Ausbreitung einer Pandemie in Menschenmenge
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Corona: Pandemie, Epidemie, Endemie – was bedeutet das?

Von: Dr. rer. nat. Isabel Siegel (Diplom-Biologin und Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 17.12.2021 - 15:04 Uhr

Von China ausgehend bahnte sich das Coronavirus SARS-CoV-2 seit Ende 2019 seinen Weg um die Welt. Zunächst schienen die Infektionen auf einzelne Länder begrenzt zu sein, es war die Rede von einer Coronavirus-Epidemie. Nur etwa zehn Wochen nach Bekanntwerden der ersten Coronavirus-Fälle stufte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) die Verbreitung des Coronavirus als Pandemie ein. Die durch SARS-CoV-2 verursachte Erkrankung COVID-19 hatte sich bald auf alle Kontinente ausgebreitet. Fachleute gehen davon aus, dass sich die Pandemie zu einer Endemie entwickeln wird. Aber ab wann genau spricht man von einer Pandemie? Wie unterscheidet sie sich von der Epidemie? Und was ist der Unterschied zu einer Endemie? Erfahren Sie im Folgenden, was es mit diesen Begriffen auf sich hat und welche Bedeutung sie im Zusammenhang mit Corona haben.

Was ist eine Pandemie?

Verbreitet sich eine Krankheit unkontrolliert über zahlreiche Länder und Kontinente hinweg, dann spricht man von einer Pandemie. Demnach gilt die Pandemie laut Definition der WHO als ein Zustand, in dem die Bevölkerung der ganzen Welt für eine gewisse Zeit einem Krankheitserreger ausgesetzt ist.

Wie ansteckend oder wie gefährlich eine solche Infektionskrankheit ist, darüber gibt der Begriff der Pandemie keine Auskunft. Die Verbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 wurde von der WHO als Pandemie eingestuft. Damit wurde deutlich gemacht, dass COVID-19 weltweit Auswirkungen auf die Menschen hat.

 

Wie entsteht eine Pandemie?

Voraussetzung für das Entstehen einer Pandemie ist, dass die Erkrankung von Mensch zu Mensch übertragen werden kann. Das trifft auf den aktuellen Fall der COVID-19-Pandemie zu. Das Virus SARS-CoV-2 verbreitet sich in der Bevölkerung leicht mittels Tröpfcheninfektion.

Durch die hohe globale Mobilität kam es schnell zu einer grenzüberschreitenden, weltweiten Verbreitung des Virus. Die ehemalige Corona-Epidemie, die zunächst auf China begrenzt war, weitete sich so zur Corona-Pandemie aus.

Wie entwickelt sich eine Pandemie?

Pandemien entwickeln sich nicht linear, das heißt die Infektionszahlen steigen nicht gleichmäßig von einem Tag auf den anderen an. Man spricht vielmehr von einem exponentiellen Wachstum der Infektionszahlen. Das bedeutet, dass solche Infektionen oft harmlos mit niedrigen Infektionszahlen beginnen, welche dann aber sehr stark und sehr schnell zunehmen. Man kann sich den Beginn einer Pandemie ungefähr so vorstellen:

  • Ein mit einem Erreger infizierter Mensch steckt zwei Menschen an.
  • Diese zwei Menschen stecken wiederum je zwei Menschen an.
  • Es sind inzwischen schon sieben Menschen infiziert, von denen die neusten vier wieder jeweils zwei Menschen anstecken, sodass schon 15 Menschen den Erreger tragen – und so weiter.

Startet man ein sogenanntes exponentielles Wachstumsmodell mit einer anfänglichen Zahl der Infizierten von 6.000 (ungefähre Anzahl der SARS-CoV-2-Infizierten in Deutschland Mitte März 2020) und geht man von einer Verdopplung der Infektionen alle drei Tage aus, dann wären innerhalb von zwei Wochen mehr als 100.000 Menschen infiziert.

