Zentrifugierte Blutprobe zur Bestimmung des Hämatokrit-Werts
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Hämatokrit – das bedeutet ein erhöhter oder zu niedriger Hkt-Wert

Von: Valerie Burmester (Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 06.04.2021 - 17:53 Uhr

Um Krankheiten zu diagnostizieren, erfolgt häufig eine Blutentnahme. Die Menge oder der Anteil von bestimmten Stoffen im Blut lässt Rückschlüsse auf die Funktionen verschiedener Organe und des Stoffwechsels zu. Ein Wert, der so gut wie immer erhoben wird, ist der Hämatokrit. Ist er verändert, gibt das Ärzt*innen einen Hinweis auf ein Ungleichgewicht im Blut, das durch verschiedene Krankheiten ausgelöst werden kann. Wir erklären Ihnen, was es über diesen Laborwert zu wissen gibt.

Was ist der Hämatokrit?

Der Hämatokrit (Abkürzung: Hkt, Hct oder Hk-Wert) ist ein Laborwert, der aus dem Blutbild nach einer Blutentnahme bestimmt wird. Das menschliche Blut besteht aus Zellen und flüssigen Bestandteilen, die im gesunden Menschen in einem bestimmten Verhältnis zueinander stehen. Der Hämatokrit gibt per Definition an, welchen prozentualen Anteil die Zellen am Blut ausmachen. Berechnen kann man ihn, in dem man das zelluläre Volumen durch das Volumen des gesamten Blutes dividiert.

Dieser zelluläre Anteil des Blutes wiederum besteht aus drei Zelltypen:

  1. 99 Prozent machen die roten Blutkörperchen, die Erythrozyten, aus. Sie dienen dem Sauerstofftransport.
  2. Außerdem finden sich weiße Blutkörperchen (Leukozyten), die ein Teil der Immunabwehr sind.
  3. Der dritte Zelltyp sind die Blutplättchen (Thrombozyten), die eine große Rolle bei der Blutstillung spielen.

Neben diesem zellulären Anteil besteht das Blut aus einem flüssigen Anteil. Dieser wird Blutplasma genannt. Betrachtet man das Blutplasma ohne die sogenannten Gerinnungsfaktoren, also bestimmte Proteine, spricht man von Blutserum.

Was sagt der Hämatokrit aus?

Eine Verschiebung des Hämatokriten außerhalb der Normwerte weist auf ein Ungleichgewicht der Blutbestandteile hin. Dabei können sowohl die zellulären Bestandteile als auch das Blutplasma in ihrer Menge und ihrem Volumen verändert sein. Das Blut wird dadurch entweder zu zäh oder zu flüssig, der Hämatokrit ist dann entsprechend zu hoch oder zu niedrig.

Mögliche Ursachen hierfür sind beispielsweise eine Blutarmut (Anämie), bei der weniger rote Blutkörperchen gebildet werden, eine Überproduktion von Blutzellen im Knochenmark, der Verlust von Flüssigkeit und damit auch von Blutplasma oder eine übermäßige Gabe von Flüssigkeit, die sich dann auf das Plasmavolumen auswirkt.

Wann und wie wird der Hämatokrit bestimmt?

Der Hämatokrit ist Bestandteil des kleinen Blutbildes, er wird also routinemäßig bei einer Blutuntersuchung bestimmt, zum Beispiel im Rahmen einer Vorsorgeuntersuchung. Aber auch bei Verdacht auf verschiedene Erkrankungen wird der Blutwert ermittelt, etwa bei Dehydratation, zum Beispiel durch Magen-Darm-Infekte, bei inneren Blutungen und hämatologischen Erkrankungen wie einer Anämie.

Die Blutprobe wird dabei aus der Vene entnommen. Für die Ermittlung des Hämatokrit-Wertes wird die Blutprobe anschließend entweder in einer Zentrifuge geschleudert, wodurch sich die Blutbestandteile voneinander absetzen und gemessen werden können. Oder die Bestimmung erfolgt mithilfe eines Blutzellzählgerätes. Die Angabe des Hkt-Werts erfolgt in Prozent.

Eine Veränderung des Hämatokriten wird so gut wie immer durch die Erythrozyten hervorgerufen. Weitere Laboruntersuchungen wie eine Bestimmung des Hämoglobin- und Eritropoetinwerts oder eine Knochenmarksuntersuchung können notwendig sein, um die Ursache der Veränderung festzustellen.

Normwerte – wie hoch darf der Hämatokrit-Wert sein?

Die Normwerte für den Hämatokrit sind unterschiedlich je nach Geschlecht und Alter. Wir haben Ihnen die Normalwerte in folgender Tabelle zusammengestellt:

GeschlechtAlterNormwert
weiblich12 – 15 Jahre33,4 – 40,4 %
16 – 17 Jahre36,6 – 44,0 %
ab 18 Jahre36,6 – 44,0 %
männlich12 – 15 Jahre33,9 – 43,5 %
16 – 17 Jahre40,0 – 49,5 %
ab 18 Jahre40,0 – 49,4 %

Zu beachten ist, dass die normalen Hämatokrit-Werte je nach Labor leicht abweichen können. Die genannten Werte sind daher nur ungefähre Angaben.

Was bedeutet ein zu hoher Hämatokrit?

