Ärztin untersucht Kind mit Neurodermitis
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Neurodermitis (atopisches Ekzem): Symptome & Therapie

Von: Valerie Burmester (Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 25.05.2022 - 11:45 Uhr

Stark juckende, schuppende Haut mit Rötungen und Abschürfungen, so zeigt sich eine Neurodermitis, auch atopisches Ekzem oder atopische Dermatitis genannt. Häufig beginnt die entzündliche Hauterkrankung schon im frühen Kindesalter und beruhigt sich im Laufe der Pubertät wieder. Es ist möglich, der Erkrankung in der Schwangerschaft und im Säuglingsalter vorzubeugen. Doch wie geht das und welche Ursachen und Auslöser stecken hinter der atopischen Dermatitis? Welche Symptome treten auf und wie lässt sich die Neurodermitis behandeln? Das und mehr erfahren Sie in diesem Artikel.

Was ist Neurodermitis?

Neurodermitis ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung und ist nicht ansteckend. Sie wird auch atopische Dermatitis, atopisches Ekzem oder endogenes Ekzem genannt. Sie gehört zu den atopischen Krankheiten, zu denen auch das Asthma bronchiale und Nahrungsmittelallergien gehören. Häufig treten diese Krankheiten in Kombination miteinander auf.

Die Neurodermitis zeigt sich anhand von Symptomen wie trockener Haut und extremem Juckreiz an den betroffenen Hautstellen. Hinzu kommt ein Ausschlag, ein sogenanntes Ekzem. Es handelt sich dabei um entzündliche Veränderung der Haut. Das Ekzem ist je nach Alter der betroffenen Person an charakteristischen Körperstellen zu finden und unterschiedlich ausgeprägt.

Meist beginnt die Neurodermitis im Kindesalter, häufig bereits mit Milchschorf beim Baby, und verschwindet im Laufe der Pubertät. Ungefähr 60 Prozent der betroffenen Kinder sind im Erwachsenalter beschwerdefrei. Allerdings kann die Neurodermitis auch bei Erwachsenen weiterbestehen. Die Hauterscheinungen treten in Schüben auf. Es gibt verschiedene Auslöser für einen solchen Schub.

Was ist die Ursache von Neurodermitis?

Es ist noch nicht abschließend geklärt, wie die Neurodermitis entsteht. Verschiedene Faktoren spielen aber eine Rolle.

Normalerweise wirkt die Haut als Barriere gegen Umwelteinflüsse und verhindert, dass Bakterien und Fremdstoffe (zum Beispiel Allergene) durch sie hindurch in den Körper eindringen können. Umgekehrt verhindert sie auch, dass zu viel Flüssigkeit über die Haut verloren geht. Bei Menschen mit Neurodermitis ist diese Funktion gestört. Die Haut ist dadurch leichter zu irritieren und trocknet schneller aus.

Außerdem ist das Immunsystem bei atopischen Erkrankungen wie der Neurodermitis verändert. Dadurch kommt es häufiger zu Infekten der Haut und einer veränderten Mischung aus Bakterien, die auf der Haut leben. Diese können im Verlauf der Erkrankungen zu starken Infektionen der Haut führen. Die Veränderungen im Immunsystem bewirkten auch stärkere Entzündungsreaktionen der Haut.

Bei etwa einem Drittel der Menschen mit Neurodermitis richtet sich das Immunsystem zusätzlich gegen körpereigene Bestandteile. In diesen Fällen verhält sich die Neurodermitis wie eine Autoimmunerkrankung. Beteiligt sind dabei unter anderem die sogenannten Zytokine. Das sind Botenstoffe, die Immunreaktionen auslösen können. Dazu zählt auch die Aktivierung von Entzündungszellen.

Die Genetik spielt ebenfalls eine Rolle bei der Entstehung einer Neurodermitis. So sind Kinder von Eltern mit Neurodermitis häufiger ebenso davon betroffen. Aber auch Umweltfaktoren können mit ursächlich für ein atopisches Ekzem sein. Durch ausgeprägte Hygienemaßnahmen in der Kindheit wird das Immunsystem nicht so gut trainiert und neigt dadurch eher zu atopischen Krankheiten.

