Mann mit Gliederschmerzen
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Gliederschmerzen: Was sind die Ursachen & was tun?

Von: Nathalie Blanck (Ärztin und Medizinautorin), Jasmin Rauch (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 03.11.2022 - 17:09 Uhr

Kopf- und Gliederschmerzen sind bei einer Erkältung ein beinahe unzertrennliches Duo, unter dem jeder Mensch mal leidet. Doch Gliederschmerzen können auch andere Ursachen haben. Je nach Auslöser sind entweder alle Gliedmaßen oder nur die Arme oder Beine betroffen. Welche Gründe gibt es, was steckt eigentlich hinter schmerzenden Gliedern und was können Sie dafür tun, dass Sie sich bald wieder schmerzfrei bewegen können?

Was sind Gliederschmerzen?

Als Gliederschmerzen werden Schmerzen in den Armen oder Beinen bezeichnet. Es handelt sich um einen Überbegriff, der im allgemeinen Sprachgebrauch für Muskel-, Knochen- und/oder Gelenkschmerzen verwendet wird.

Gliederschmerzen können vorübergehend vorkommen, zum Beispiel als Begleitsymptom einer Erkältung, oder einen chronischen Charakter haben – dann betreffen sie häufig nur eine einzelne Extremität und weisen auf eine behandlungswürdige Grunderkrankung hin.

Wie fühlen sich Gliederschmerzen an?

Gliederschmerzen können sich sehr unterschiedlich anfühlen – manchmal sind sie schwach und stören kaum, ein anderes Mal sind sie sehr stark und beeinträchtigen den Alltag massiv. Meist wird das Gefühl als ziehend oder stechend beschrieben, sie entwickeln sich oft schleichend. Sie können entweder nur an den Beinen oder den Armen oder aber auch an beiden gleichzeitig vorkommen.

Welche Ursachen haben Gliederschmerzen?

Gliederschmerzen treten als Symptom bei den verschiedensten Erkrankungen auf, angefangen bei einer einfachen Erkältung über Vergiftungen bis hin zu schweren Störungen des Nervensystems. Sie entstehen dabei über unterschiedliche Mechanismen, betreffen teils alle Gliedmaßen, teils nur einen Arm oder ein Bein und dauern unterschiedlich lange an. Um die Ursache zu ermitteln, können auch Begleitsymptome von Bedeutung sein.

Häufigste Ursache von akuten Gliederschmerzen: Infektionen

Die meisten von uns kennen Gliederschmerzen wohl im Zusammenhang mit einer Erkältung, also einem grippalen Infekt. In der Regel treten dann auch andere typische Symptome wie Erschöpfung und ein allgemeines Krankheitsgefühl, Fieber, Kopfschmerzen oder Husten auf.

Daneben können Gliederschmerzen aber auch bei anderen viralen oder bakteriellen Infektionskrankheiten als Begleitsymptom auftreten. Dazu gehören zum Beispiel die durch das Coronavirus ausgelöste Erkrankung COVID-19, Masern, Mumps oder die durch Zeckenbisse übertragene Krankheit FSME.

Die Schmerzen kommen in diesen Fällen dadurch zustande, dass das Immunsystem gegen die Infektion ankämpft und bestimmte Botenstoffe, sogenannte Prostaglandine, ausgesendet werden. Diese regen das Immunsystem an, lösen aber auch Entzündungen aus und können schmerzverstärkend wirken. In den meisten Fällen sind alle Gliedmaßen betroffen, nach Abklingen der Infektion lassen auch die Begleitsymptome nach.

