Weißer Finger mit Raynaud-Syndrom
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Raynaud-Syndrom (Morbus Raynaud)

Von: Miriam Kunz (Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 10.12.2020 - 16:40 Uhr

Auffallend weiße Finger in den kalten Wintermonaten sind ein typisches Symptom des sogenannten Raynaud-Syndroms (auch: Morbus Raynaud, Raynaud-Krankheit oder Raynaud-Phänomen). Es wurde nach seinem Erstbeschreiber, dem französischen Arzt Maurice Raynaud, benannt. Was ist Morbus Raynaud für eine Krankheit, woran erkennt man sie und wie erfolgt die Behandlung? Wissenswertes über das Raynaud-Syndrom lesen Sie hier.

Was ist das Raynaud-Syndrom?

Das Raynaud-Syndrom ist eine Durchblutungsstörung. Dabei kommt es anfallsartig zu einem starken Erblassen der Finger, das häufig durch Kälte oder Stress ausgelöst wird. Daher nennt man das Raynaud-Syndrom umgangssprachlich auch "Weißfingerkrankheit".

Die Krankheit kommt bei Frauen öfter vor als bei Männern und ist insgesamt eine sehr häufige Erkrankung.

Raynaud-Syndrom: Was steckt dahinter?

Symptome: Wie erkennt man das Raynaud-Syndrom?

Typisches Symptom des Raynaud-Phänomens sind blasse, weiße Finger. Diese Blässe kommt dadurch zustande, dass sich in den Fingern kleine Blutgefäße (Kapillaren) zusammenziehen und daher weniger Blut durch die äußeren Schichten der Finger fließt. Dies kann auch sehr schmerzhaft sein oder mit Taubheitsgefühlen und Kribbeln einhergehen.

Anschließend färben sich die Finger blau (sie werden zyanotisch) als Zeichen für den Mangel der Blutversorgung (Sauerstoffmangel) im Gewebe. Nach einigen Minuten bis zu einer Stunde überhitzen die zuvor weißen und blauen Finger im Rahmen einer Überdurchblutung (die als Reaktion des Körpers auftritt) und färben sich rot. 

Dabei müssen nicht alle Phasen zwangsweise auftreten. Vor allem die letzte, "rote" Phase fehlt häufig. Meist sind einzelne oder mehrere Finger von der Symptomatik betroffen, nur selten der Daumen. Das Raynaud-Syndrom kann auch am Fuß und den Zehen auftreten.

Bei stillenden Frauen kann das Raynaud-Syndrom auch an den Brustwarzen auftreten. Dabei verfärben diese sich während das Kind anliegt (häufig auch einseitig) weiß und ziehen sich stärker zusammen. Dieses Phänomen kann für Betroffene sehr unangenehm und schmerzhaft sein. Für das gestillte Kind geht damit allerdings keinerlei Gefahr einher.

In sehr seltenen Fällen kann es außerdem kann es zu Störungen in der Schweißsekretion (Schweißabsonderung), zu Wundheilungsstörungen und zu einer veränderten Verhornung der Haut kommen. 

Was ist die Ursache von Morbus Raynaud?

Eigentlich ist das Zusammenziehen von kleinen Blutgefäßen in Körperregionen, die weit vom Bauch und damit den inneren Organen entfernt sind, ein natürlicher Prozess bei Kälte. Damit geht der Körper in den Energiesparmodus und hält die wichtigen Bauchorgane warm und gut durchblutet. Man geht davon aus, dass dieser natürliche und gesunde Mechanismus beim Raynaud-Syndrom aus dem Gleichgewicht geraten ist und daher überreguliert.

Ist das Raynaud-Syndrom gefährlich?

