Bogengängen gereizt und diese Reize über den Gleichgewichtsnerv an das Gehirn weitervermittelt. So funktioniert der Vestibularapparat als eine Art Bewegungssensor.

Daneben nehmen auch die Augen und bestimmte Sinneszellen in Muskeln, Sehnen und Gelenken Funktionen als Gleichgewichtsorgane wahr und sind für die Orientierung im Raum wichtig. Damit sind sie ebenfalls Bestandteile des Gleichgewichtssinns.

Ein Schwindelgefühl kann in folgenden Fällen entstehen:

  • es werden fehlerhafte Informationen von den Gleichgewichtsorganen an das Gehirn weitergeleitet
  • das Gehirn kann die eingehenden Signale nicht richtig verarbeiten
  • der Gleichgewichtsnerv ist beeinträchtigt

Ist Schwindel auf eine Funktionsstörung der Gleichgewichtsorgane zurückzuführen, spricht man von vestibulärem Schwindel. Dem gegenüber steht der nicht-vestibuläre Schwindel, bei dem diese Organe fehlerlos funktionieren und die Ursachen für den Schwindel in anderen Bereichen des Körpers zu suchen sind.

Drehschwindel – was steckt dahinter?

Die Ursachen für den Drehschwindel sind sehr vielfältig. In den meisten Fällen sind Funktionsstörungen der Gleichgewichtsorgane für den Drehschwindel verantwortlich. Diese sind unter anderem auf Krankheiten, Infektionen oder Alterungsprozesse im Innenohr, dem Gleichgewichtsnerv oder dem Gehirn zurückzuführen. Zu den Ursachen für vestibulären Schwindel gehören:

  • einseitiger Funktionsausfall des Gleichgewichtsorgans im Innenohr (Neuritis vestibularis)
  • beidseitig auftretende Erkrankung des Innenohrs (Bilaterale Vestibulopathie)
  • Morbus Menière
  • gutartiger Lagerungsschwindel (Benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel)
  • Entzündung des Innenohrs (Labyrinthitis)
  • vestibuläre Migräne (Schwindelmigräne)
  • Schlaganfall und Durchblutungsstörungen des Gehirns im Bereich des Gleichgewichtssystems
  • Tumor am Gleichgewichtsnerv (Akustikusneurinom)
  • Verletzung des Schädels und des Innenohrs durch einen Unfall oder Sturz

Nicht-vestibuläre Auslöser für Drehschwindel können unter anderem sein:

Verschiedene Schwindelgefühle, aber nicht explizit Drehschwindel, werden auch als Symptom sowohl bei akuten Fällen von COVID-19 als auch im Zusammenhang mit den Langzeitfolgen einer Corona-Infektion (Long-COVID) beobachtet.

Woher kommt plötzlicher Drehschwindel?

Plötzlicher Drehschwindel (akuter Schwindel) kann auf folgende Erkrankungen hinweisen:

  • Gutartiger Lagerungsschwindel: Drehschwindel im Liegen weist auf den meist harmlosen Lagerungsschwindel hin, die häufigste Ursache für Drehschwindelattacken. Lagerungsschwindel tritt auf, wenn die Lage des Kopfes rasch geändert wird, beispielsweise, wenn man sich um Bett umdreht. Durch die Änderung der Position des Kopfes bewegen sich lose, winzige Ohrsteinchen in den Bogengängen des Innenohrs. Sie führen zu Irritationen der Sinneszellen im Vestibularapparat, wodurch es zu kurzzeitigen, bis zu wenigen Minuten andauernden Drehschwindelanfällen kommt.
  • Ausfall des Gleichgewichtsorgans im Innenohr: Plötzlich einsetzender, starker Drehschwindel, der permanent andauert, sich bei Bewegung verstärkt, aber nicht lageabhängig ist, weist auf einen Ausfall des Vestibularapparats hin. Übelkeit und Erbrechen gehören in der Regel ebenfalls dazu. Es wird vermutet, dass eine Virusinfektion oder eine Durchblutungsstörung dazu führt, dass der Vestibularapparat ganz oder teilweise ausfällt. Der genaue Entstehungsmechanismus ist bisher unbekannt.
  • Morbus Menière: Charakteristisch sind plötzliche Anfälle von Drehschwindel, die bis zu 24 Stunden lang immer wieder auftreten können. Sie sind häufig mit weiteren Symptomen wie Hörminderung und Tinnitus auf einem Ohr verbunden.
  • Vestibuläre Migräne: Bei dieser Form der Migräne tritt der plötzliche Drehschwindel wiederholt auf und geht möglicherweise mit Kopfschmerzen, Sehstörungen und Übelkeit einher.
  • Schlaganfall: Hinweis auf einen Schlaganfall kann ein plötzlicher und heftiger Schwindelanfall sein, der stundenlang anhält und mit Übelkeit und Erbrechen einhergeht.

Im Gegensatz zu den plötzlichen Schwindelattacken deutet ein anhaltender Drehschwindel, der zwei bis vier Wochen andauern kann, auf eine Entzündung des Gleichgewichtsnervs hin.

Was tun bei Drehschwindel?

