Frau nimmt Dexamethason
© iStock.com/AndreyPopov

Dexamethason: Wirkung und Nebenwirkungen

Von: Constantin Weichert (Arzt), Marina Bierbrauer (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 24.04.2025

Bei Dexamethason handelt es sich um einen Wirkstoff, der unter anderem entzündungshemmend wirkt und die Reaktion des Immunsystems abschwächt. Aber welche Wirkung hat Dexamethason genau und wofür wird es eingesetzt? Im folgenden Artikel informieren wir zur Anwendung und Dosierung, zu möglichen Nebenwirkungen sowie zu Erfahrungen mit dem Arzneistoff.

Was ist Dexamethason?

Bei Dexamethason handelt es sich um ein künstliches, langwirksames Glukokortikoid. Glukokortikoide sind eine Gruppe von Stoffen, die vom menschlichen Körper selbst hergestellt werden können. Sie zählen zu den Hormonen und erfüllen wichtige Regulationsaufgaben. Ihr Name setzt sich aus dem griechischen Wort für süß und dem lateinischen Wort für Rinde zusammen. Mit diesem Namen wird zum einen ihr Einfluss auf den Zuckerstoffwechsel und zum anderen ihre Herkunft aus der Nebennierenrinde beschrieben.

Glukokortikoide zählen zu den sogenannten Steroidhormonen. Neben den Glukokortikoiden zählen auch die Mineralkortikoide und Geschlechtshormone wie Östradiol und Testosteron zu den Steroidhormonen.

Die vom Körper selbst hergestellten Glukokortikoide sind Corticosterone und Cortisol. Das den meisten bekannte Kortison ist die biologisch unwirksame (inaktive) Vorstufe des Cortisols. Das heißt, es erfüllt im Körper keine Funktion. Kortison kommt natürlicherweise im Körper vor.

Dexamethason wird künstlich hergestellt und unterscheidet sich in seiner chemischen Struktur von den körpereigenen Glukokortikoiden. Durch diese Unterschiede ist es circa 30 Mal stärker wirksam als die körpereigenen Glukokortikoide.

Welche Wirkung hat Dexamethason?

Dexamethason wirkt entzündungshemmend und antiallergisch, indem es das Immunsystem unterdrückt beziehungsweise überschießende Immunreaktionen abschwächt. Seine Wirkung entfaltet Dexamethason dabei über spezielle Glukokortikoid-Rezeptoren, die sich im Inneren von Zellen befinden und die bestimmte Reize weiterleiten.

Diese Rezeptoren beeinflussen daraufhin die Erbsubstanz (DNA) der Zellen über Signalwege dahingehend, dass weniger Entzündungsstoffe ausgeschüttet werden. Zugleich blockiert Dexamethason das Enzym Phospholipase A2, welches ebenfalls entzündliche Prozesse in Gang setzt.

Wie schnell und wie lange wirkt Dexamethason?

Dexamethason wirkt sowohl kurzfristig als auch länger anhaltend. Erstere Wirkung beruht auf der Enzymhemmung, letztere auf den Effekten innerhalb der Zellen. Dexamethason entfaltet seine Wirkung nach etwa ein bis zwei Stunden. Die Halbwertszeit, also die Zeit, bis der Wirkstoff zur Hälfte abgebaut ist, beträgt 36 bis 72 Stunden. Die Wirkdauer beträgt damit ungefähr 48 Stunden. Dexamethason zählt deshalb zu den langwirksamen Glukokortikoiden.

Wofür wird Dexamethason angewendet?

Dexamethason wird meistens oral als Tablette eingenommen. Es kann je nach Erkrankung aber auch in Form von Spritzen, intravenös über einen Tropf oder als Augentropfen, Augensalbe, Nasenspray oder Creme beziehungsweise Salbe angewendet werden.

