Mann bespricht Atemtest mit Arzt
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Atemtest: Arten & Funktionsweise

Von: Dagmar Reiche (Ärztin und Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 15.01.2014 - 12:37 Uhr

So wie sich beim Einatmen der Sauerstoff von der Lunge aus in den gesamten Körper verbreitet, finden sich beim Ausatmen in der Luft viele Stoffe, die auf diese Weise aus dem Organismus ausgeschieden werden. Einige können beim Atemtest nachgewiesen werden und erlauben Rückschlüsse auf bestimmte Funktionsstörungen vor allem des Magens und Dünndarms. Wir stellen Ihnen vor, wie ein Atemtest funktioniert und welche Tests es gibt.

Atemtest: das Prinzip

Atemtests machen sich zunutze, dass im Magen-Darm-Trakt vorhandene Bakterien Substanzen spalten. Die dabei entstehenden Produkte gelangen in den Blutkreislauf und von dort in die Lunge, wo sie abgeatmet werden und dadurch gemessen werden können. Es gibt zwei Gruppen von Tests:

  • C-Atemtests: Beim 13C-Atemtest wird die Konzentration von Kohlendioxid gemessen, das unter anderem bei der Spaltung von Harnstoff entsteht. Der Harnstoff ist mit 13C markiert und wird über den Mund aufgenommen. Im Magen wird er durch Urease, ein Enzym des Bakteriums Helicobacter pylori (das bei Magengeschwüren vorkommt) gespalten, und anschließend resorbiert. So gelangt er in den Körper. Gemessen wird der Anstieg des dann in der Ausatemluft enthaltenen markierten Kohlendioxids (13CO2). Bei speziellen Fragestellungen werden die C-Atemtests auch mit anderen Markierungssubstanzen als Harnstoff (13C-Oktansäure, 13C-Natriumacetat bzw. 14C-Glykocholat) durchgeführt.
  • H2-Atemtest: Dabei wird die Konzentration von Wasserstoff (H2) gemessen, ein Produkt der Spaltung von Kohlenhydraten im Darm. Je nachdem, welche Funktion untersucht werden soll, wird eine Testsubstanz mit einem bestimmten Zucker verabreicht. Gegeben werden Laktose, Saccharose, Glukose, Fruktose, Xylose oder Laktulose.

Vor- und Nachteile von Atemtests

Das sind die Vorteile und Nachteile der Untersuchungsmethode:

  • Atemtests haben den Vorteil, dass sie sicher und für den Patienten wenig belastend sind – sie können deshalb sogar bei Kindern durchgeführt werden. Vor allem die H2-Atemtests sind sehr genau.
  • Allerdings ist eine aktive Mitarbeit des Patienten erforderlich, damit der Test aussagekräftig ist. Sowohl bei der Vorbereitung (Ernährung am Vortag, nüchtern) als auch während der Untersuchung muss der Patient zuverlässig und geduldig mitmachen.
  • Ein Nachteil ist, dass für die Labors ein relativ hoher apparativer Aufwand nötig ist.
  • Viele der Test sind kurz nach einer Antibiotikatherapie oder nach Untersuchungen, die mit einer Darmspülung einhergehen (z. B. Dickdarmspiegelung) nicht aussagekräftig - deshalb muss einige Wochen gewartet werden.

Arten: Wann welcher Atemtest?

Im Folgenden finden Sie einen Überblick, bei welchen Fragestellungen welche Atemtests eingesetzt werden. Nicht alle Untersuchungen werden von den gesetzlichen Krankenkassen bezahlt – sprechen Sie mit Ihrem Arzt.

13C-Atemtests

Es lassen sich vor allem Funktionsstörungen im Bereich des Magens identifizieren; zur Therapiekontrolle bei Infektionen mit Helicobacter pylori (die Erstdiagnose erfolgt mittels einer bei der Endoskopie gewonnenen Biopsie), bei Kindern auch zur Diagnostik.

13C-Oktansäure- bzw. 13C-Acetat-Atemtest

Diagnostik und Verlaufsbeobachtung von Magenentleerungsstörungen, insbesondere der Magenlähmung (Gastroparese); Prüfung der Wirksamkeit bestimmter Medikamente, die die Magenbeweglichkeit fördern.

H2-Atemtests

Es lassen sich Störungen der Verdauung bestimmter Nahrungsbestandteile im Dünndarm und dessen bakterielle Fehlbesiedlung nachweisen. Außerdem lässt sich die Zeit bestimmen, die der Nahrungsbrei braucht, um den Dünndarm zu passieren. Deshalb werden diese Untersuchungen bei Patienten mit Verdauungsstörungen wie Durchfälle, Blähungen und Übelkeit eingesetzt.

Laktose-H2-Atemtest

Wird durchgeführt bei unklaren Durchfällen oder Blähungen, insbesondere bei Verdacht auf Laktose-Intoleranz. Dabei fehlt im Dünndarm ein Enzym, mit der die Laktose (Milchzucker) gespalten wird. Deshalb kann sie nicht aufgenommen werden, gelangt in den Dickdarm und wird dort von den Darmbakterien zersetzt. Das führt zu den Bauchschmerzen, Blähungen und Durchfall. Die – ungefährliche – Störung ist mit 10-15 % Betroffenen in Westeuropa weit verbreitet und bessert sich durch entsprechende (laktosearme) Ernährung.