Drehschwindel ist ein Symptom, das den Alltag zwar beeinträchtigen kann, aber nur selten gefährlich ist. Um die Ursachen für den Schwindel abzuklären und angemessen zu behandeln, sollten sich Betroffene an die Hausarzt- oder HNO-Praxis wenden und sich untersuchen lassen. Nur so kann der Drehschwindel angemessen therapiert werden.

Oftmals sind Medikamente gegen das Symptom Schwindel (Antivertiginosa) gar nicht nötig und sollten, wenn überhaupt, nur kurzzeitig eingenommen werden. Viel wichtiger ist die Behandlung der Ursachen, die den Drehschwindel auslösen.

Behandlung von Drehschwindel

Verschiedene Behandlungsmöglichkeiten stehen bei Drehschwindel zur Verfügung.

  • Mit Physiotherapie (Krankengymnastik) und Ergotherapie kann der Gleichgewichtssinn trainiert werden, beispielsweise bei Ausfall des Gleichgewichtsorgans. Da sich eine Besserung der Beschwerden nur langsam bemerkbar macht, sollte die Therapie über einen längeren Zeitraum erfolgen. In diesem Zusammenhang kommt die sogenannte vestibuläre Rehabilitationstherapie zum Einsatz. Diese umfasst Übungen für den Kopf, die Augen und den Körper, die auch zu Hause durchgeführt werden müssen.
  • Bestimmte Übungen gegen Drehschwindel bei Lagerungsschwindel, die sogenannten Lagerungs- oder Befreiungsmanöver, können in der ärztlichen Praxis unter Anleitung erlernt und anschließend selbstständig ausgeführt werden.
  • Medikamente gegen das Symptom Schwindel (Antivertiginosa) werden zur Behandlung und Besserung der Beschwerden eingesetzt, beseitigen jedoch nicht die Ursache des Schwindels.
  • Bei einer Entzündung, zum Beispiel des Gleichgewichtsnervs, kann auch kurzzeitig ein entzündungshemmendes Medikament wie Kortison gegeben werden. Dies kann jedoch nur der*die behandelnde Arzt*Ärztin entscheiden und verordnen.

Übungen gegen Drehschwindel

Welche Übungen zur Therapie der Beschwerden geeignet sind, ist abhängig vom Auslöser des Schwindels. So erfolgt, wie bereits erwähnt, die Behandlung des gutartigen Lagerungsschwindels mithilfe spezieller Lagerungsmanöver. Auch für andere Auslöser, etwa die Neuritis vestibularis oder die Bilaterale Vestibulopathie, können Sie sich spezielle Schwindelübungen zeigen lassen.

Daneben gibt es auch Übungen, mit denen sich das Gleichgewicht trainieren und Schwindelanfällen vorbeugen lässt. Einige davon stellen wir Ihnen im Folgenden vor. Bitte halten Sie vor der Durchführung jedoch ärztliche Rücksprache, um abzuklären, ob die Maßnahmen in Ihrem individuellen Fall geeignet sind.

Die folgenden Übungen werden im Liegen durchgeführt:

  1. Bewegen Sie zunächst in Rücklage die Augen (erst langsam, dann schneller) von rechts nach links und von oben nach unten.
  2. Bleiben Sie auf dem Rücken liegen und bewegen nun den Kopf (so wie vorher die Augen) nacheinander in alle vier Richtungen – neigen Sie ihn also auf- und abwärts und drehen ihn anschließend seitwärts.
  3. Nun heben Sie den Arm und führen den Zeigefinger langsam zur Nasenspitze – fixieren Sie den Finger dabei mit den Augen. Strecken Sie den Arm anschließend wieder aus.

Alle diese Schwindelübungen können Sie danach auch erst im Sitzen, dann im Stehen ausführen. Bei der zweiten Übung lässt sich der Kopf dabei zusätzlich auch seitwärts in Richtung der Schultern neigen. Achtung: Anfangs sollte bei der Durchführung im Stehen aus Gründen der Sicherheit eine weitere Person anwesend sein.

Empfohlen werden jeweils fünf (später zehn) Wiederholungen am Stück. Das komplette Übungsprogramm gegen Schwindel sollte zwei- bis dreimal täglich durchgeführt werden.

Wie gefährlich ist Drehschwindel?

Normalerweise steckt hinter einem Drehschwindel keine ernsthafte Ursache. Mit den oben genannten Übungen oder Medikamenten ist er meistens gut in den Griff zu bekommen.

Der Schwindel kann jedoch dann gefährlich werden, wenn eine ernsthafte Erkrankung dahintersteckt, wie beispielsweise ein Tumor, oder wenn der Schwindel sich als ein Symptom für einen Schlaganfall entpuppt. Insbesondere bei älteren Menschen, die an Schwindel leiden, erhöht sich zusätzlich die Sturzgefahr, wodurch es häufiger zu Verletzungen kommt.

Am besten ist es, bei unklaren und wiederkehrenden Schwindelbeschwerden eine ärztliche Untersuchung durchführen zu lassen. Denn erst wenn die Ursache des Drehschwindels feststeht, kann dieser erfolgreich behandelt werden.

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