Zu den Hauptanwendungsgebieten gehören:

  • allergische Erkrankungen und anaphylaktischer (allergischer) Schock
  • schwere, akute Asthmaanfälle
  • rheumatische Erkrankungen
  • Autoimmunerkrankungen oder Kollagenosen
  • schwere, akute Hauterkrankungen
  • Hirnödem
  • Vorbeugung und Behandlung von Erbrechen im Rahmen einer Chemotherapie
  • Palliativtherapie bei Krebserkrankungen
  • schwere Infektionskrankheiten

Dexamethason ist in jeder Darreichungsform verschreibungspflichtig. Der Einsatz sollte daher immer genau nach ärztlicher Anweisung erfolgen und ärztlich betreut werden.

Dosierung und Anwendungsdauer von Dexamethason

Die Dosierung richtet sich nach der Anwendungsart (Tablette, Augentropfen, Creme, Nasenspray & Co.) und der zugrundeliegenden Erkrankung. Richten Sie sich bei der Dosierung immer genau nach den ärztlichen Hinweisen. Folgende Angaben sind lediglich Richtwerte:

  • Tabletten: Dexamethason-Tabletten gibt es in den Wirkstärken 0,5 mg bis 40 mg pro Tablette. Eine gängige Dosis ist zum Beispiel 4 mg einmal täglich. Je nach Erkrankung ist die Dosierung und Einnahmehäufigkeit jedoch sehr unterschiedlich.
  • Augensalben und -tropfen: ein- bis dreimal täglich
  • Nasenspray: drei- bis viermal täglich zwei Sprühstöße pro Nasenloch
  • Creme: einmal täglich dünn auftragen

Wie lange man Dexamethason nehmen muss, hängt von der Erkrankung, die behandelt wird, ab und lässt sich nicht pauschal beantworten. Bei akuten Krankheiten ist eine Behandlung von wenigen Tagen bis zu ein bis zwei Wochen häufig ausreichend. Bei schweren oder chronischen Erkrankungen kann auch eine Langzeitbehandlung notwendig sein. Die Dosis sollte grundsätzlich so niedrig wie möglich gehalten werden.

Welche Nebenwirkungen kann Dexamethason verursachen?

Die Nebenwirkungen sind von der Dauer der Einnahme, der Höhe der Dosis und von der Verabreichungsart abhängig. Eine systemische (also innerliche) Anwendung verursacht häufiger mehr und schwerere Nebenwirkungen als die topische (örtliche) Anwendung, zum Beispiel in Form von Augentropfen oder Cremes. Bei einer kurzfristigen, topischen Verwendung sind in der Regel keine schweren Nebenwirkungen zu erwarten.

Grundsätzlich gilt dies auch für kurzzeitige Einnahme von Dexamethason-Tabletten. Eine neuere Studie aus Taiwan weist jedoch darauf hin, dass auch eine orale Gabe von Kortikosteroiden, zu denen Dexamethason gehört, in einem Zeitraum von unter zwei Wochen starke Nebenwirkungen auslösen könnte. Dazu gehörten laut Ergebnissen der Studie Blutungen im Verdauungstrakt, Blutvergiftungen und Herzinsuffizienz.

Folgende unerwünschte Effekte werden ohne die Angabe einer Häufigkeit angegeben, da ihr Auftreten stark von der Dosis und Dauer der Einnahme abhängig ist. Zu den möglichen Nebenwirkungen von Dexamethason bei innerlicher Anwendung zählen:

  • Maskierung von Infektionen und parasitären Erkrankungen, das heißt ein Fortbestehen oder eine Verschlimmerung, die aufgrund der Symptomunterdrückung nicht bemerkt werden.
  • Cushing-Syndrom mit den dafür typischen Symptomen eines Mondgesichts und Stiernackens
  • Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen wie erhöhte Blutzucker- oder Blutfettwerte, Wassereinlagerungen oder gesteigerter Appetit (mit Gewichtszunahme als Folge)
  • Kaliummangel
  • Knochenschwund
  • Muskelschwund
  • Hautveränderungen, darunter eine dünner werdende Haut, punktförmige Einblutungen, Akne oder vermehrte Körperbehaarung
  • Störungen der Sexualfunktion (Menstruationsstörungen, Förderung der männlichen Behaarung bei der Frau, Impotenz)
  • Blutbildveränderungen
  • Überempfindlichkeitsreaktionen bis hin zu allergischem Schock
  • Depression und andere psychische Beschwerden
  • Augenerkrankungen wie Glaukom (Grüner Star), Entzündungen oder Sehstörungen
  • Magen-Darm-Beschwerden wie Entzündungen, Geschwüre oder Blutungen

