Frau nimmt Risperidon-Tablette
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Risperidon: Wirkung & Nebenwirkungen des Neuroleptikums

Von: Daniela Kirschbaum (Medizinautorin)
Letzte Aktualisierung: 25.07.2023 - 10:14 Uhr

Risperidon ist ein atypisches Neuroleptikum und kommt vorrangig bei psychiatrischen Erkrankungen, die mit Psychosen einhergehen, zum Einsatz. Neben der Behandlung von Schizophrenie und manischen Episoden ist es unter bestimmten Umständen zur Kurzzeittherapie bei aggressiven Verhaltensweisen geeignet. Atypische Neuroleptika werden in der Regel recht gut vertragen, Nebenwirkungen können aber dennoch auftreten. Auch Wechselwirkungen kommen vor. Deshalb ist eine gute medikamentöse Einstellung unter ärztlicher Begleitung wichtig.

Was ist Risperidon?

Risperidon ist ein atypisches Neuroleptikum (Antipsychotikum) und findet bei der Behandlung von verschiedenen Erkrankungen und psychotischem Geschehen Anwendung. Atypische Neuroleptika – auch als Neuroleptika der zweiten Generation bezeichnet – sind weit nebenwirkungsärmer und werden daher besser vertragen als ihre Vorgänger der ersten Generation. Vor allem extrapyramidal-motorische Störungen, also Symptome, die jenen der Parkinson-Erkrankung ähneln, treten kaum mehr auf. Daher gelten die neueren Präparate mittlerweile als Mittel erster Wahl. Ihre Wirkung entfalten sie im Hirnstoffwechsel, wodurch sich psychotische Symptome und damit verbundene Unruhezustände verringern.

Risperidon ist als verschreibungspflichtiges Arzneimittel in der Apotheke erhältlich. In Deutschland, Österreich und der Schweiz ist der gängige Handelsname Risperdal®. Als Generikum ist das Präparat aber auch unter alternativen Namen wie Risocon®, Aleptan® oder RispeCare® bekannt. In die Gruppe der atypischen Antipsychotika fallen verschiedene Wirkstoffe, die sich je nach Anwendungsfall als Alternative eignen können. Beispiele sind Olanzapin, Paliperidon, Quetiapin, Clozapin oder Ziprasidon.

Wann kommt Risperidon zum Einsatz?

Wofür nimmt man Risperidon im Normalfall ein? Das Antipsychotikum wird zur Reduktion von akuten Psychosen einer Schizophrenie oder bei schweren bis mittelstarken Manien im Rahmen einer bipolaren Störung einsetzt. Bei Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis spielt der Wirkstoff auch bei der Erhaltungstherapie (Dauertherapie) eine wichtige Rolle.

Eingesetzt wird das Mittel zudem bei starken Aggressionen bei Menschen mit Alzheimer-Demenz, sofern keine anderen Maßnahmen Wirkung zeigen – allerdings nur zur Kurzzeitbehandlung von maximal sechs Wochen. Ähnlich verhält es sich bei starken Verhaltensstörungen mit aggressiven Impulsen bei mental beeinträchtigten Kindern und Jugendlichen ab einem Alter von fünf Jahren.

Bei klassischen Depressionen oder zum besseren Schlafen wird Risperidon im Normalfall nicht eingesetzt.

Die folgende Liste fasst die Indikationen (Anwendungsgebiete) von Risperidon im Überblick zusammen:

  • Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis
  • mäßige bis schwere manische Episoden bei bipolarer Störung
  • anhaltende Aggressionen mit Eigen-/Fremdgefährdung bei Personen mit Alzheimer-Demenz (Kurzzeittherapie von sechs Wochen)
  • Verhaltensstörungen und anhaltende Aggressionen bei Kindern und Jugendlichen ab fünf Jahren bei mentaler Beeinträchtigung (kurzzeitige Behandlung von maximal sechs Wochen)

In welcher Form erfolgt die Anwendung?

Der Wirkstoff Risperidon wird in der Regel unterschiedlich dosiert in Form von Filmtabletten verabreicht. Bei Schluckstörungen ist er auch als Saft oder Lösung verfügbar. In einzelnen Fällen – etwa wenn keine regelmäßige Einnahme erfolgt beziehungsweise als Erhaltungstherapie bei einer Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis – kann alle zwei Wochen eine sogenannte Depotinjektion erfolgen. Bei dieser wird der Wirkstoff nach und nach freigesetzt.

Wie wird Risperidon dosiert?

Die passende Dosierung von Risperidon erfolgt, je nach zu behandelnder Erkrankung (Indikation) und Alter beziehungsweise Körpergewicht, durch den*die Facharzt*Fachärztin. Normalerweise steigert man die Dosis langsam, bis die gewünschte Dosierung erreicht ist.

Risperidon wird in Tablettenform ein- bis zweimal am Tag unabhängig von den Mahlzeiten eingenommen. Als Filmtablette sind die Dosierungen 0,25 mg, 0,5 mg, 1 mg, 2 mg, 3 mg, 4 mg und 6 mg auf dem Markt.