Weitere Ursachen – Gliederschmerzen ohne Fieber oder Erkältung

Neben Infektionskrankheiten können auch andere akute oder chronische Erkrankungen, Verletzungen oder Überbelastungen durch sportliche Aktivitäten schmerzende Glieder auslösen. Unter anderem kommen als mögliche Ursachen von akuten Gliederschmerzen infrage:

  • Prämenstruelles Syndrom (PMS): Viele Frauen leiden einige Tage vor ihrer Regelblutung an PMS, das vermutlich durch ein hormonelles Ungleichgewicht entsteht. Dabei kann es auch zu Gliederschmerzen kommen.
  • Störungen der Durchblutung: Eine Verstopfung von Blutgefäßen durch ein Blutgerinnsel (Embolie oder Thrombose), tritt besonders oft in den Beinvenen auf, kann aber auch in den Blutgefäßen der Arme oder anderer Bereiche des Körpers entstehen. Ein mögliches Symptom sind unter anderem Schmerzen an der betroffenen Stelle. Bei Verdacht auf eine Durchblutungsstörung sollten Sie umgehend ärztlichen Rat suchen.
  • Verletzung oder Überlastung: Eine Überbelastung beim Sport (Muskelkater) oder leichte Verletzungen (wie eine Prellung), die etwa bei sportlichen Aktivitäten, Stürzen oder Unfällen, entstanden sind, können Gliederschmerzen auslösen.
  • Fehlbelastungen: Fehlerhafte Belastungen der Muskeln und Gelenke, beispielsweise durch langes Sitzen am Schreibtisch oder unbequeme Schuhe, kann Schmerzengefühle in den Gliedern auslösen.
  • Bandscheibenvorfall: Beim Bandscheibenvorfall können die starken Schmerzen vom Rücken bis in die Extremitäten abstrahlen. Ebenso können Gefühlsstörungen auftreten. Auch hier sollte ärztlicher Rat gesucht werden.
  • Impfungen: In etwa zehn Prozent der Fälle treten Gliederschmerzen nach einer Impfung auf. Die Beschwerden sind dann ebenfalls auf die Reaktion des Immunsystems zurückzuführen.

Gliederschmerzen nur in den Beinen

Treten die Schmerzen nur in den Beinen auf, ist meist der Ischiasnerv, der vordere Oberschenkelnerv (der Nervus femoralis) oder der Plexus lumbalis, ein Nervengeflecht in der Lendenregion der Wirbelsäule, der Auslöser. Schädigungen dieser Strukturen können zum Beispiel durch einen Bandscheibenvorfall, Infektionen, Operationen oder zu starke Kompression durch Gipsverbände oder auch Tumoren hervorgerufen werden.

Eine weitere mögliche Ursache für Gliederschmerzen in den Beinen ist die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK). Bei der pAVK, auch Schaufensterkrankheit genannt, kommt es durch Ablagerungen zu einer Verengung der Hauptschlagader. Die Schmerzen treten zunächst nur unter Belastung auf, in einem fortgeschritteneren Stadium der Erkrankung machen sie sich auch in Ruhe bemerkbar.

Daneben kommt es beim Sport bisweilen zu einer Zerrung der Adduktorenmuskeln. Diese verlaufen an der Innenseite der Oberschenkel. Sind sie gezerrt, kommt es zu einem Druckgefühl und ziehenden Schmerzen. Auch Verletzungen an der Achillessehne können bis ins betroffene Bein ausstrahlen. Aber auch ein gewöhnlicher Muskelkater tritt nach dem Sport häufig in den Beinen auf.

Hinter einem Brennen, Kribbeln und Ziehen, welches von einem permanenten Bewegungsdrang begleitet ist, kann auch das Restless-Legs-Syndrom stecken. Dabei treten die Symptome entweder nur abends und nachts auf, oder sie verschlimmern sich zu dieser Tageszeit.

Bei Kindern zwischen drei und zwölf Jahren sind für nächtliche Gliederschmerzen in den Beinen häufig sogenannte Wachstumsschmerzen verantwortlich. Wie diese entstehen, ist bisher unklar. Bei Jugendlichen kann es im Rahmen des Knochenwachstums zu einer Überbelastung von Sehnen und Bändern kommen. Vor allem die Fersen und Knie sind oft betroffen, wobei die Schmerzen vom Knie bis ins Schienbein ausstrahlen können.

Nur die Arme schmerzen

Länger andauernde Schmerzreize in den Armen weisen auf eine Neuralgie (Nervenschmerzen, zum Beispiel durch eine Einklemmung) oder eine Neuritis (Nervenentzündung) des Plexus brachialis hin; dieses Nervengeflecht ist für die Versorgung unserer Schultern und Arme zuständig.

