Lymphozyten im Blut (Illustration)
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Lymphozyten erhöht oder zu niedrig? Das sagt der Wert aus!

Von: Valerie Burmester (Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 16.05.2022 - 18:09 Uhr

Unser Immunsystem ist ständig im Einsatz, um schädliche Keime zu bekämpfen und uns vor Krankheiten zu schützen. Eine wichtige Rolle hierbei spielen die Lymphozyten, die Krankheitserreger erkennen und bei ihrer Abwehr helfen. Hauptsächlich findet man die Lymphozyten in den sogenannten lymphatischen Organen, einem wichtigen Teil des Immunsystems, aber ein Teil von ihnen zirkuliert auch im Blut, wo ihr Anteil gemessen werden kann. Wie Lymphozyten funktionieren und was der Lymphozyten-Wert aussagt, erklären wir Ihnen hier.

Was sind Lymphozyten?

Die Lymphozyten gehören zu den weißen Blutkörperchen, den Leukozyten, und machen ungefähr 20 bis 45 Prozent der Leukozyten im Blut aus.

Größtenteils halten sich Lymphozyten jedoch in den sogenannten sekundär lymphatischen Organen auf. Dazu zählen:

  • Milz
  • Lymphknoten
  • Schleimhaut-assoziiertes lymphatisches Gewebe (MALT) – das ist ein Gewebe, das unter der Schleimhaut verschiedener Organe liegt und dort der Immunabwehr dient. Dieses Gewebe findet sich an verschiedenen Stellen des Körpers und enthält Lymphozyten.

Lymphozyten in der oberflächlichen Schicht (im Epithel) der Darmschleimhaut werden auch intraepitheliale Lymphozyten genannt. Ihre Funktion ist nicht genau geklärt. Sie sind im Rahmen einer Zöliakie (auch Sprue genannt) erhöht.

Es lassen sich B-Lymphozyten von T-Lymphozyten unterscheiden. Diese Namen gehen auf den Ort zurück, an dem die Zellen gebildet werden: B-Lymphozyten entstehen im Knochenmark (Englisch: bone marrow) und T-Lymphozyten im Thymus. Diese beiden Regionen des Körpers werden als primär lymphatische Organe bezeichnet.

Die Aufgabe der B- und T-Lymphozyten ist es, Krankheitserreger zu erkennen und zu bekämpfen. Sie gehören zum erworbenen Immunsystem, das sich erst im Laufe der Jahre und durch Kontakt zu kleinesten Partikeln aus unserer Umgebung entwickelt. Anders als die Zellen des angeborenen Immunsystem (zum Beispiel Granulozyten und Monozyten) spezialisieren sich Lymphozyten auf bestimmte Antigene, die sie erkennen und bekämpfen können. Antigene sind kleinste Strukturen – meist Proteine – auf und in fremden Zellen und Krankheitserregern.

Auch die sogenannten natürlichen Killerzellen (NK-Zellen) zählen zu den Lymphozyten. Sie sind allerdings Teil des angeborenen Immunsystems.

Wie funktioniert die Immunabwehr durch Lymphozyten?

In den sogenannten primär lymphatischen Organen, Knochenmark und Thymus, werden T- und B-Lymphozyten gebildet und reifen heran. Gereifte Lymphozyten zirkulieren im Blut und verweilen in den sekundär lymphatischen Organen (Milz, Lymphknoten und lymphatisches Gewebe der Schleimhäute; MALT). Sie "patrouillieren" also gewissermaßen in unterschiedlichen Bereichen des Körpers und stehen dort für die Immunabwehr bereit.

Auf ihrer Oberfläche besitzen Lymphozyten Rezeptoren, mit denen sie Antigene erkennen können. Jeder Lymphozyt ist spezialisiert auf ein Antigen. Wenn er dem entsprechenden Antigen begegnet und es bindet, wird der Lymphozyt aktiviert und beginnt, sich zu vermehren.

Nach ihrer Aktivierung können T-Lymphozyten zwei Funktionen haben: Entweder helfen sie anderen Zellen bei der Bekämpfung von Erregern, sie heißen dann auch T-Helferzellen, oder sie führen den Zelltod von infizierten Zellen herbei.

Dahingegen sind die B-Lymphozyten für die Herstellung von Antikörpern zuständig: Ein Teil ihrer Rezeptoren (der sogenannten B-Zell-Rezeptoren) sind Antikörper (Immunglobuline), die an Antigene binden können. Nach ihrer Aktivierung werden die Antikörper der B-Lymphozyten noch besser auf das Antigen abgestimmt. Im nächsten Schritt produzieren die B-Lymphozyten diese Antikörper und geben sie in ihre Umgebung ab. Sie heißen jetzt Plasmazellen. Die Antikörper binden das Antigen und sorgen so dafür, dass es abgebaut wird und dem Körper keinen Schaden zufügen kann.

Beide Lymphozyten-Arten bilden nach einer Infektion sogenannte Gedächtniszellen aus. So können sie bei einem neuen Kontakt mit dem gleichen Erreger schneller reagieren und mit der Bekämpfung beginnen. Der gleiche Effekt wird beispielsweise auch durch eine Impfung erreicht.