Ist der Hämatokrit-Wert zu hoch, sind im Verhältnis mehr Blutzellen und weniger Blutplasma im Blut. Dadurch wird das Blut dickflüssiger und sein Fließverhalten in den Blutgefäßen verändert sich. In Folge ist das Risiko höher, dass sich Blutgerinnsel (Thrombosen) bilden. Diese führen zu Gefäßeinengungen und -verschlüssen und können unter anderem eine schlechte Durchblutung der Extremitäten, Schlaganfälle und Herzinfarkte hervorrufen. Ein zu hoher Hämatokrit kann also durchaus gefährlich werden.

Die Anzeichen für einen erhöhten Hämatokrit hängen von der Ursache ab. Bei leicht erhöhten Werten treten selten Symptome auf. Bei deutlich erhöhten Werten können jedoch Komplikationen wie die oben erwähnten Thrombosen auftreten.

Symptome, die auf einen erhöhten Hämatokriten hinweisen können, sind:

Ursachen für einen erhöhten Hämatokrit

Ist der Hämatokrit zu hoch, kann das zwei Bedeutungen haben:

  1. Es sind zu viele Blutzellen im Blut.
  2. Es ist zu wenig Flüssigkeit im Blut.

Ursachen für zu viele Blutzellen im Blut

Die Blutzellen werden im Knochenmark gebildet. Normalerweise halten sich Produktion und Abbau der Blutzellen die Waage. Bei bestimmten Krankheiten kommt es aber zu einer Überproduktion von Blutzellen.

Werden nur die roten Blutkörperchen zu viel gebildet, spricht man von einer Polyglobulie. Die roten Blutkörperchen sind für den Sauerstofftransport verantwortlich. Ist ihre Zahl erhöht, versucht der Körper einen Sauerstoffmangel auszugleichen. Krankhafte Ursachen hierfür können Lungen- und Herzerkrankungen sein. Der Botenstoff, der die Bildung von Erythrozyten anregt, heißt Erythropoetin (EPO) und wird in der Niere gebildet. Eine Polygobulie kann auch auf eine Stoffwechselveränderung dieses Stoffes hindeuten, zum Beispiel durch einen Nierentumor oder die Gabe von zusätzlichem EPO aus medizinischen Gründen oder als Doping.

Wenn alle Blutzellen vermehrt produziert werden, kann es sich um eine so genannte Polycythaemia vera handeln. Durch Genmutationen fangen die Blutzellen an, sich selbstständig zu vermehren. Eine Regulation durch den Körper ist nicht mehr möglich. Die Betroffenen leiden häufig an einem Juckreiz, der insbesondere nach dem Kontakt mit Wasser auftritt, und neigen zu Nasen- und Zahnfleischblutungen.

Ursachen für zu wenig Flüssigkeit im Blut

Die Menge des Blutplasmas nimmt ab, wenn ein Mensch austrocknet (exsikkiert), man bezeichnet dies auch als Dehydration. Hierfür kann beispielsweise extremes Schwitzen bei sportlicher Belastung oder eine zu kleine Trinkmenge der Grund sein.

Den Hämatokriten senken

Um den Hämatokriten senken zu können, muss zunächst die Ursache gefunden werden. Ist allein ein Flüssigkeitsmangel der Grund, kann man mit viel trinken den Hämatokriten natürlich senken. Wenn nötig, werden von der*dem Ärztin*Arzt Infusionen gegeben, um das Blut schneller zu verdünnen. Auch hier muss aber abgeklärt werden, dass es keine krankhaften Ursachen für den Flüssigkeitsmangel gibt.

Bei einer Polyglobulie helfen regelmäßige Aderlässe, um die Zellzahl zu verringern, da der Körper schneller Blutplasma als Blutzellen nachbildet. Außerdem werden den Betroffenen Medikamente wie Acetylsalicylsäure (ASS) gegeben, die blutverdünnend wirken und so einer Thrombose entgegenwirken.

Was bedeutet ein zu niedriger Hämatokrit?

Bei einem zu niedrigen Hämatokrit-Wert ist im Verhältnis das Plasmavolumen erhöht und die Zellzahl erniedrigt. Die häufigste Ursache für einen erniedrigten Hämatokriten ist eine Blutarmut (Anämie). Bei einer Anämie wird entweder zu wenig Hämoglobin (auch bekannt als roter Blutfarbstoff) und/oder zu wenige rote Blutkörperchen gebildet. Das Hämoglobin, das in einer bestimmten Menge in den Erythrozyten enthalten ist, sorgt für den Sauerstofftransport im menschlichen Körper. Steht weniger Hämoglobin zur Verfügung, kann auch weniger Sauerstoff transportiert werden.

Eine Anämie zeigt sich durch folgende Symptome:

Um eine Blutarmut zu behandeln, muss ihre Ursache gefunden werden. Häufig ist ein Eisenmangel der Grund und kann leicht durch Eisentabletten ausgeglichen werden. Aber auch manche Krebserkrankungen, Vitaminmangel und chronische Blutungen können zum Beispiel zu einer Anämie führen. Ein Arztbesuch hilft, die richtige Therapie zu finden.

Ein anderer Grund für einen zu niedrigen Hämatokriten ist eine zu große Flüssigkeitsmenge im Blut. Diese tritt am häufigsten nach der Gabe von Infusionen auf. Eine Infusion führt dem Körper über die Vene Flüssigkeit zu, nicht aber die zellulären Bestandteile des Blutes. Diese muss der Körper erst selbst nachbilden, wofür er einige Zeit braucht. Außerdem ist in der Schwangerschaft ein niedrigerer Hämatokrit-Wert normal. Auch bei Ausdauersportler*innen werden häufig niedrige Hkt-Werte gemessen, da zur Anpassung an die sportliche Belastung das Plasmavolumen stärker erhöht wird als die Zellzahl.