Und genau hier setzen die verschiedenen Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie an: Impfungen, Hygienemaßnahmen und Kontaktbeschränkungen sollen die Anzahl der Neuinfektionen verringern, die Wachstumskurve abflachen und damit das Gesundheitssystem entlasten.

Wie viele Menschen eine infizierte Person durchschnittlich ansteckt, ist von Erreger zu Erreger verschieden. Diese Zahl wird auch als Reproduktionszahl oder R-Wert bezeichnet. Bei SARS-CoV-2 ist deutlich zu beobachten, dass diese Reproduktionszahl sich im Zuge von Virusmutationen verändern kann. So weist beispielsweise die Delta-Variante einen viel höheren R-Wert auf als der Urtyp des Coronavirus. Hier finden Sie ausführliche Informationen zum R-Wert.

Was tun bei einer drohenden Pandemie?

Als Leitfaden zum Umgang mit einer möglichen Pandemie gibt es in Deutschland den Nationalen Pandemieplan (NPP). Dieser hat zum Ziel, die Ausbreitung einer Krankheit zu verlangsamen, die Erkrankungs- und Todesfälle so gering wie möglich zu halten und die Versorgung von Erkrankten zu sichern.

Der Pandemieplan zeigt die vorhandenen Strukturen und die im Pandemiefall notwendigen Maßnahmen auf und legt die durch das Robert Koch-Institut (RKI) bereitgestellten aktuellen wissenschaftlichen Grundlagen für eine Pandemiebewältigung dar. Der NPP kann als Notfallplan im Pandemiefall angesehen werden.

Welche Pandemien gab es in der Vergangenheit?

Die WHO hat in den vergangenen Jahren folgende Infektionswellen, die sich weltweit ausgebreitet haben, als Pandemie eingestuft:

  • Pest (1346 bis 1353): Der Erreger der Pest, ein Bakterium namens Yersinia pestis, forderte circa 25 Millionen Menschenleben. Dank Antibiotika ist die Pest heute behandelbar, jedoch noch nicht ausgerottet.
  • Spanische Grippe (1918/1919): An einer Variante des H1N1-Virus starben rund 50 Millionen Menschen weltweit.
  • HIV (seit 1980): HIV hat bislang 33 Millionen Todesopfer gefordert. Mittlerweile kann man die durch das Virus verursachte Krankheit AIDS mit antiviralen Medikamenten behandeln.
  • SARS (2002/2003): Das Coronavirus SARS-CoV-1 ruft Atemwegserkrankungen hervor, die rund 1.000 Menschen das Leben gekostet haben.
  • Schweinegrippe (2009/2010): Das H1N1-Virus forderte 18.000 Tote, die meisten Infizierten hatten keine Symptome.
  • COVID-19 (seit 2019): Das Coronavirus SARS-CoV-2 verbreitet sich seit Ende 2019 weltweit und verursacht täglich zahlreiche Todesfälle.

Was ist eine Epidemie?

Wenn das Auftreten einer Erkrankung zeitlich begrenzt ist, wie bei einer Pandemie, aber nur in einer bestimmten Region vorkommt, dann spricht man von einer Epidemie. Mit dem Begriff Epidemie wird also das vorübergehende und erst seit Kurzem festgestellte, örtlich begrenzte Auftreten einer Krankheit beschrieben.

Epidemien gab es in der Vergangenheit häufig. Tropenkrankheiten wie das Dengue-Fieber oder Ebola-Infektionen gehören zu den epidemisch auftretenden Krankheiten, aber auch Kinderlähmung (Polio), Typhus, Milzbrand und die Grippe werden dazu gezählt.

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Die echte Grippe – Epidemie oder Pandemie?

Grippewellen, das heißt Infektionen mit dem Influenza-Virus (echte Grippe), gibt es immer wieder. In der Geschichte der letzten hundert Jahre wurde die Menschheit immer wieder von Grippe-Epidemien oder -Pandemien heimgesucht.

