Betablocker – Wirkung und Nebenwirkungen der Medikamente
Bluthochdruck – oder Hypertonie, wie der medizinische Fachbegriff lautet – ist in Deutschland weit verbreitet und gilt als der wichtigste Risikofaktor für Schlaganfall, Herzschwäche und Herzinfarkt. Wenn der Bluthochdruck medikamentös behandelt werden muss, kommen häufig Betablocker zum Einsatz – insbesondere wenn zusätzlich eine Herzerkrankung vorliegt. Denn die Medikamente können auch bei einer Herzschwäche und Angina pectoris helfen, finden aber auch bei einer Überfunktion der Schilddrüse Anwendung. Doch was genau sind Betablocker und welche Wirkung haben sie im Körper? Wie Betablocker funktionieren, welche Nebenwirkungen möglich sind und was bei der Einnahme zu beachten ist, erfahren Sie hier.
Was sind Betablocker?
Betablocker (auch: Beta-Blocker, β-Blocker, Betarezeptorenblocker, Beta-Adrenozeptor-Antagonisten oder Betasympathikolytika) sind eine Gruppe von Arzneimitteln, die man zur Senkung des Blutdrucks und der Herzfrequenz einsetzt. Unter anderem werden sie bei chronischer Herzinsuffizienz, der koronaren Herzkrankheit (KHK) oder bei Bluthochdruck verschrieben.
Die Liste der Wirkstoffe, die zur Gruppe der Betablocker zählen, umfasst zum Beispiel:
- Metoprolol
- Bisoprolol
- Propranolol
- Timolol
- Carvedilol
- Nebivolol
- Betaxolol
- Atenolol
Die Endung -lol im Namen der Arzneistoffe dient also als Hinweis darauf, dass es sich um Betablocker handelt. Bekannte Handelsnamen entsprechender Medikamente sind unter anderem Beloc®, Concor®, Nebilet® oder Dilatrend®.
Betablocker sind immer verschreibungspflichtig und beispielsweise in Form von Tabletten, Kapseln, Augentropfen oder Injektionslösungen erhältlich.
Wirkung: Was passiert, wenn man Betablocker einnimmt?
Ihre Bezeichnung leiten die Betablocker von den sogenannten Beta-Rezeptoren im Körper ab. Man kann sich diese gut als "Andockstellen" für Hormone und andere Botenstoffe an den Zellen vorstellen.
Sie funktionieren nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip: Jeder Rezeptor ist ein Schloss, das mit bestimmten Schlüsseln, also bestimmten Botenstoffen, aufgeschlossen werden kann. Dazu gehören unter anderem Adrenalin und Noradrenalin, die zum Beispiel bei Stress vermehrt im Körper zu finden sind. Diese beiden sogenannten Katecholamine wirken auf den Sympathikus im Gehirn und erhöhen den Blutdruck über zwei Mechanismen:
- Am Herzen binden sie an Beta-1-Rezeptoren und bewirken dort eine Erhöhung der Herzfrequenz und der Schlagkraft des Herzens. So kann das Organ in kürzerer Zeit mehr Blut in den Kreislauf pumpen, wodurch der Körper in Stresssituationen mehr Leistung erbringen kann. Dies erhöht den Blutdruck kurzzeitig – wenn die Wirkung von Adrenalin und Noradrenalin nachlässt, sinkt er auch wieder.
- Eine längerfristige Blutdruckerhöhung erreichen die Stresshormone über Beta-1-Rezeptoren an der Niere. Binden sie dort an, werden bestimmte Stoffe freigesetzt, die zu einer vermehrten Bildung des Hormons Angiotensin-II führen. Dieses Hormon verursacht eine Verengung der Gefäße und lässt so den Blutdruck ansteigen.
Betablocker blockieren die Beta-Rezeptoren und verhindern so, dass Adrenalin und Noradrenalin an die bereits besetzten Stellen andocken können. Durch die ausbleibende Wirkung der Hormone sinken der Blutdruck und die Herzfrequenz sowie der Puls.
Bluthochdruck behandeln: Betablocker und die Alternativen
Anhand der obigen Erklärung der Wirkweise wird deutlich, wie Betablocker helfen können, den Blutdruck medikamentös zu senken. Alternativen zu Betablockern sind beispielsweise ACE-Hemmer wie Ramipril, Sartane (AT-Rezeptor-Antagonisten) wie Candesartan oder Diuretika wie Furosemid. Welches Medikament geeignet ist, wird der*die behandelnde Arzt*Ärztin immer nach gründlicher Abwägung entscheiden. In der Regel werden mehrere unterschiedliche Blutdrucksenker verschrieben, die mitunter direkt als Kombinationspräparate erhältlich sind.
Ein leichter Bluthochdruck muss aber nicht immer gleich mit Medikamenten behandelt werden. Oft reicht es aus, die Lebensweise zu ändern – etwa durch mehr Bewegung, den Abbau von Übergewicht und die Einschränkung des Nikotin-, Salz- und Alkoholkonsums.
