Impfung in der Nase: Sind Lebendimpfstoffe die Corona-Rettung?
Ein nasaler Impfstoff gegen Corona klingt erst mal komisch. Das Prinzip wird aber bereits in einigen Bereichen angewandt. So wird die Grippeimpfung für Kinder und Jugendliche aufgrund einer höheren Schutzwirkung bei Jüngeren als Nasenspray verabreicht. Auch die Forschung zum Corona-Impfstoff als Nasenspray läuft bereits.

Warum die nasale Impfung besonders im Kampf gegen Omikron helfen könnte und wie der Lebendimpfstoff in der Nase wirkt.
Wie funktioniert der nasale Impfstoff?
Während die bisherigen Corona-Impfstoffe in den Muskel injiziert werden, könnten Lebendimpfstoffe gegen SARS-CoV-2 mithilfe eines Nasensprays direkt in die Nase verabreicht werden.
Nasale Impfstoffe haben neben der einfacheren Handhabung einen entscheidenden Vorteil gegenüber den klassischen Vakzinen: Bisher Geimpfte produzieren zwar Antikörper gegen SARS-CoV-2, diese werden allerdings als innerer Schutz im Blut und in Organen gebildet, die Schleimhäute der oberen Atemwege sind hingegen nicht ausreichend geschützt. Das Virus kann also auch weiterhin Rachen, Luftröhre und die Lunge befallen. Die klassischen Impfstoffe schützen somit vor einer schweren Erkrankung und bekämpfen SARS-CoV-2 im Körper in der Regel zuverlässig, eine Infektion ist aber grundsätzlich dennoch möglich. Infizierte können das Virus zudem an andere, also auch Risikogruppen und Ungeimpfte, weitergeben.
Wird der Lebendimpfstoff über das Nasenspray verabreicht, baut der Körper unmittelbar eine schleimhautbasierte Abwehr mit entsprechenden Antikörpern auf. Diese schützen die oberen Atemwege und bieten somit eine Barriere – direkt an der Eintrittsstelle des Virus in den Körper. Nasal-Geimpfte können weitere Personen nicht mehr mit SARS-CoV-2 anstecken. Virologe Christian Drosten bezeichnet den Impfstoff daher auch als "Meilenstein" im Kampf gegen Corona.
Die nasale Impfung wird in Deutschland aktuell besonders zum Schutz vor Influenza (Grippe) eingesetzt, da konventionelle Grippeimpfstoffe bei Kindern und Jugendlichen nur eine geringe Schutzwirkung erzielen. Das nasale Vakzin ist laut dem Paul-Ehrlich-Institut für Kinder und Jugendliche von zwei bis 17 Jahren zugelassen.
Was unterscheidet Lebendimpfstoffe von Totimpfstoffen?
Lebendimpfstoffe werden besonders gegen Masern, Mumps, Röteln oder Windpocken eingesetzt. Sie enthalten eine geringe Anzahl vermehrungsfähiger Krankheitserreger. Diese werden allerdings so abgeschwächt, dass sie nicht in der Lage sind, eine Erkrankung zu verursachen.
Das Immunsystem reagiert auf den Lebendimpfstoff, wehrt sich gegen die abgeschwächten Erreger und beginnt damit, Antikörper gegen den Eindringling zu produzieren.
In der Regel sind Lebendimpfstoffe gut verträglich, in seltenen Fällen können sie leichte "Impfkrankheiten" auslösen. Nach einer Masernimpfung beispielsweise kann ein leichter, nicht ansteckender Ausschlag auftreten, der nach einigen Wochen von selbst verschwindet.
Totimpfstoffe hingegen enthalten inaktivierte, also abgetötete Erreger oder deren Bestandteile, diese können sich im Körper nicht mehr vermehren.
Wann ist mit einem nasalen Corona-Impfstoff zu rechnen?