Zu den Grippe-Pandemien zählt man folgende Grippewellen:

  • Spanische Grippe (1918/1919)
  • Asia-Virus (1957-1968)
  • Hongkong-Grippe (1968-1970)
  • Russische Grippe (1970er Jahre)

Zu den Grippe-Epidemien – das heißt zu den Grippewellen, die nicht das Ausmaß und die Ausbreitung der oben genannten Grippe-Pandemien hatten – gehört die Grippe-Epidemie von 1995/1996, bei der allein in Deutschland ungefähr 30.000 Menschen starben.

Influenza-Viren sind sehr anpassungsfähig und verändern ständig ihr Erbmaterial. Das hat zur Folge, dass man sich mehrmals mit Grippe anstecken und daran erkranken kann. Und das ist auch der Grund dafür, warum der Impfstoff gegen Influenza jedes Jahr angepasst werden muss und eine neue Impfung notwendig wird, um einen ausreichenden Schutz gegen die Influenza-Viren aufzubauen.

Was ist eine Endemie?

Von einer Endemie ist die Rede, wenn eine Krankheit dauerhaft und nur in einer bestimmten Region vorkommt. Die Krankheitserreger sind in diesem Fall ständig vorhanden und können weder durch Impfungen noch durch eine Behandlung der Erkrankten komplett beseitigt werden.

Ein gutes Beispiel für eine sogenannte endemische Erkrankung ist die Malaria in tropischen Ländern. Der Grund für die räumliche Begrenzung auf warm-feuchte Gebiete findet sich im Übertragungsweg des Erregers. Der einzellige Parasit namens Plasmodium wird durch weibliche Anopheles-Mücken übertragen, die in wasserreichen, warmen Regionen vorkommen. Die Mücken haben den Erreger im Speichel und übertragen ihn während des Stechvorgangs. Da diese Mücken in anderen Regionen nicht vorkommen, ist auch die Ausbreitung von Malaria regional begrenzt.

Auch die durch Zecken übertragbare Frühsommer-Meningoenzephalitis (FSME) ist ein Beispiel für eine Krankheit, die nur in einigen Gebieten – vor allem im Süden von Deutschland, aber auch in der Schweiz und in Österreich – vorkommt. Hier sind nur Regionen betroffen, in denen Zecken vorkommen, die den Erreger, ein Virus, beherbergen. Diese Gebiete werden auch als Endemiegebiete bezeichnet.

Kinderkrankheiten wie Masern und Mumps zählen ebenfalls zu den Endemien, denn sie treten meist gehäuft und örtlich begrenzt auf.

Wird Corona endemisch?

Auch das Coronavirus könnte sich Fachleuten zufolge zu einer Endemie entwickeln. Sie gehen davon aus, dass das Virus durch Impfungen nicht vollständig ausgerottet werden kann, auch eine Herdenimmunität erscheint mittlerweile unwahrscheinlich. Corona wird uns also auch in Zukunft weiter begleiten und vermutlich immer wieder für neue Infektionswellen sorgen.

Allerdings werden wahrscheinlich früher oder später die Immunsysteme der meisten Menschen – entweder durch eine Impfung oder eine Infektion – mit dem Coronavirus in Kontakt gekommen sein. Dann könnte das Virus einen Teil seiner Gefährlichkeit einbüßen, da diese Grundimmunität dazu führen könnte, dass Infektionswellen nicht mehr so viele schwer erkrankte Personen zur Folge haben.

Eine hohe Impfquote könnte den Übergang von der Pandemie zur Endemie beschleunigen, neu auftretende Virusvarianten könnten ihn hingegen auch verzögern. Wichtig ist Fachleuten zufolge daher eine weltweite Immunisierung der Bevölkerung, um die Grundimmunität zu erhöhen und das Auftreten von neuen Virusmutationen zu verhindern.

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