Vor Gebrauch sollte daher der Beipackzettel des Präparats genau gelesen und bei Fragen oder Unklarheiten ärztliche Rücksprache gehalten werden.

Cushing-Syndrom als Folge einer Dexamethason-Therapie

Die hier aufgeführten Nebenwirkungen sind ebenfalls Symptome bei einem zu hohen Cortisolspiegel (Hypercortisolismus). Dieses Krankheitsbild wird als Cushing-Syndrom bezeichnet. Es kann viele Ursachen haben, die häufigste ist aber die Einnahme von Cortisol-Präparaten im Rahmen einer Therapie.

Für Glukokortikoide, die als Medikamente eingenommen werden, existiert eine sogenannte Cushing-Schwelle. Bei einer langandauernden Therapie sollte diese Schwelle nicht überschritten werden, da sonst das Risiko für ein iatrogenes (durch ärztliche Einwirkung entstandenes) Cushing-Syndrom stark steigt. Die Höhe der Cushing-Schwelle hängt von der Stärke des verwendeten Glukokortikoids ab. Für Prednison beträgt sie beispielsweise 7,5 mg/Tag, für Dexamethason 1 mg/Tag.

Dexamethason-Hemmtest: Wozu dient er?

Dexamethason wird auch als Hilfsmittel in der Diagnostik eines Cushing-Syndroms genutzt. Das Cushing-Syndrom kann vielfältige Ursachen haben. Die Dexamethason-Hemmtests können Aufschluss über die Ursache geben.

Dabei existiert ein sogenannter Dexamethason-Kurztest und ein Dexamethason-Langtest. Beim Kurztest wird abends einmalig eine Dosis von 1 bis 2 mg eingenommen, beim Langtest mehrmals täglich über zwei Tage. Vor und nach der Einnahme sowie beim Langtest auch zwischendurch wird der Cortisolspiegel im Blut bestimmt. Bei Vorliegen des Cushing-Syndroms sinkt der Cortisolwert nach der Einnahme nicht wieder auf ein normales Maß ab.

Dexamethason absetzen – welche Nebenwirkungen gibt es?

Generell sollten Glukokortikoide nach einer längerfristigen Einnahme nicht abrupt abgesetzt werden. Dies trifft prinzipiell auch auf Dexamethason zu, auch wenn es seltener langfristig gegeben wird. Stufenweise reduziert werden sollte die Glukokortikoid-Dosis, wenn das Mittel länger als drei Wochen eingenommen wurde oder wenn bereits Symptome eines Cushing-Syndroms vorliegen. Man bezeichnet diesen Prozess als Ausschleichen.

Werden die Glukokortikoide zu schnell abgesetzt, kann es zu einer Nebennierenrindeninsuffizienz kommen. Die Ursache dafür ist, dass der Körper aufgrund der Zufuhr von Glukokortikoiden von außen die eigene Synthese (Herstellung) herunterfährt. Wird die Zufuhr von außen nun plötzlich beendet, hat der Körper nicht ausreichend Zeit, sich umzustellen und die Synthese wieder zu erhöhen. Ein Mangel an Glukokortikoiden (Addison-Krise) kann die Folge sein.

Entzugssymptome im klassischen Sinn gibt es eigentlich nicht. Es handelt sich dann viel mehr um die Symptome eines Cortisolmangels. Dazu gehören zum Beispiel niedriger Blutdruck, Abgeschlagenheit, Müdigkeit und Gewichtsverlust.