Auch beim Karpaltunnelsyndrom treten Armschmerzen auf. Dabei wird durch Druck ein bestimmter Armnerv (der Nervus medianus) geschädigt. Eine weitere mögliche Ursache ist eine Sehnenscheidenentzündung, bei der es an den Händen, den Handgelenken sowie an den Unterarmen zu Problemen kommen kann.

Auch im Arm können Muskelkater oder Sportverletzungen hinter den Beschwerden stecken. Ein sogenannter Tennisellenbogen (Tennisarm) ist eine häufig auftretende Sportverletzung, bei der sich die Schmerzen ziehend und brennend anfühlen. Sie können auf die Außenseite des Ellenbogens beschränkt sein, aber auch auf den gesamten Arm ausstrahlen.

Was steckt hinter chronischen Gliederschmerzen?

Bestehen Gliederschmerzen über mehrere Monate, spricht man von chronischen Gliederschmerzen. Diese sind seltener als akute Gliederschmerzen, können die betroffenen Personen aber dafür umso stärker belasten.

Mögliche Ursachen sind beispielsweise:

  • Arthrose: Die degenerative Knorpelerkrankung kann an jedem Gelenk des Körpers entstehen. Bevorzugt tritt sie an Hüfte, Knien und Händen auf.
  • Gicht: Bei der Stoffwechselerkrankung sind besonders häufig die Beine sowie Zehen- und Fußgelenke betroffen.
  • Rheuma: Dabei handelt es sich um einen Oberbegriff für viele verschiedene Erkrankungen. Je nach Art des Rheumas können Knochen, Knorpel oder Weichteile wie Muskeln oder Sehnen weh tun.
  • Fibromyalgie: Bei einer Fibromyalgie kommt es zu brennenden, dumpfen oder ziehenden Schmerzen, die an Muskelkater erinnern. Sie können die Glieder betreffen, aber auch an anderen Stellen des Körpers, wie im Gesicht oder am Rücken, auftreten.
  • Polyneuropathie: Bei dieser Erkrankung können alle Nerven erkrankt sein, die zum peripheren Nervensystem gehören. Ursachen sind zum Beispiel ein fortgeschrittener Diabetes mellitus, starker Alkoholmissbrauch oder eine schwere Schädigung der Nierenfunktion (Urämie). Oft kommt es zuerst zu einem Kribbeln oder Brennen, später dann zu Schmerzen in den Gliedern. Ist nur ein Nerv betroffen, bezeichnet man dies als Neuropathie.
  • Osteoporose: Die umgangssprachlich auch als "Knochenschwund" bezeichnete Erkrankung kann sich auch in Form von Gliederschmerzen äußern.
  • Raynaud-Syndrom: Weniger häufig ist das Raynaud-Syndrom als Durchblutungsstörung der Hände und Füße die Ursache für die Gliederschmerzen.
  • Myalgische Enzephalomyelitis/Chronisches Fatigue-Syndrom (ME/CFS): Neben vielen anderen Symptomen wie chronischer Müdigkeit und Erschöpfung können bei ME/CFS auch schmerzende Muskeln auftreten.

Was tun gegen Gliederschmerzen?

Die Behandlung von Gliederschmerzen durch den*die Arzt*Ärztin richtet sich nach der jeweiligen Ursache. Treten die Gliederschmerzen beispielsweise im Zusammenhang mit einer Erkältung oder nach dem Sport auf, können auch Hausmittel helfen. Wenn die Ursache nicht bekannt ist, wenn die Schmerzen sehr stark sind oder wenn eine ernste Grunderkrankung, etwa eine Polyneuropathie, ein Bandscheibenvorfall oder eine schwere Infektion, vorliegen könnte, sollte aber unbedingt ärztlicher Rat gesucht werden.

Hausmittel bei Gliederschmerzen

Wenn Sie "nur" an einer lästigen Erkältung, Muskelkater oder PMS leiden, gibt es viele Möglichkeiten, wie Sie aktiv zu Ihrer Genesung beitragen können.

