Spahn: "Kein Grund das Virus zu unterschätzen"

Gesundheitsminister Jens Spahn informiert gemeinsam mit Lothar Wieler, Präsident des Robert Koch-Instituts, über die aktuelle Corona-Lage in Deutschland. Zudem beschreibt Intensivpfleger Ricardo Lange die kritische Situation auf deutschen Intensivstationen. Das Wichtigste gibt es kurz zusammengefasst zum Nachlesen.

Corona-Weltweit
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Die steigenden Impfzahlen und die stagnierenden Inzidenzzahlen machen weiter Hoffnung auf Öffnungen, doch Gesundheitsminister Jens Span und RKI-Präsident Lothar Wieler mahnen zur Vorsicht.

Beispiel Indien zeigt den schlimmsten Fall

Indien ist aufgrund der aktuellen Corona-Situation ein Virusvariantengebiet: Die Einreise beschränkt sich daher auf Deutsche oder Menschen mit Wohnsitz in Deutschland. Zudem besteht eine Test- und Quarantänepflicht. Weltweit sind die Fallzahlen vergangene Woche um 24 Prozent gestiegen.

"Es gibt keinen Grund, das Virus zu unterschätzen", sagt Gesundheitsminister Jens Spahn, der zudem betont, dass sich in Indien aktuell das "Worst-Case-Szenario" abspiele. Die deutsche Bundesregierung schickt deshalb Hilfspakete in Form von Beatmungsgeräten, Medikamenten und vorrätigen Schutzmasken nach Indien.

Dritte Welle größtenteils gestoppt

Die Zahl der Impfungen macht Hoffnung auf schnelle Öffnungen. Sowohl Jens Spahn als auch Lothar Wieler weisen darauf hin, die Situation nicht zu verstolpern – die Inzidenzzahlen sollten erst auf ein niedriges und stabiles Niveau gebracht werden. In Folge sollten vorsichtig Maßnahmen und Zeitpunkte der Öffnungsschritte gewählt werden.

Darüber hinaus weist Wieler auf die Langzeitfolgen von Corona hin und betont, dass auch Kinder trotz symptomlosen Corona-Verlauf an Long-COVID leiden können, welches dem Körper nachhaltig Schaden kann. Mögliche Anzeichen von Long-COVID sind unter anderem:

Freiheiten für Geimpfte werden diskutiert

Ab Juni könnte die Impfpriorisierung aufgelöst werden, bis 28. Mai sollen die Freiheitsrechte für vollständige geimpfte Personen beschlossen werden.

Der Gesundheitsminister fügt allerdings hinzu, dass auch die Corona-Impfung vor einer Infektion nicht schützt. Sie kann jedoch die Schwere des Verlaufs reduzieren und die Verbreitung des Virus einschränken.

Ärzte, Pfleger und Reinigungspersonal hohen Belastungen ausgesetzt

Ricardo Lange, Intensivpfleger in Berlin führt an, dass viele seiner Kolleg*innen den Beruf des*der Krankenpfleger*in oder Reinigungspersonals in Krankenhäusern bereits verlassen haben. Alle medizinischen Mitarbeiter sind aktuell hohen Belastungen ausgesetzt, das Limit der Pflegekräfte sei längst erreicht.

Durch die intensiven Behandlungen der COVID-Patient*innen steigen sowohl physische als auch psychische Belastungen für das gesamte medizinische Personal an. Die erhöhte Schutzausrüstung und die intensive Behandlung in Bauchlage sowie die besonders dichten FFP3-Masken bei Patientenkontakt schränken die Arbeitsweise enorm ein.

Auch seelisch stößt das Pflegepersonal an seine Grenzen. Intensivpfleger seien zwar an schwere Krankheitsverläufe gewöhnt, allerdings werden Patient*innen bei diesem Prozess meist von Familienmitgliedern begleitet, während der Corona-Pandemie ist das Pflegepersonal der einzig physische Kontakt der Erkrankten. Das schnelle Ableben der Corona-Infizierten und der geringe Kontakt zur Familie belasten auch die Pflegekräfte.
Ricardo Lange betont zwar, er lebe eine gewisse Betriebskrankheit und nehme nur die besonders schweren Verläufe wahr, warnt allerdings von einer entgegengesetzten Blindheit außerhalb des Pflegepersonals, Corona nur als leichte Grippe einzustufen.

Die Pflegekräfte arbeiten am Limit, Intensivstationen werden umstrukturiert und schwere Fälle wie Herzprobleme oder Schlaganfälle auf anderen Stationen betreut. Um diese Situation zu verhindern, sollten die Fallzahlen gesenkt und das Virus auch weiterhin nicht unterschätzt werden.

Aktualisiert: 29.04.2021
Autor*in: Alexandra Maul, News-Redakteurin