Nach Richtlinien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gelten Blutdruckwerte von 120/80 mmHg als optimal und Werte bis 139/89 mmHg als normal (beziehungsweise hochnormal). Höhere Werte, also ab 140/90 mmHg, müssen behandelt werden. Dabei hängt die Behandlung von der Schwere des Hochdrucks wie auch vom Alter der Person ab.
Betablocker bei Herzschwäche
Neben der Anwendung gegen Bluthochdruck können Betablocker auch zur Therapie von Herzschwäche eingesetzt werden und zu einer Verbesserung der Krankheitssymptome und der Herzleistung führen. Grund für die Wirksamkeit bei dieser Erkrankung ist, dass das Herz durch die Senkung von Blutdruck und Herzfrequenz weniger arbeiten muss und so die Möglichkeit bekommt, sich zu erholen. Auch eine Abnahme der Herzgröße wurde beobachtet.
Dadurch wird das Herz wieder leistungsfähiger und kann pro Herzschlag mehr Blut auswerfen. Der Erholungsfaktor für das Herz ist so groß, dass auch Menschen mit einer schweren Herzinsuffizienz davon profitieren.
Weitere Anwendungsgebiete: Für was sind Betablocker noch gut?
Betablocker haben verschiedene Einsatzgebiete, wobei nicht jeder Wirkstoff gleichermaßen in allen Fällen angewendet werden kann. Dabei blockieren die Betablocker die Beta-Rezeptoren, die sich an verschiedenen Organen finden, woraus sich die vielfältigen Anwendungsgebiete von Betablockern ergeben:
- Bei einer Schilddrüsenüberfunktion werden sie in der Regel nur angewendet, wenn eine erhöhte Herzfrequenz (Tachykardie) vorliegt. Dafür können verschiedene gängige Einzelpräparate mit Wirkstoffen wie Metoprolol oder Bisoprolol eingesetzt werden. Auch bei der sogenannten thyreotoxischen Krise, einer Entgleisung einer Schilddrüsenüberfunktion, die zum Beispiel durch Infektionen oder jodhaltiges Kontrastmittel ausgelöst werden kann, können Betablocker zur Anwendung kommen.
- Bei Durchblutungsstörungen am Herzen – also der koronaren Herzkrankheit – und nach Herzinfarkten werden Betablocker ebenfalls eingesetzt, um die Herzfrequenz zu senken. Denn dadurch muss das Herz weniger arbeiten und sein Sauerstoffverbrauch wird geringer. Dies ist deshalb sinnvoll, weil das Herz infolge der verminderten Durchblutung schlechter mit Sauerstoff versorgt wird. Hierbei können ebenfalls viele der gängigen Betablocker als Einzelpräparat angewendet werden.
- Gleiches gilt auch für verschiedene Formen der Herzrhythmusstörungen, bei denen die Herzfrequenz erhöht ist (zum Beispiel bei Vorhofflimmern).
- Bei Leberzirrhose mit Pfortaderhochdruck wird meist Propranolol oder Carvedilol eingesetzt. Diese beiden Betablocker senken den Druck in der Pfortader, indem sie zu einer Erweiterung des Gefäßes führen.
- Bei einem Phäochromozytom – einem hormonproduzierenden Tumor des Nebennierenmarks – kommen Betablocker in Kombination mit einem Alphablocker zum Einsatz, da der Tumor die Ausschüttung von Katecholaminen fördert.
Weitere Anwendungsgebiete der Betablocker umfassen das Glaukom (Grüner Star), bei dem sie als Augentropfen eingesetzt werden, um den Augeninnendruck zu senken, sowie die Vorbeugung einer Migräne, Tremor (Zittern) und das Hämangiom (Blutschwämmchen).
Auch bei Angststörungen, die beispielsweise zu Herzrasen führen können, wurden Betablocker gelegentlich eingesetzt, um ruhiger und gelassener zu werden – heute werden sie aufgrund mangelnder Wirksamkeit und wegen des Risikos einer gefährlichen Überdosierung nicht mehr dafür empfohlen.
Ernährung bei Bluthochdruck
Nebenwirkungen von Betablockern
Bei längerer Einnahme, also wenn sich der Körper auf die Medikation eingestellt hat, gelten die Mittel als gut verträglich. Zu den möglichen Nebenwirkungen der Wirkstoffe gehören – abhängig vom jeweiligen Betablocker – unter anderem:
- Müdigkeit, Schlafstörungen
- verlangsamter Herzschlag (Bradykardie), zu niedriger Blutdruck, Schwindel
- Durchblutungsstörungen an Armen und Beinen, was zum Beispiel kalte Füße oder weiße Finger bewirken kann
- trockene Augen und verminderter Tränenfluss
- Verdauungsstörungen
- schwankende Blutzuckerwerte
- vermehrte Asthmaanfälle und Atemnot durch Bronchokonstriktion (Zusammenziehen der Bronchien)
- Entzündungen der Haut, ähnlich Psoriasis
- bei Männern Potenzstörungen
- Gewichtszunahme und Verschlechterung der Blutfettwerte
Die Nebenwirkungen verschwinden in der Regel nach Absetzen des Mittels – in vielen Fällen hilft auch der Wechsel zu einem anderen Betablocker. Daher sollten Betroffene während einer Behandlung mit Betablockern in engem Kontakt zu ihrem*ihrer behandelnden Arzt*Ärztin stehen und eventuelle Komplikationen direkt mitteilen.