Was löst Neurodermitis aus?

Es werden zwei Formen der Neurodermitis unterschieden, die intrinsische und die extrinsische Form. Bei der intrinsischen Form liegen keine Allergien vor, die die Symptome – und damit einen Schub – auslösen, bei der extrinsischen Form liegt zumindest eine Sensibilisierung auf bestimmte Faktoren vor. Sensibilisierung heißt, dass das Immunsystem zwar auf ein Allergen reagiert, es muss aber nicht zu typischen Allergiesymptomen kommen. Typische Allergene, die bei der extrinsischen Form als Auslöser wirken, sind:

Unabhängig von diesen Formen gibt es so genannte Triggerfaktoren – Umwelteinflüsse, die das Ekzem verschlimmern können. Hierzu zählen unter anderem:

  • Irritation der Haut (Wollkleidung, starkes Schwitzen, übermäßiges Reinigen der Haut)
  • Kälte
  • Luftfeuchtigkeit oder -trockenheit
  • Stress
  • hormonelle Schwankungen wie beispielsweise in der Schwangerschaft
  • Übergewicht
  • Rauchen
  • Alkoholkonsum

Symptome der Neurodermitis

Die charakteristischen Zeichen einer Neurodermitis sind der Juckreiz, die Hauttrockenheit und das Ekzem, also ein Ausschlag. Je nach Alter ist das Ekzem unterschiedlich ausgeprägt.

Bei Babys und Kleinkindern sind eher das Gesicht und die Streckseiten von Armen und Beinen betroffen. Es sind meistens nässende, gerötete Flecken mit Abschürfungen zu sehen. Zu Beginn zeigt sich häufig eine Milchschorfbildung an der Kopfhaut. Im Gegensatz zu anderen Ausschlägen ist der Windelbereich nicht betroffen.

In der Pubertät zeigt sich das Ekzem meist durch ein trockenes und schuppiges Hautbild. Wenn der Hautausschlag abgeheilt ist, erscheint die Haut in diesem Bereich oft dunkler. Betroffen sind hauptsächlich die Beugeseiten der Arme und Beine, insbesondere die Ellen- und Kniebeugen. Häufig wird die Ausprägung der Neurodermitis in dieser Lebensphase geringer. Es kann sogar zum kompletten Ausheilen der Neurodermitis kommen.

Das Ekzem zeigt sich bei Erwachsenen eher durch kleine, knotige Verdickungen der Haut (Papeln). Sie befinden sich an den Beugeseiten der Extremitäten und im Halsbereich. Das Ekzem kann auch die Hände und Füße sowie das Gesicht, mit den Lippen, Augen oder der Kopfhaut befallen.

Andere Symptome, die in allen Altersstufen auftreten können, sind:

  • Schuppung der Finger- und Zehenkuppen ("Winterfuß")
  • Einrisse der Mundwinkel und Ohrläppchen
  • Ekzem der Brustwarzen
  • Ekzeme nach Sonneneinstrahlung

Komplikationen bei Neurodermitis

Im Verlauf der Erkrankung kann es zu Komplikationen kommen. Die Hautabschürfungen im Bereich der Ekzeme können sich durch Bakterien oder Viren infizieren. Eine Infektion zeigt sich durch eine Veränderung des Ekzems (zum Beispiel Bläschen oder Warzen) und kann Fieber und sogar eine Sepsis ("Blutvergiftung") hervorrufen.

Manchmal sind auch die Augen von der Neurodermitis betroffen. Es kann zum grünen Star, Netzhautablösungen oder Veränderungen der Hornhaut kommen. Es ist daher wichtig, der*dem Ärztin*Arzt von entsprechenden Symptomen zu berichten.

Diagnose: Welche Untersuchungen werden gemacht?

Die charakteristischen Hautveränderungen der Neurodermitis führen den*die Arzt*Ärztin häufig schon auf den richtigen Weg zur Diagnose. Allerdings muss immer auch an andere Ekzemerkrankungen wie beispielsweise die Schuppenflechte (Psoriasis), ein allergisches Kontaktekzem oder andere Dermatitiserkrankungen gedacht werden, und diese müssen zunächst ausgeschlossen werden.