Die verschriebene Dosierung ist stets einzuhalten. Im Durchschnitt nehmen erwachsene Personen etwa 4 bis 6 mg Risperidon als Tagesdosis ein, da das Verhältnis von Wirkung und unerwünschten Nebenwirkungen hier meist ausgewogen ist. Bei einer zu geringen Dosierung erzielt man häufig zu geringe Effekte, während die Nebenwirkungen bei einer zu hohen Dosis in der Regel unverhältnismäßig sind. Denn das Risiko für unerwünschte Nebeneffekte steigt mit der Dosierung. Eine Überdosis kann Symptome wie Benommenheit oder starke Bewegungsstörungen verursachen.

Erfolgt die Gabe über Depotinjektionen, die eine Langzeitwirkung entfalten sollen, kann die Dosierung weniger flexibel an die Bedürfnisse angepasst werden. So kann das Arzneimittel beispielsweise bei starken Beschwerden nicht sofort abgesetzt werden. Daher erfolgt die Anwendung in dieser Form nur in bestimmten Fällen.

Wie wirkt Risperidon?

Seine Wirkungsweise entfaltet Risperidon durch das Blockieren von Dopamin-Rezeptoren im Gehirn. Das reduziert die Konzentration des Botenstoffs und damit Symptome wie Halluzinationen und Wahnvorstellungen. Ein sehr hoher Dopamin-Spiegel gilt nämlich unter anderem als ursächlich für psychotische Symptome.

Darüber hinaus blockiert Risperidon auch Rezeptoren für Serotonin, Noradrenalin und Adrenalin. Das reduziert Unruhe und aggressive Verhaltensweisen. Außerdem wirkt es sich positiv auf die Konzentration aus.

Man geht heute davon aus, dass die bessere Verträglichkeit atypischer Neuroleptika darauf zurückzuführen ist, dass der Wirkstoff eine recht starke Affinität zu Serotonin-2A-Rezeptoren hat (also bevorzugt diese blockiert) und weniger zu den Dopamin-D2-Rezeptoren, deren Blockade Bewegungsstörungen zur Folge haben kann. Zudem löst sich Risperidon generell recht rasch wieder von den Rezeptoren, die Blockade ist also von kürzerer Dauer. Somit wirkt das Mittel auf andere Weise auf die Neurotransmitter ein als Medikamente der ersten Generation.

Wie schnell wirkt Risperidon?

Risperidon wird zur Gänze über den Darm aufgenommen und entfaltet nach etwa ein bis zwei Stunden seine volle Konzentration im Blut. Verstoffwechselt wird es vorrangig in der Leber, wobei Stoffwechsel- und Abbauprodukte von Risperidon ebenfalls antipsychotisch wirken. Innerhalb von 24 Stunden wird etwa die Hälfte des Wirkstoffes samt seiner Abbauprodukte ausgeschieden, vor allem über den Harn. Bei einer Depotinjektion in den Muskel wird der Wirkstoff über zwei Wochen lang konstant freigesetzt, bevor nachgespritzt werden muss, um das Depot wieder zu füllen.

Wann aber setzt die Wirkung von Risperidon nun konkret ein? Das ist unterschiedlich und hängt von individuellen Faktoren ab, wodurch die Erfahrungen von Patient*innen variieren. Als Faustregel darf aber gelten, dass die beruhigende Wirkung meist recht rasch, oftmals schon wenige Stunden nach Einnahmebeginn, einsetzen kann. Psychotische Symptome reduzieren sich hingegen manchmal auch erst nach einigen Wochen spürbar. In der Regel muss man dem Medikament zumindest zwei Wochen Zeit geben, um seine Wirkung zu entfalten.

Was sind die Nebenwirkungen von Risperidon?

Ist Risperidon ein starkes Medikament? Wird man von Risperidon müde und kommt es zur unkontrollierten Gewichtszunahme? Viele Menschen sind vor der ersten Einnahme verunsichert. Nicht nur können die genannten Nebenwirkungen auf dem Beipackzettel abschreckend wirken, Neuroleptika eilt zudem ein gewisser Ruf voraus. Das liegt daran, dass Präparate der ersten Generation starke Nebenwirkungen hervorgerufen haben. Vor allem deutliche Einschränkungen in der Motorik (Bewegungsstörungen, sogenannte extrapyramidal-motorische Störungen) und ein starker sedierender (also beruhigender) Effekt sind hier zu nennen. Atypische Neuroleptika werden jedoch weit besser vertragen als ihre Vorgänger.

Dennoch sind auch bei einer langsamen Erhöhung der Dosis Nebenwirkungen nicht auszuschließen. Diese können anfangs stärker ausfallen, bessern sich aber im Laufe der Behandlung, sobald sich der Organismus an das Risperidon gewöhnt hat.