Fruktose-H2-Atemtest

Wird durchgeführt bei unklaren Durchfällen, Blähungen, Luft im Bauch, Völlegefühl, Übelkeit und anderen uncharakteristischen Bauchbeschwerden, insbesondere bei Verdacht auf Fruktose-Intoleranz. Fruktose (Fruchtzucker) ist häufiger Bestandteil unserer Ernährung, der im Haushaltszucker, Obst und Honig vorkommt. Bei manchen Menschen ist die Aufnahme aus dem Dünndarm durch einen schlecht funktionierenden Transportmechanismus vermindert. Wie bei der Laktulose-Intoleranz gelangt die Fruktose dann in den Dickdarm und führt zu Beschwerden. Auch hier hilft eine entsprechende Diät.

Saccharose-H2-Atemtest

Wird als Ergänzung zum Laktose-Test durchgeführt, wenn dieser grenzwertig ist und der Verdacht besteht, dass nicht nur die Verdauung von Milchzucker, sondern die aller Doppeltzucker (Disacchariden) gestört ist.

Glukose-H2-Atemtest

Normalerweise wird Glukose (Traubenzucker) im Dünndarm vollständig aufgenommen. Haben sich dort Bakterien niedergelassen, wandeln sie vorher einen Teil der Glukose in Wasserstoff um, der im Test gemessen werden kann. Die Beschwerden bei einer bakteriellen Fehlbesiedlung (z. B. als Folge einer Antibiotikatherapie) sind unspezifisch, insbesondere Durchfälle, Blähsucht und Völlegefühl nach dem Essen gehören dazu.

Xylose-H2-Atemtest

Er wird ähnlich eingesetzt wie der Laktose-Test. Er zeigt unspezifisch krankhafte Werte bei allen Resorptionsstörungen im oberen Magen-Darm-Trakt.

Laktulose-H2-Atemtest

Da Laktulose nicht resorbiert wird, wandert sie auch bei gesunden Menschen immer in den Dickdarm, wo sie von Bakterien zu (Wasserstoff) H2 zersetzt wird. Bei immerhin 10 % der Bevölkerung produziert die Darmflora allerdings keinen Wasserstoff. Dieser Test dient vor allem dazu, solche Menschen herauszufiltern, da bei ihnen die H2-Tests nicht aussagekräftig sind. Außerdem lässt sich damit auch die Passagezeit durch den Dünndarm bestimmen.

Vorbereitung und Durchführung von Atemtests

  • 13C-Atemtest: Der Patient muss nüchtern sein. Er sollte seit 17:00 Uhr am Vortag nicht mehr gegessen und geraucht, seit 22:00 Uhr nichts mehr getrunken haben. Die Atemluft wird in einem Doppelkammerbeutel gesammelt, in den der Patient mittels eines Mundstücks bläst. Zunächst wird durch Blasen in die erste Kammer der Ausgangswert ("Leerwert") ermittelt.
    Danach wird die Kapsel, die den markierten Harnstoff enthält, in 200 ml Apfel- oder Orangensaft aufgelöst und getrunken. Nach einer halben Stunde wird die andere Seite des Beutels aufgeblasen. Der sorgfältig verschlossene Beutel wird ins Labor gesendet. Beim 13C-Oktansäure- bzw. -Natriumacetat-Atemtest wird die markierte Substanz in Form einer Testmahlzeit verabreicht und die Ausatemluft über 4 Stunden alle 15 Minuten gewonnen.
  • H2-Atemtest: Auch dabei muss der Patient nüchtern sein und zu Beginn wird ein Leerwert ermittelt. Dann wird 200 ml Flüssigkeit mit dem entsprechenden Testzucker getrunken. Anschließend wird über insgesamt 3–4 Stunden alle 10 Minuten eine Atemprobe gewonnen, in der die Wasserstoffkonzentration gemessen wird.

Weitere Funktionstest bei Magen-Darm-Beschwerden

Auch die Zeit, die der Darminhalt braucht, um durch den Dickdarm zu gelangen, kann bestimmt werden. Diese Untersuchung (Hinton-Test) kann vor allem bei Patienten mit chronischer Verstopfung und Stuhlentleerungsstörungen wertvolle Hinweise geben. Ihr Vorteil ist, dass sie einfach durchzuführen und relativ wenig belastend ist: Der Patient muss über 6 Tage jeweils zur gleichen Uhrzeit 2 Gelatinekapseln schlucken. Sie enthalten ungefährliche, unverdauliche Plastikkügelchen, die am 7. Tag in einem Röntgenbild nachgewiesen werden.

Durch die Anzahl und Verteilung dieser noch nicht ausgeschiedenen Marker sind Rückschlüsse auf Passagezeit und vorhandene Hindernisse möglich. Bei spezifischen Verdachtsdiagnosen wie Gallensäureverlustsyndrom, Vitamin-B12-Mangel oder Funktionsstörungen der Bauchspeicheldrüse existieren weitere spezielle Untersuchungen (z. B. Schillingtest, 75SeHCAt-Test, Pankreolauryltest).