Im Weiteren ist es wichtig, auslösende Faktoren für den Neurodermitisschub und mögliche Allergien herauszufinden. Hierzu ist zum einen das Arztgespräch (Anamnese) ein wichtiger Bestandteil der Diagnostik. Zum anderen wird eine Allergietestung durchgeführt. Dazu wird Blut abgenommen und im Blut die Menge bestimmter Antikörper (IgE) und weißer Blutkörperchen (eosinophile Granulozyten), die bei Neurodermitis erhöht sind, ermittelt.

Außerdem wird ein Prick-Test durchgeführt. Hierbei werden bestimmte Antigene auf die Haut aufgetragen und nach einer gewissen Zeit wird die Reaktion der Haut beurteilt. Ist ein Mensch gegen eines der Antigene allergisch, zeigt sich eine entsprechende allergische Reaktion mit Rötung, eventuell Bläschen und Juckreiz der Haut. Bei Allergien gegen Nahrungsmittel führte der*die Arzt*Ärztin einen Provokationstest durch, bei dem die betroffene Person das entsprechende Nahrungsmittel zu sich nimmt und die Reaktion darauf beobachtet wird.

Menschen, die zu atopischen Krankheiten wie Neurodermitis oder Asthma bronchiale neigen, haben zum Teil bestimmte körperliche Merkmale (sogenannte Stigmata), die sie von nicht-atopischen Menschen unterscheiden. Hierzu zählen:

  • weißer Dermographismus (nach dem Kratzen wird die Haut an dieser Stelle weiß und nicht rot)
  • eine doppelte Falte des unteren Augenlids
  • die Augenbrauen dünnen sich zur Seite hin aus
  • Gesichtsblässe mit dunklen Augenringen

Behandlung: Was hilft gegen Neurodermitis?

Die Behandlung einer Neurodermitis kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen. Im Folgenden werden einige der möglichen Therapieoptionen und Pfeiler der Behandlung vorgestellt.

Allergene meiden

Ganz wichtig bei der Therapie von Neurodermitis ist es, auslösende Faktoren und Allergene zu meiden und die Krankheit so nicht weiter aktiv zu halten. Hierbei helfen beispielsweise das direkte Duschen nach dem Schwitzen, das Tragen von Baumwollklamotten, regelmäßiges Staubwischen, Hausstaubmilbenschutzbezüge für das Bettzeug und der Verzicht auf Nahrungsmittel, auf die man allergisch reagiert.

Für bestimmte Allergien ist eine Hyposensibilisierung (Allergen-Immuntherapie) möglich. Hierbei werden der betroffenen Person in regelmäßigen Abständen kleine Mengen des Allergens verabreicht. Das Immunsystem soll so lernen, dass es sich um einen ungefährlichen Stoff handelt. Diese Methode wird bei Menschen mit allergischem Schnupfen oder Asthma eingesetzt und soll verhindern, dass andere atopische Krankheiten entstehen.

Hautpflegende und medizinische Cremes

Ein wichtiger Teil der Behandlung des atopischen Ekzems besteht in Cremes oder Salben. Unabhängig vom Schweregrad der Neurodermitis ist die Hautpflege mit feuchtigkeitsspendenden Mitteln wichtig. In Apotheken und Drogerien gibt es Bodylotions mit Harnstoff (Urea), Paraffinen oder Glycerin zu kaufen. Auch Badezusätze oder feuchte Umschläge mit diesen Wirkstoffen helfen, die Hauttrockenheit zu lindern.

Zur Linderung des Juckreizes kann zum Beispiel Fenistil® auf die Haut aufgetragen werden. Desinfizierende Cremes (zum Beispiel zinkhaltig oder mit Gerbstoffen) helfen bei einer Infektion. Bei schlimmeren Infektionen können auch Antibiotikacremes zum Einsatz kommen.

Ist die Haut nicht nur trocken, sondern zeigt sich auch ein Ekzem, werden von dem*der behandelnden Arzt*Ärztin glucocorticoidhaltige Cremes verschrieben, die während eines Schubes bei Neurodermitis gut wirken. Die schwächste Form dieser Cremes ist das Hydrocortison. Durch die Anwendung auf der Haut kommt es so gut wie nie zu den typischen Nebenwirkungen einer Kortisontherapie, allerdings kann die Haut bei längerer Anwendung angegriffen werden.