Da sowohl die Entwicklung des Lebendimpfstoffes selbst als auch die Methode der nasalen Impfung sehr komplex sind, stellen sie die Forschenden vor einige Herausforderungen:
- Bei der Entwicklung des Lebendimpfstoffs muss das Virus stark abgeschwächt werden, zudem darf das Virus im Körper nicht mutieren.
- Das Prinzip des nasalen Impfstoffes klingt einfach, die Umsetzung ist aufgrund der höheren Immunität der Schleimhäute allerdings schwerer. Während man bei einer Injektion in den Muskel sicher sein kann, dass das Vakzin in den Körper gelangt, können Barrieren in der Nasenschleimhaut den Impfstoff teilweise abwehren. Eine sichere und zuverlässige Methode zu entwickeln, erfordert daher Zeit.
In Deutschland und auch weltweit arbeiten Fachleute an der komplexen Herausforderung. Die Hersteller von AstraZeneca und des russischen Impfstoffs Sputnik V prüfen bereits, ob die Vektorimpfstoffe für eine nasale Impfung geeignet wären. Auch der amerikanische Impfstoff COVI-VAC zielt auf eine nasale Verwendung mithilfe von Virusproteinen ab.
Laut Angaben der Weltgesundheitsorganisation forschen bereits mehrere Pharmahersteller an der nasalen Impfung. Auch deutsche Expert*innen widmen sich der Entwicklung:
- Am Universitätsklinikum Erlangen erzielten Boosterimpfungen über die Nase bei Mäusen bereits vielversprechende Ergebnisse. Die Tiere entwickelten lokale Antikörper. Ein Mundspray soll folgen.
- Das Universitätsklinikum Tübingen entwickelt in Kooperation mit dem Max-Planck-Institut ein nasales Vakzin mit einem Vektorimpfstoff. Als Vektor sollen hierbei Sendai-Viren dienen.
- Am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung der Medizinischen Hochschule Hannover wird ebenfalls an einem nasalen Impfstoff gearbeitet.
Neben nasalen Impfstoffen könnten auch Schluckimpfstoffe einen hohen Schutz gegen SARS-CoV-2 bieten. Forschenden der Universität Würzburg untersuchen daher derzeit das Prinzip der "lebenden" Schluckimpfung auf Basis eines Typhus-Vakzins. Der Impfstoff soll in Kombination mit gewissen Bakterien ebenfalls Antikörper gegen das Coronavirus produzieren.
Wann mit einem Nasenspray-Impfstoff zu rechnen ist, ist derzeit offen. Viele Studien befinden sich noch in der Anfangsphase.
Umso wichtiger ist es, das aktuelle Impfangebot zu nutzen. Eine vollständige Impfung und eine Boosterimpfung können helfen, schwere Erkrankungen zu verhindern und das Gesundheitssystem zu entlasten.
Quellen
- Online-Informationen des ZDFs (2022): Drosten hofft auf Nasenspray gegen Corona. (Abruf: 01/2022)
- Online-Informationen der forschenden Pharma-Unternehmen: Corona-Impfstoffe der nächsten Generation. (Abruf: 01/2022)
- Dingermann, T. / Pharmazeutische Zeitung (2021): Schleimhaut-Impfstoffe gegen Covid-19. (Abruf: 01/2022)
- Online-Informationen der forschenden Pharma-Unternehmen: Impfstoffe zum Schutz vor der Coronavirus-Infektion Covid-19. (Abruf: 01/2022)
- Online-Informationen der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung: Welche unterschiedlichen Impfstoffe gibt es? (Abruf: 01/2022)
- Online-Informationen der Medizinuni Tuebingen: Corona Impfstoff per Nasenspray? (Abruf: 01/2021)
- Online-Informationen des Ärzteblatts: Impfspray für Kinder und Jugendliche: Der Influenza eine Nasenlänge voraus. (Abruf: 01/2022)
- Online-Informationen des Robert Koch-Instituts: Was ist bei dem Influenza-Lebendimpfstoff (LAIV, Nasenspray) zu beachten? (Abruf: 01/2022)