Wann und wie bestimmt man den Lymphozyten-Wert?

Die Lymphozyten werden im Rahmen eines großen Blutbildes bestimmt. Diese Untersuchung erfolgt beispielsweise, wenn der Verdacht auf eine Infektion, eine Autoimmunerkrankung oder Probleme mit der Blutbildung besteht. Auch Entzündungen haben zur Folge, dass die Zahl an Leukozyten (und damit auch Lymphozyten) plötzlich ansteigt, weshalb der Blutwert auch häufig bei Verdacht auf eine Entzündung bestimmt wird.

Man bezeichnet diese Analyse auch als Differentialblutbild. Meist wird dabei ein Tropfen Blut unter dem Mikroskop untersucht. Dabei kann man nicht nur die Anzahl der Lymphozyten, ihr Verhältnis zu dem Leukozyten insgesamt und sowie ihren Zustand und ihre Form bestimmen. Auch andere Blutwerte, wie die Erythrozyten oder Thrombozyten, können auf diese Weise ermittelt werden.

Was ist ein normaler Lymphozyten-Wert?

Die Lymphozyten (auch: "Lymphos") werden im Blutbild bestimmt. Angeben wird dabei entweder die Anzahl der Lymphozyten absolut pro Mikroliter Blut (Alternativ: pro Liter oder Nanoliter) oder ihr Anteil an den Leukozyten (relativ). Die Normwerte variieren je nach Alter und können von Labor zu Labor unterschiedlich hoch angesetzt werden. In folgender Tabelle sind einige Normwerte zusammengefasst:

AlterLymphozyten-Anteil (in Prozent)Lymphozyten absolut (pro μl)
< 2 Jahre40-702.000-17.000
2-5 Jahre20-701.700-5.900
6-16 Jahre20-501.000-5.300
ab 17 Jahre20-451.000-3.600

Lymphozytose – wenn die Lymphozyten im Blut erhöht sind

Ist der Lymphozyten-Wert im Blut zu hoch, spricht man von einer Lymphozytose. Diese kann relativ sein, wenn der Anteil der Lymphozyten im Erwachsenenalter über 50 Prozent liegt, oder absolut, wenn die Lymphozyten-Zahl im Erwachsenenalter über 4.000 pro Mikroliter (entspricht 4 pro Nanoliter) liegt.

Der erhöhte Wert deutet darauf hin, dass das Immunsystem gegen eine Infektion kämpft. Allerdings können auch bestimmte Blutkrebsarten erhöhte Lymphozyten hervorrufen. Sind die Lymphozyten zusätzlich in ihrem Erscheinungsbild verändert, spricht man von einer atypischen Lymphozytose.

Ursachen für eine erhöhte Lymphozyten-Zahl können beispielsweise sein:

Meist lassen sich erhöhte Lymphozyten-Werte durch die Behandlung der zugrundeliegenden Erkrankung senken.

Wann ist die Lymphozyten-Zahl zu niedrig?

Bei zu niedrigen Lymphyzyten-Zahlen spricht man von einer Lymphozytopenie oder Lymphopenie. Auch diese kann relativ (Lymphozyten-Anteil unter 20 Prozent) oder absolut (Lymphozyten-Zahl unter 1.000 pro Mikroliter beziehungsweise 1 pro Nanoliter) sein.

Eine Lymphozytopenie ist ein Anzeichen dafür, dass das Immunsystem geschwächt ist. Der Körper ist somit anfälliger für Krankheiten, was erniedrigte Lymphozyten-Werte besorgniserregend macht. Für niedrige Lymphozyten gibt es verschieden Gründe:

Medikamente, die das Immunsystem unterdrücken (Immunsuppressoren)

Auch im Rahmen einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 kann es zu niedrigen Lymphozyten-Zahlen kommen. Weltweit ist die häufigste Ursache für zu wenig Lymphozyten eine Eiweißmangelernährung.

Um die Lymphozyten-Zahl zu erhöhen, muss die zugrundeliegende Krankheit behandelt werden. Ist ein Medikament schuld an den niedrigen Lymphozyten, muss der*die behandelnde Arzt*Ärztin den Nutzen und die Risiken der Therapie abwägen und diese gegebenenfalls anpassen.

Autoimmunerkrankungen und Lymphozyten

Wie schon erwähnt, können bestimmte Autoimmunerkrankungen die Lymphozyten-Zahl verändern. Allerdings spielen Lymphozyten auch bei der Entstehung mancher Autoimmunerkrankungen eine Rolle. So wird die Hashimoto-Thyreoiditis, eine Erkrankung der Schilddrüse, durch T-Lymphozyten hervorgerufen und auch die rheumatoide Arthritis entwickelt im Verlauf der Erkrankung autoimmune Züge, die durch T-Lymphozyten entstehen. Forschende haben außerdem herausgefunden, dass eine bestimmte angeborene Lymphozyten-Art (ILC2) schützend gegen rheumatoide Arthritis wirken kann.1

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