Phototherapie

Ein anderer Therapieansatz ist die sogenannte Phototherapie. Hierbei werden gezielt UV-Strahlen eingesetzt, um die Ekzeme zur Ausheilung zu bringen. Durch die Therapie wird jedoch das Risiko für Hautkrebs erhöht und die Haut muss regelmäßig auf entsprechende Veränderungen geprüft werden.

Immunsuppression

Bleibt die Neurodermitis allen Therapieversuchen zum Trotz bestehen und weiterhin stark ausgeprägt, kann eine Unterdrückung des Immunsystems (Immunsuppression) erfolgen, beispielsweise durch Kortisontabletten. Da diese Art der Behandlung aber große Risiken birgt, sollte sie nur bei sehr ausgeprägten Schüben erfolgen, oder wenn alle anderen Therapieversuche versagt haben.

Neben Kortison kann auch der Wirkstoff Ciclosporin zur Immunsuppression eingesetzt werden. Er hemmt die Wirkung von Zytokinen und damit von Entzündungsreaktionen. Ciclosporin wird per Injektion verabreicht und kann zur Kurzzeittherapie oder im Rahmen einer Langzeittherapie (dann in möglichst niedriger Dosierung) genutzt werden.

Weitere Medikamente zur systemischen Therapie

Neben den reinen Immunsuppressiva können auch andere Medikamente zur systemischen, also den ganzen Organismus betreffenden, Behandlung von Neurodermitis zum Einsatz kommen. Dazu gehören zum einen Biologika, genauer die Wirkstoffe Dupilumab und Tralokinumab. Sie zählen zu den monoklonalen Antikörpern. Beide behindern die Wirkung der Zytokine, wodurch die Entzündungen gehemmt werden sollen.

Eine weitere Methode zur systemischen Therapie sind die sogenannten Januskinase-Hemmer (JAK-Inhibitoren). Diese reduzieren die Bildung eines bestimmten Enzyms, welches an der Entstehung von Entzündungsprozessen beteiligt ist.

Umwelt und Ernährung

Wie auch beim Asthma bronchiale kann bei Neurodermitis sogenanntes Reizklima helfen. Infrage kommen Aufenthalte am Meer oder im Hochgebirge. Hierbei scheint es sowohl eine Rolle zu spielen, die üblichen Allergene zu meiden als auch dem Alltagsstress zu entfliehen.

Stressvermeidung, das Rauchen aufzugeben und Alkohol nur in Maßen zu genießen, erwirken ebenfalls einen Rückgang der Symptome.

Eine besondere Ernährung wird bei Neurodermitis nicht empfohlen. Es gilt jedoch, Nahrungsmittel zu vermeiden, auf die man allergisch reagiert oder die einen Schub auslösen können.

Einer Neurodermitis vorbeugen

Während der Schwangerschaft und im Säuglingsalter gibt es Faktoren, die die Entstehung einer Neurodermitis fördern beziehungsweise ihr entgegenwirken können.

Schützend wirken hierbei:

  • Ausgewogenen Ernährung in der Schwangerschaft
  • Alkohol- und Nikotinverzicht in der Schwangerschaft
  • Stillen in den ersten vier Monaten
  • Ab dem fünften Lebensmonat schrittweise an Beikost zusätzlich zur Muttermilch gewöhnen
  • Hautpflege mit allergenfreien Cremes (insbesondere in den ersten acht Lebensmonaten)
  • Impfungen wie von der Ständigen Impfkommission (STIKO) empfohlen

Vermieden werden sollten:

  • Einatmen von Schimmel, Tabakrauch und Autoabgasen
  • Katzenhaltung (bei Kindern, in deren Familien atopische Krankheiten vorkommen)
  • Übergewicht

Auch wenn diese Faktoren nicht dazu beitragen können, eine Neurodermitis in jedem Fall zu verhindern, so können sie doch häufig helfen, das Risiko ihrer Entstehung zu reduzieren.