Urinuntersuchung (Harnuntersuchung)
Mit dem Urin entledigt sich der Körper überschüssiger Stoffe wie Stoffwechselschlacken, Medikamenten und Giften. Der Harn ist auch Teil eines Regelmechanismus, mit dem Flüssigkeit und Elektrolyte im Gleichgewicht gehalten werden. Seine Analyse kann Hinweise auf verschiedene Störungen geben. Zur Untersuchung von Urin stehen verschiedene Methoden zur Verfügung. Eine schnelle Form der Harnuntersuchung sind Teststreifen. Andere Untersuchungen erfordern die Analyse des Harns im Labor. Mitunter muss dann eine Urinkultur angelegt werden. Auch gibt es unterschiedliche Funktionstests zur Urinuntersuchung. Welche Urinuntersuchungen gibt es? Im Folgenden stellen wir Ihnen die verschiedenen Untersuchungsverfahren vor.
Zusammensetzung des Urins
Der Harn besteht zu 95 % aus Wasser, daneben enthält er Stoffwechsel(end)produkte wie Harnstoff, Harnsäure und Kreatinin, Salze, Säuren, Farbstoffe, Hormone und wasserlösliche Vitamine. Urin wird in den beiden Nieren gebildet, in den dazu gehörigen Nierenbecken gesammelt und gelangt über die beiden Harnleiter in die Harnblase. Harndrang entsteht, sobald dort eine gewisser Füllungszustand erreicht ist; die Harnentleerung über die Harnröhre kann willentlich gesteuert werden.
Die Beschaffenheit des Urins und die Häufigkeit der Blasenentleerung hängen beim Gesunden von der aufgenommenen und über Haut und Atmung verlorenen Flüssigkeitsmenge ab. Pro Tag bilden die Nieren zunächst etwa 150 Liter Harn und reduzieren diese Menge letztlich auf 1,5 bis 2 Liter, die ausgeschieden werden.
Der typische Harngeruch entsteht durch Harnsäure und Ammoniak. Letzterer bildet sich vermehrt, wenn Urin länger steht und ist für den dann stechenden Geruch verantwortlich. Seine Farbe erhält der Harn durch Gallenfarbstoffe, die beim Abbau der roten Blutkörperchen entstehen. Sie variiert je nach Verdünnungsgrad von hell- bis dunkelgelb.
Veränderungen im Urin: Ursachen
Ein oder mehrere der oben beschriebenen Faktoren können durch krankhafte Prozesse wie Blasenentzündungen und Nierenerkrankungen verändert werden und helfen so bei der Diagnostik. Darüber hinaus kann nach Blut, Zellen, Krankheitserregern und anderen Beimengungen gefahndet werden. Bei bestimmten Stoffwechselstörungen lassen sich Enzyme und Hormone messen, bei Störungen der Nieren- oder Blasenfunktion können sich spezielle Tests anschließen.
Im Folgenden typische Ursachen für Veränderungen der Harnfarbe, der Urinmenge und des Geruchs:
- Farbe: Bestimmte Nahrungsmittel wie Brombeeren (rotbraun) und Rhabarber (zitronengelb) oder Medikamente wie Antibiotika (braun) und Vitamintabletten (orange) verursachen vorübergehende Verfärbungen. Bei Krankheiten oder Verletzungen der Nieren oder ableitenden Harnwege können Eiweiß, rote und weiße Blutkörperchen oder Bakterien zur Trübung oder Rotfärbung führen. Auch Leberentzündungen und Transfusionszwischenfälle oder die Porphyrie können eine Rotfärbung des Urins verursachen. Die Alkaptonurie, eine seltene Stoffwechselkrankheit färbt den Harn braunschwarz, bei einer Leberentzündung kann er auch dunkelbraun bis grünlich werden und beim Schütteln gelben Schaum aufweisen.
- Menge und Geruch: Bei Störungen der Nierenfunktion kann die Urinproduktion eingeschränkt sein, bei bestimmten Stoffwechselkrankheiten wie der Zuckerkrankheit oder Medikamenten kommt es zu vermehrter Harnproduktion und sehr hellem Urin. Veränderungen des Geruchs können durch Nahrungsmittel bedingt sein – so tritt nach dem Verzehr von Spargel bei etwa der Hälfte der Menschen ein typischer Geruch auf. Streng riechender Harn ist Folge einer bakteriellen Infektion, ein fauliger Geruch kann durch Blasentumoren verursacht sein. Typisch ist ein säuerlicher, azetonähnlicher Geruch bei der Zuckerkrankheit, wenn sie nicht gut eingestellt ist.
Urinuntersuchung mit Urin-Streifen-Schnelltest
Der Urintest mit einem Teststreifen ist eine schnelle, einfach durchzuführende Untersuchung, die auf einer chemischen Reaktion beruht. Damit lassen sich die wichtigsten Stoffe im Harn nachweisen:
- weiße Blutkörperchen (Leukozyten): bei einer Entzündung
- Eiweiß: Zuckerkrankheit, Entzündung oder andere Schädigung der Nieren (zum Beispiel durch Medikamente oder Bluthochdruck), Tumoren
- Blut: Entzündungen beziehungsweise Verletzungen von Nieren oder Harnwegen, Tumoren
- Glukose, Ketone: Zuckerkrankheit
- Nitrit: Zeichen einer Harnwegsinfektion
- pH-Wert: Damit kann der Säuregehalt bestimmt werden. Dessen Schwankungen können ernährungsbedingt sein, aber auch durch Stoffwechselstörungen oder Krebserkrankungen hervorgerufen sein.