In den meisten Fällen ist das Raynaud-Syndrom ungefährlich. In schweren Fällen kann die Einschränkung der Sauerstoffversorgung der Finger jedoch so schwerwiegend sein, dass sie zu einem Absterben des Gewebes (Nekrose) führt. Vor allem in kalten Wintermonaten ist es daher für Menschen mit Raynaud-Syndrom wichtig, gut auf ihre Finger und Zehen zu achten und sie durch wärmende Schuhe und Handschuhe zu schützen.

Was tun, wenn das Raynaud-Syndrom neu auftritt?

Die meisten Menschen leben seit ihrer Kindheit mit dem Raynaud-Phänomen, oft ohne ihm einen Krankheitswert zuzuschreiben. Diese Form bezeichnet man auch als primäres Raynaud-Syndrom und sie ist unbedenklich. Die Ursache der primären Form ist bislang noch ungeklärt.

In manchen Fällen kommt es aber auch zum Neuauftreten von Raynaud-Phänomenen bei Personen, die diese erst im Erwachsenenalter bei sich bemerken. Hierbei handelt es sich um ein sogenanntes sekundäres Raynaud-Syndrom, das im Rahmen anderer Grunderkrankungen auftreten kann. Daher bedarf es hier immer einer ärztlichen Abklärung. 

Zu den möglichen Auslösern eines sekundären Raynaud-Syndroms gehören:

  • starke, wiederkehrende mechanische Einwirkungen (zum Beispiel tägliches Arbeiten mit einem Presslufthammer)
  • verschiedene Blutkrankheiten (hämatologische Erkrankungen, zum Beispiel Leukämie oder Thrombozytose) 
  • periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK), die unter anderem durch das Rauchen von Tabak ausgelöst wird
  • sogenannte Kollagenosen, die auch zu den Rheuma-Erkrankungen gezählt werden. Bei diesen Krankheiten handelt es sich um Autoimmunerkrankungen, bei denen Antikörper gegen das körpereigene Gewebe gebildet werden. Beispiele dafür sind Lupus (systemischer Lupus erythematodes), Sklerodermie, Sharp-Syndrom oder das Sjörgren-Syndrom.
  • bestimmte Medikamente, wie Beta-Blocker (Blutdrucksenker), Ergotamin (Migräne-Medikament) oder Bleomycin (Antibiotikum und Zytostatikum)

Welcher Arzt ist zuständig bei Raynaud-Syndrom?

Bei Verdacht auf das Raynaud-Syndrom ist ein Besuch bei der Hausärztin oder dem Hausarzt ratsam. Äußert diese/dieser den Verdacht auf eine Grunderkrankung, wird sie/er gegebenenfalls an einen Rheumatologen, Hämatologen oder Angiologen weiterverweisen.

Diagnose: Gibt es einen Test für das Raynaud-Syndrom?

Da es viele verschiedene Auslöser für das Syndrom gibt, ist es schwierig, einen Test zu festzulegen, der bei allen Menschen gleichermaßen wirksam ist. Es ist daher wichtig, selbst die Symptome zu beobachten und sie im Zweifelsfall der Ärztin/dem Arzt Ihres Vertrauens zu schildern. Oft kann die Diagnose schon aufgrund der Beschreibung im Rahmen der Anamnese (Arzt-Patient-Gespräch) gestellt werden.

Das Raynaud-Syndrom ist normalerweise eine Ausschlussdiagnose, bei der zuvor eine pAVK (periphere arterielle Verschlusskrankheit) oder ein thrombembolischer Verschluss abgeklärt wird.

Die Diagnostik zielt vor allem darauf ab, herausfinden, ob das Syndrom durch eine zugrundeliegende Krankheit ausgelöst wird. Bei einem entsprechenden Verdacht können weitere Untersuchungen, wie ein Blutbild oder andere Laboruntersuchungen, nötig sein.

Wie therapiert man das Raynaud-Syndrom?