Die richtige Anwendung von Betablockern
Eine Behandlung mit Betablockern muss "einschleichend" beginnen, also mit einer geringen Dosis, die nur langsam steigt, damit sich der Körper nach und nach an den niedrigeren Blutdruck gewöhnen kann. Besonders in der Anfangszeit ist man daher oft müde und abgeschlagen. Bestehende Beschwerden können sich auch anfänglich verschlechtern.
Der therapeutische Erfolg einer Betablocker-Therapie setzt meistens erst nach einigen Wochen ein. Betablocker dürfen deshalb nur bei Patient*innen verabreicht werden, die sich seit einiger Zeit in einem stabilen Zustand befinden.
Ebenso wie das Einschleichen ist auch das Ausschleichen wichtig: Betablocker sollte man nie ohne ärztliche Rücksprache plötzlich absetzen, da dies zu einem plötzlichen starken Anstieg von Blutdruck und Herzschlag führen und lebensgefährliche Folgen haben kann.
Ob man die Tabletten morgens oder abends einnehmen soll, sollte immer vorab ärztlich besprochen werden.
Wann sind Betablocker nicht geeignet?
Betablocker dürfen bei bestimmten Herzrhythmusstörungen, bei sehr langsamem Herzschlag, bei extrem niedrigem Blutdruck, Asthma, COPD, schlecht eingestelltem Diabetes mellitus und einigen anderen Erkrankungen nicht verabreicht werden. Halten Sie unbedingt ärztliche Rücksprache, wenn bei Ihnen eine bekannte Vorerkrankung oder auch eine Schwangerschaft besteht und beachten Sie die Gegenanzeigen im Beipackzettel Ihres jeweiligen Arzneimittels.
Dies gilt auch bezüglich möglicher Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten – hier kann es zur gegenseitigen Verstärkung oder Verringerung der Wirkung kommen. So könnte beispielsweise eine ungeeignete Kombination mit anderen blutdrucksenkenden Mitteln einen zu niedrigen Blutdruck auslösen. Vorsicht ist unter anderem bei den Kalziumkanalblockern Verapamil oder Diltiazem geboten.
Auch von Alkohol wird in Verbindung mit Betablockern abgeraten, da er die Nebenwirkungen verstärken kann. Da Koffein Auswirkungen auf den Blutdruck haben kann, sollte jeweils individuell abgeklärt werden, ob auf Kaffee verzichtet werden muss oder geringe Mengen erlaubt sind.
Wer Leistungssport betreibt, sollte außerdem beachten, dass Betablocker in manchen Sportarten als leistungssteigernd gelten und daher als verbotenes Doping eingestuft werden.
FAQ: häufige Fragen zu Betablockern
Betablocker werden nach verschiedenen Kriterien eingeteilt. Unterschieden werden unter anderem unselektive und selektive Betablocker, abhängig davon, welche Art von Rezeptoren sie blockieren.
So können unselektive Betablocker auch an Beta-2-Rezeptoren binden, die sich beispielsweise in den Gefäßen befinden. Dahingegen binden selektive Betablocker nur an die Beta-1-Rezeptoren, die sich vor allem am Herzen befinden – sie werden daher auch kardioselektive Betablocker genannt und in der Regel bevorzugt, weil sie zielgerichteter wirken und weniger Nebenwirkungen verursachen. Mit zunehmender Dosierung können jedoch auch selektive Betablocker unselektiv wirken.
Zudem gibt es fettlösliche (lipophile) und wasserlösliche (hydrophile) Betablocker, wobei Erstere häufiger eingesetzt werden.
Effekte auf die Psyche – wie depressive Verstimmungen, Halluzinationen oder Angststörungen – als Nebenwirkung von Betablockern wurden immer wieder vermutet. Eine Meta-Analyse der Charité Universitätsmedizin Berlin konnte jedoch im Vergleich zu einem Placebo kein erhöhtes Risiko für Depressionen oder andere Persönlichkeitsveränderungen feststellen.
Grundsätzlich sind Unterschiede in der Wirkweise bei Männern und Frauen möglich. So haben Frauen mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz bei einer Behandlung mit Bisoprolol eine bessere Prognose als Männer. Weitere Forschung zu diesem Thema steht aber noch aus.