Je nachdem, ob Sie eher das Bedürfnis nach Kälte oder Wärme haben, können Sie sich mit Bädern, Wickeln oder Tee etwas Gutes tun. Ein warmes Bad kann bei Gliederschmerzen Wunder wirken, schon die Wärme wirkt lindernd und wohltuend.

Wahlweise können Sie dem Badewasser noch verschiedene Zusätze beigeben, um die Wirkung zu verstärken:

  • kochen Sie 400 Gramm Birkenblätter, 500 Gramm Brennnesselblätter oder 500 Gramm Fichtennadeln für zehn Minuten in zwei Litern Wasser
  • seihen Sie den Sud ab (gießen Sie ihn durch ein Sieb oder Tuch) und geben Sie ihn in das warme Badewasser
  • eine Badezeit von 15 Minuten ist ausreichend

Die Wirkstoffe der Heilpflanzen verbessern die Durchblutung und lindern so die Gelenkschmerzen. Sie erhalten die Zutaten in jeder Apotheke.

Bei Fieber oder Kreislaufbeschwerden im Rahmen eines Infekts sollten Sie aber lieber auf wärmende Umschläge oder Wärmekissen zurückgreifen, um den Organismus nicht noch zusätzlich zu belasten. Auch bei Gliederschmerzen durch Muskelkater kann Wärme helfen, die Durchblutung an den betroffenen Stellen und damit auch die Heilung zu fördern.

Manchen Menschen hilft bei Gliederschmerzen, die aufgrund eines grippalen Infekts oder einer Grippe entstehen, auch ein kalter Wickel. Dies gilt vor allem bei erhöhter Temperatur oder Fieber. Betroffene haben kein Bedürfnis nach Wärme, sondern das Gefühl zu verglühen. Tauchen Sie dann ein Tuch in etwa 20 Grad kaltes Wasser (das entspricht der Temperatur von Wasser aus dem Wasserhahn), wringen Sie es gut aus und wickeln Sie es je nach betroffener Stelle beispielsweise um das Knie oder die Wade. Darüber kommt ein trockenes Handtuch. Wickel werden am besten im Liegen angewendet und sollten etwa 10 bis 15 Minuten an Ort und Stelle bleiben. Der kühle Wickel erwärmt sich und führt zu einer besseren Durchblutung, was die Beschwerden lindert.

Sind Fehlhaltungen oder Fehlstellungen – beispielsweise der Füße – ursächlich, können entsprechende Übungen zur Stärkung betroffener Muskelpartien oder orthopädische Hilfsmittel, wie Einlagen, dabei helfen, die Beschwerden zu lindern. Generell empfiehlt es sich bei einer sitzenden Tätigkeit, als Ausgleich schonende Sportarten, wie Schwimmen, Yoga oder Walking auszuüben.

Medikamente zur Behandlung von Gliederschmerzen

Die Wirkstoffe Acetylsalicylsäure (ASS) und Ibuprofen (hemmen die Wirkung der bereits erwähnten schmerzauslösenden Prostaglandine) wirken zugleich schmerzstillend und entzündungshemmend, was bei einer Erkältung hilfreich ist. Wenn Sie zusätzlich Fieber haben, ist Paracetamol zur Behandlung nützlich, es wirkt schmerzlindernd und fiebersenkend. Diese Medikamente sollten Sie jedoch ohne ärztliche Verordnung nicht länger als drei Tage am Stück einnehmen. Bessern sich die Beschwerden in dieser Zeit nicht, sollten Sie ärztlichen Rat suchen.

Mittel aus der Homöopathie

Auch die Homöopathie kennt Mittel gegen Gliederschmerzen. Bei Rheuma und erkältungsbedingten Gliederschmerzen kann beispielsweise Eupatorium perfoliatum, ein Homöopathikum aus Wasserhanf, zum Einsatz kommen. Rhus toxicodendron, ein Mittel, das aus verschiedenen Sumach-Arten hergestellt wird, wird bei Gliederschmerzen angewendet, die durch eine Grippe ausgelöst werden.