Gegenanzeigen: Wann sollte Dexamethason nicht angewendet werden?

Dexamethason sollte in folgenden Fällen nicht oder nur mit äußerster Vorsicht angewendet werden:

  • Überempfindlichkeit gegen Dexamethason oder einen enthaltenen Hilfsstoff
  • unbehandelte Infektionskrankheiten
  • Schwangerschaft und Stillzeit

Während der Schwangerschaft und Stillzeit sollte Dexamethason nur eingesetzt werden, wenn es Vorteile gegenüber anderen Kortikosteroiden bietet, da die Sicherheit während Schwangerschaft und Stillzeit noch nicht ausreichend untersucht ist. Wenn möglich, sollte stattdessen Prednisolon, Prednison oder Methylprednisolon bevorzugt werden.

Welche Wechselwirkungen sind möglich?

Zwischen Dexamethason und zahlreichen Medikamenten und Arzneimitteln können Wechselwirkungen auftreten. So können unter anderem bestimmte Antipilzmittel und Östrogene die Dexamethason-Wirkung verstärken, magensäurehemmende Medikamente und Mittel gegen Epilepsie diese vermindern.

Auch mit blutdrucksenkenden Mitteln wie ACE-Hemmern, Schmerzmitteln aus der Gruppe der NSAR sowie einigen Antibiotika können Wechselwirkungen auftreten.

Eine vollständige Liste entnehmen Sie bitte der Packungsbeilage. Wenn Sie gleichzeitig andere Medikamente einnehmen müssen, halten Sie dazu ärztliche Rücksprache, um gegebenenfalls den Einnahmezeitpunkt und die Dosis anzupassen.

Dexamethason bei COVID-19

Dexamethason und andere Glukokortikoide sind vergleichsweise alte Medikamente und werden bereits seit Jahrzehnten in der Medizin angewandt. Dadurch hat man schon lange Erfahrung mit ihrem Einsatz. Ihre entzündungshemmende und immunsuppressive Wirkung kann auch bei Infektionserkrankungen hilfreich sein. Unter anderem bei Lungenentzündungen können Glukokortikoide deshalb unterstützend eingesetzt werden.

Auch im Zusammenhang mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 und der daraus entstehenden Krankheit COVID-19 spielt dies eine Rolle. Eines der Hauptprobleme der schweren COVID-19-Verläufe ist eine überschießende Immunreaktion, welche Entzündungsreaktionen im gesamten Organismus hervorruft (Hyperinflammationssyndrom). Dexamethason und Glukokortikoide im Allgemeinen können aufgrund ihrer immunsuppressiven Wirkung einen solchen Effekt abmildern und nachgewiesenermaßen die Sterblichkeit von Betroffenen mit schweren Verläufen reduzieren.

Aktuell wird Dexamethason bei Erkrankten eingesetzt, die unterstützend Sauerstoff erhalten oder invasiv beatmet werden müssen. Die Anwendung von Dexamethason in einer früheren Krankheitsphase und bei leichten Verläufen zeigt keinen positiven Effekt und ist daher nicht empfohlen.

Passend zum Thema
Tablette mit Kortison (Cortison)
Kortison (Cortison): Wirkung in Tabletten, Nasenspray & Co.
Kortison (Cortison): Wirkung in Tabletten, Nasenspray & Co.
Mädchen benutzt Kortison-Spray
Nebenwirkungen von Kortison
Nebenwirkungen von Kortison
Cortisol im Bluttest
Cortisol: Wirkung des Hormons & Cortisolspiegel deuten
Cortisol: Wirkung des Hormons & Cortisolspiegel deuten
Frau nimmt Prednisolon
Prednisolon: Wirkung, Anwendung & Dosierung
Prednisolon: Wirkung, Anwendung & Dosierung
Stiernacken durch Cushing-Syndrom bei einem Mann
Cushing-Syndrom – was ist das?
Cushing-Syndrom – was ist das?