Der fingerlange Teststreifen wird kurz in den Urin getaucht, so dass alle Testfelder benetzt sind. Diese sind mit unterschiedlichen Stoffen beschichtet, die mit dem Urin reagieren und dabei ihre Farbe ändern. Nach einer Wartezeit von 1 bis 2 Minuten werden die Verfärbungen mit einer speziellen Farbskala abgeglichen. Der Urin-Streifen-Schnelltest ist auch Bestandteil der Vorsorgeuntersuchungen in der Schwangerschaft.
Urintest per Labordiagnostik
Eine weitergehende Analyse im Labor erfolgt je nach Befund und vermuteter Diagnose. Meist werden gleichzeitig auch andere Untersuchungen wie Bluttests oder Ultraschall durchgeführt, manchmal ergänzend auch Tests zur Beurteilung der Nieren- und Blasenfunktion.
Die Urinprobe wird zum einen unter dem Mikroskop angeschaut, zum anderen kann das Vorhandensein und die Menge gewisser Stoffe bestimmt werden. Besteht der Verdacht auf eine Infektion von Niere oder Blase, lässt sich eine "Urinkultur" anlegen.
- Beimengungen unter dem Mikroskop: Nach dem Zentrifugieren reichern sich die festen Bestandteile an (Urinsediment) und lassen sich mikroskopisch untersuchen. Vereinzelt auftretende Gewebszellen aus der Schleimhaut der Harnwege sowie wenige weiße und rote Blutkörperchen oder Schleimfäden sind nicht bedenklich. Finden sich davon allerdings größere Mengen oder Eiweißzylinder, Harnkristalle, Eiter oder Erreger, besteht der Verdacht auf eine Erkrankung der Nieren oder der ableitenden Harnwege. Unter dem Mikroskop lassen sich außerdem abnorme Zellen zum Beispiel aus einem bösartigen Tumor identifizieren (zytologische Untersuchung).
- Urinkultur: Ein beschichteter Träger wird in den frischen Urin eingetaucht, in einen dazugehörigen Behälter gesteckt und ins mikrobiologische Labor geschickt. Sind Keime enthalten, zeigen sich etwa 24 Stunden später Bakterienkolonien; ihre Zahl wird mittels einer Vergleichstabelle geschätzt. Im nächsten Schritt lassen sich die Erreger genau identifizieren und es kann ermittelt werden, welche Antibiotika wirken. Keime kommen nicht nur bei einer Infektion von Nieren oder Harnwegen vor, sondern können auch auf einen Tumor hindeuten.
- Harnanalyse auf bestimmte Substanzen: Wasserlösliche Stoffe werden meist mit dem Urin ausgeschieden. So lassen sich im Harn zum Beispiel Elektrolyte (wie Natrium, Kalium, Kalzium), Medikamentenwirkstoffe, Gifte, Dopingmittel oder Hormone und ihre Abbauprodukte bestimmen. Deren Menge lässt dann Rückschluss beispielsweise auf einen Enzymdefekt (zum Beispiel Porphyrie) oder eine Hormonstörung zu.
Harnuntersuchung durch Funktionstests
Besteht der Verdacht, dass Nieren- oder Blasenfunktion eingeschränkt sind, stehen eine Reihe spezieller Tests zur Verfügung.
- 24-Stunden-Sammelurin: Der Patient sammelt den gesamten Urin, den er über 24 Stunden ablässt, in einem speziellen Sammelgefäß. Darin kann dann Kreatinin bestimmt werden, eine Substanz die Rückschlüsse auf die Funktionsleistung der Niere zulässt.
- Spezifisches Uringewicht: Dabei wird mit einem bestimmten Messzylinder die Masse des Harns pro Volumeneinheit bestimmt, die von der Menge der im Harn gelösten Stoffe abhängt. Abweichungen vom Normalwert sind häufig Zeichen eines Nierenversagens.
- Urodynamik: Dieser Oberbegriff umfasst eine Reihe von Untersuchungen, mit denen sich die Blasenfunktionen prüfen lassen. Sie kommen zum Beispiel zum Einsatz, wenn Patienten ihr Wasser nicht halten können (Harninkontinenz). Bestimmt werden unter anderem die Harnmenge, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums die Harnblase durchfließt, der Druck in der Blase und ob sich nach der Entleerung darin noch Urin befindet.
Gewinnen einer Urinprobe zur Harnuntersuchung
Im Allgemeinen wird die Probe aus dem Mittelstrahlurin gewonnen, also der mittleren Urinportion von etwa 20 bis 40 ml, die – ohne den Harnstrahl zu unterbrechen – aufgefangen wird, nachdem die erste Portion in die Toilette entleert wurde. Das soll gewährleisten, dass evtl. enthaltene Keime nicht aus den äußeren Genitalien, sondern den Harnwegen stammen.
Um das Risiko einer Verunreinigung der Probe zu verringern und damit die Aussagekraft der Analyse zu sichern, sollte der Betroffene folgende Punkte beachten:
- Der Harn muss in einem verschließbaren, sauberen Urinbecher aufgefangen werden. Arzt oder Apotheker stellen diesen zur Verfügung.
- Die Geschlechtsorgane müssen vorher sorgfältig gewaschen werden.
- Beim Wasserlassen sollte die Frau ihre Schamlippen spreizen, der Mann seine Vorhaut zurückziehen.
Muss in Sonderfällen der Urin sicher steril sein, kann er auch durch den Arzt mittels eines Katheters oder einer direkten Punktion der Harnblase durch die Bauchdecke gewonnen werden.