Das Raynaud-Syndrom kann man nicht heilen. Im Vordergrund steht daher die symptomatische Therapie. Das Raynaud-Syndrom kann man jedoch sehr gut natürlich behandeln, sodass oft keine Medikamente erforderlich sind. Bei einem sekundären Auftreten kann bei Behandlung der Grunderkrankung das Raynaud-Syndrom verschwinden. 

Zur symptomatischen Therapie gehören folgende Maßnahmen: 

  • Das Tragen von warmen Handschuhen und Schuhen hilft, Kälte zu vermeiden und den anfallsartigen Beschwerden vorzubeugen.
  • Wärmekissen und beheizbare Handschuhe können bei kalten Fingern Abhilfe schaffen. Hierbei gilt es allerdings zu bedenken, dass Kälte auch schmerzbetäubend wirkt und somit etwa Verbrennungen weniger gut wahrgenommen werden können. Zu große Hitze sollte man also vermeiden.
  • Regelmäßige Bewegung der Finger und Zehen fördert die gesunde Durchblutung und produziert zudem noch Wärme.
  • Beim Stillen kann ein Wärmekissen oberhalb der Brustwarze auf die Brust aufgelegt werden.
  • Massagen der Hände oder Füße fördern die Durchblutung.
  • Wenn die Symptomatik in Zusammenhang mit psychischem Stress auftritt, kann es helfen, verschiedene Entspannungsmethoden in den Alltag einzubauen, um die Psyche zu stärken. 
  • Akupunktur soll sowohl eine durchblutungsfördernde als auch eine stresslindernde Wirkung haben, jedoch ist die Studienlage zur Wirksamkeit bislang nicht eindeutig. 

Kann man das Raynaud-Syndrom medikamentös behandeln?

Wenn die Behandlung mit Hausmitteln und entsprechenden Maßnahmen nicht ausreicht, kann der Arzt oder die Ärztin auch Medikamente verschreiben. Ein Therapieversuch besteht darin, Medikamente anzuwenden, welche die Gefäße weitstellen (Vasodilatatoren). Dazu gehören:

  • Alprostadil (Prostaglandin E1)
  • Alpha-Rezeptorenblocker
  • Calciumantagonisten
  • Sildenafil (Viagra®)
  • Iloprost (Prostacyclin)

Die Effektivität von Calciumantagonisten und Alpha-Rezeptorenblockern wurde in den USA in verschiedenen Studien auch bei stillenden Müttern bewiesen.

Das Raynaud-Syndrom mit Homöopathie behandeln

Es gibt auch Versuche, das Raynaud-Syndrom mit homöopathischen Mitteln zu behandeln, beispielsweise mit Silicea (Kieselerde). Hierfür gibt es allerdings keine erwiesene Wirksamkeit.

Kann man das Raynaud-Syndrom durch Ernährung beeinflussen? 

Es gibt verschiedene Lebensmittel, denen ein positiver Effekt auf die Blutgefäße nachgesagt wird. Dazu gehört beispielsweise Kakao. Auch gibt es im Rotwein Substanzen, die zu einer Weitstellung der Blutgefäße beitragen. Hierbei gelten 12 Gramm Alkohol (ca. 0,1 Liter Wein) pro Tag für Frauen als unbedenklich, für Männer gelten die doppelten Werte (24 Gramm Alkohol, entspricht ca. 0,2 Liter Wein) pro Tag. Ob diese Substanzen allerdings tatsächlich einen positiven Einfluss auf das Raynaud-Phänomen haben, ist bislang nicht bewiesen.

Einige andere Lebensmittel bewirken allerdings im Gegenteil eine Verengung der Gefäße, die wiederum die Symptomatik verschlimmern könnte. Diese sollten nach Möglichkeit gemieden werden. Dazu gehören:

  • Kaffee und andere Formen des Koffeins
  • Alkohol in großen Mengen
  • Tierische Lebensmittel mit einem großen Anteil von tierischen Fetten

Auch Nikotin gilt als Auslöser von Durchblutungsstörungen, weshalb Betroffene nicht rauchen sollten.

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