Sehr häufige Nebenwirkungen unter der Einnahme von Risperidon sind Schläfrigkeit beziehungsweise Schlaflosigkeit, Kopfschmerzen sowie Symptome, die an Parkinson erinnern (Parkinson-Syndrom). Zu den häufig auftretenden Nebenwirkungen zählen unter anderem Gewichtszunahme, Mundtrockenheit, Infektionen der Ohren, Atem- oder Harnwege, Bauchschmerzen und Verdauungsstörungen. Auch Hautausschläge, Harninkontinenz oder Depressionen können vermehrt auftreten. Ebenso lassen sich Veränderungen im EKG beobachten (Verlängerung des QT-Intervalls), was mit Herzrasen, Schwindelgefühlen oder Herzrhythmusstörungen einhergehen kann. Zudem kann der Prolaktin-Spiegel im Blut ansteigen. Regelmäßige Kontrollen von EKG und Prolaktin-Spiegel sind daher notwendig.

Seltener treten Menstruationsstörungen, erektile Dysfunktion, Ejakulationsstörungen, Libidoverlust, Milchabsonderungen aus der weiblichen Brust oder eine sogenannte Männerbrust (Gynäkomastie) auf.

Risperidon: die häufigsten Nebenwirkungen im Überblick

Folgende Nebenwirkungen von Risperidon können auftreten:

  • Schläfrigkeit beziehungsweise Schlafstörungen
  • Kopfschmerzen
  • Parkinson-Syndrom
  • Gewichtszunahme
  • Prolaktin-Erhöhung
  • trockener Mund
  • Infektionen von Ohren und Atemwegen
  • Harninkontinenz und Harnwegsinfektionen
  • Bauchschmerzen und Verdauungsstörungen
  • Depressionen
  • Veränderungen im EKG (Schwindel, Herzrasen, Herzrhythmusstörungen)
  • Libidoverlust
  • Zyklusstörungen
  • Ejakulationsstörungen oder erektile Dysfunktion
  • Milchabsonderungen aus der Brust
  • Gynäkomastie

Wann darf Risperidon nicht angewendet werden?

Wenngleich Risperidon allgemein recht gut vertragen wird, gibt es Gegenanzeigen, die zu berücksichtigen sind. So schließt eine Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff die Einnahme ebenso aus wie ein erhöhter Prolaktinspiegel, Mundtrockenheit oder Demenz (ausgenommen Alzheimer-Demenz). Auch in der Schwangerschaft wird das Präparat nur in Ausnahmefällen verschrieben. In der Stillzeit wird eine sorgfältige Risiko-Nutzen-Abwägung vorgenommen.

Wechselwirkungen und Vorsichtsmaßnahmen

Wechselwirkungen treten vor allem in Kombination mit Arzneimitteln auf, die das QT-Intervall verlängern, den Elektrolythaushalt aus dem Gleichgewicht bringen oder in den Gehirnstoffwechsel eingreifen, ebenso wie mit blutdrucksenkenden Medikamenten. Konkret können das Antiarrhythmika, manche Epilepsie-Medikamente, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie Fluoxetin oder Sertralin sowie andere Antipsychotika wie etwa Sertindol sein. Es ist daher wichtig, jede Medikamenteneinnahme – auch wenn die Mittel nicht rezeptpflichtig sind – mit dem*der behandelnden Arzt*Ärztin abzuklären.

In Bezug auf Risperidon und Alkohol ist ebenso Vorsicht geboten wie bei der Kombination des Wirkstoffs mit Benzodiazepinen, Opiaten oder Antihistaminika, da all diese Substanzen sedierend wirken. Zu Beginn der Therapie mit Risperidon ist zudem vom Bedienen schwerer Maschinen abzuraten, bis die Wirkung eingeschätzt werden kann. Auch ist die Verkehrstüchtigkeit zu bewerten.

Wie setzt man Risperidon ab?

Weshalb Risperidon abgesetzt wird, hat ganz unterschiedliche Gründe. Manchmal sorgt ein stabiler Krankheitsverlauf dafür, es ohne Medikamente versuchen zu wollen. In anderen Fällen machen Nebenwirkungen den Umstieg auf ein anderes Neuroleptikum notwendig oder ein Kinderwunsch steht im Raum. Was auch immer ursächlich sein mag, das Absetzen von Risperidon wirft häufig Fragen auf: Wie schleicht man das Neuroleptikum sinnvoll aus? Wie werden Körper und Psyche darauf reagieren? Wie lange wirkt Risperidon nach dem Absetzen?

Bei einem plötzlichen Absetzen können unangenehme Absetzsymptome wie etwa Schlafstörungen, Schweißausbrüche und Schwindel, psychotische Symptome und Probleme im Magen-Darm-Trakt auftreten. Um solche Beschwerden zu vermeiden beziehungsweise stark abzuschwächen, ist es wichtig, das Neuroleptikum mehrere Wochen lang unter ärztlicher Aufsicht auszuschleichen und keinesfalls abrupt abzusetzen.

Unter engmaschiger ärztlicher Kontrolle erfolgt die schrittweise Verringerung des Medikaments nach einem festen Plan. Je langsamer der Organismus entwöhnt wird, desto geringer fallen die Entzugssymptome aus. Diese sind jedoch immer von individuellen Voraussetzungen – nicht zuletzt von der Dauer der Einnahme und der Dosierung – abhängig. Bis nach dem vollständigen Ausschleichen von der Wirkung des Medikaments samt Entzugssymptomen nichts mehr zu merken ist, können zwei bis sechs Wochen vergehen.

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