Affenpocken an der Hand
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Affenpocken: Wie gefährlich ist das Virus?

Von: Silke Schwertel (geb. Hamann) (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 06.01.2023 - 10:22 Uhr

In Europa und vielen anderen Ländern der Welt wurde im Jahr 2022 eine plötzliche Ausbreitung der Affenpocken (Mpox) verzeichnet. Anfang Mai hatte die UK Health Security Agency (UKHSA), also die englische Gesundheitsbehörde, den ersten Fall von Affenpocken registriert. Die erkrankte Person soll sich in Nigeria angesteckt haben und anschließend nach Großbritannien gereist sein. Nur wenige Tage später wurden weitere Fälle bekannt – zuerst in England, dann auch in anderen Ländern auf verschiedenen Kontinenten sowie in Deutschland. Was ist das für ein Virus und wie gefährlich ist die Erkrankung? Welche Symptome treten auf und wie erfolgt die Ansteckung? Infos zu dem Virus, der Impfung sowie eine Übersicht der Fallzahlen in Deutschland und anderen Ländern finden Sie hier.

Was sind Affenpocken?

Bei Affenpocken handelt es sich um eine sehr seltene, pockenähnliche Erkrankung, die durch Viren verursacht wird. Der Erreger wird als Monkeypox-Virus (MPXV) oder Affenpockenvirus (Orthopoxvirus simiae) bezeichnet und kommt vor allem in West- und Zentralafrika vor. Das Virus ist eng verwandt mit dem Variola-Virus, dem Erreger der Pocken.

Entdeckt wurde das Virus im Jahr 1958 bei Affen – daher der Name. 1970 wurde eine Infektion mit dem Erreger erstmals bei Menschen nachgewiesen. Um Missverständnisse oder eine Stigmatisierung zu vermeiden, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) beschlossen, der Erkrankung und ihren Virusvarianten einen neuen Namen zu geben. Diese Bezeichnung lautet Mpox.

Wie gefährlich sind Affenpocken?

Im Gegensatz zu Pocken verläuft eine Infektion mit Affenpocken deutlich seltener tödlich. Die Sterblichkeit wird (je nach Quelle und Virusvariante) mit ein bis elf Prozent angegeben. Die WHO spricht von drei bis sechs Prozent, wobei die realen Zahlen aufgrund der schlechteren Diagnosemöglichkeiten in den üblicherweise betroffenen Regionen vermutlich niedriger liegen. Besonders Kinder und Menschen mit Immunschwäche sind gefährdet, an der Infektion zu versterben.

Bei Schwangeren kann die Erkrankung zu Komplikationen oder Fehlgeburten führen. Es besteht zudem das Risiko von Binde- oder Hornhautentzündungen bis hin zur Erblindung. Weitere mögliche Komplikationen sind Lungenentzündungen, Hirnhautentzündungen oder bakterielle Hautinfektionen. Darüber hinaus können nach Abheilung des Hautausschlags Narben zurückbleiben.

Bei dem Ausbruch soll es sich um die westafrikanische Variante gehandelt haben, die milder verläuft als die zentralafrikanische und auch weniger ansteckend ist. Daher erkranken die meisten Betroffenen nicht schwer. Dennoch wurden einige Todesfälle registriert – in Europa traten die ersten Todesfälle in Spanien auf.

Affenpocken: Wie erkennt man die Symptome?

In den meisten Fällen verursacht die Krankheit nur milde Symptome, mitunter können die Fälle sogar unentdeckt bleiben. Allerdings sind auch schwere Verläufe möglich.

Die Inkubationszeit, also der Zeitraum zwischen Ansteckung und Ausbruch der Symptome, beträgt meist fünf bis 13 Tage, maximal drei Wochen. Selten wurden auch Inkubationszeiten von zwei bis vier Tagen beobachtet.

Symptome der Erkrankung sind unter anderem:

Etwa ein bis drei Tage später tritt ein pockenähnlicher Ausschlag auf, der meist im Gesicht beginnt und sich dann auf andere Bereiche des Körpers ausbreitet. Häufig ist er auch im Anal- und Genitalbereich oder an den Händen, Füßen oder der Brust zu beobachten. Darüber hinaus kann er beispielsweise die Schleimhäute der Mundhöhle oder die Bindehaut betreffen.

Dieser Hautausschlag verändert sich im Verlauf der Erkrankung – von Flecken über Papeln bis zu Pusteln – und verschorft, bevor die Krusten schließlich abfallen und (gegebenenfalls unter Narbenbildung) abheilen. Die Läsionen können jucken oder sehr schmerzhaft sein. Ein erster Fallbericht deutet zudem darauf hin, dass Hautbläschen im Mundwinkel (Mundwinkelulkulus) auch ein erstes Frühzeichen einer Infektion darstellen könnten.

Besteht der Verdacht auf eine Infektion mit Mpox, kann ein Abstrich aus dem Rachen oder beispielsweise aus offenen Hautläsionen entnommen werden, um die Diagnose zu sichern. Ausgeschlossen werden sollten andere Hautkrankheiten wie zum Beispiel Windpocken, Herpes simplex, Herpes zoster (Gürtelrose) oder Syphilis sowie nach einer entsprechenden Reise gegebenenfalls auch Tropenkrankheiten wie Malaria oder Leptospirose.

Mpox: Wie erfolgt die Behandlung?

Meist heilt die Erkrankung auch ohne Behandlung innerhalb von zwei bis vier Wochen folgenlos aus. Eine spezifische Behandlung existiert derzeit nicht. Im Zentrum der Therapie stehen daher meist die Behandlung der Symptome sowie das Verhindern einer zusätzlichen bakteriellen Infektion, in deren Folge es beispielsweise zu einer Lungen- oder Hirnhautentzündung kommen kann.

Eine frühzeitige Impfung gegen Pocken oder die Gabe von Antikörperpräparaten kann jedoch helfen, den Verlauf abzumildern. In der Europäischen Union ist seit Januar 2022 zudem der antivirale Wirkstoff Tecovirimat zur Therapie zugelassen.

Wie steckt man sich mit Affenpocken an?

Es handelt sich dabei um eine Zoonose, also eine Erkrankung, die von Tieren auf Menschen übergeht. Mögliche Infektionsquellen sind das Fleisch afrikanischer Wildtiere ("Bush Meat") oder enger Kontakt mit infizierten Tieren – durch Bisse, Kratzer oder Sekrete kann der Erreger beispielsweise übertragen werden. Zu den möglichen Überträgern gehören nur selten Primaten, vor allem aber Nagetiere, wie afrikanische Wildhörnchen oder Ratten. Affen sind lediglich Fehlwirte des Virus. In Afrika sind vor allem Kinder von der Erkrankung betroffen, da sie sich häufiger beim Spielen mit infizierten Tieren anstecken.

Affenpocken gelten als nicht sehr ansteckend, denn eine Übertragung von Mensch zu Mensch erfolgt nur bei engem Kontakt (zum Beispiel bei Berührung der aufbrechenden Pusteln oder über Tröpfcheninfektion, also das Einatmen von Tröpfchen mit ausgeschiedenen Atemwegssekreten, die beim Sprechen in die Luft abgegeben werden), auch der Speichel kann infektiös sein.

Die Erkrankung ist nicht formell als sexuell übertragbare Krankheit eingestuft, eine Ansteckung durch direkten Kontakt mit Haut und Schleimhaut kann aber auch beim Sex erfolgen. Zudem wurde der Erreger auch in Sperma gefunden. Infizierte sind während der gesamten Krankheitsdauer ansteckend (auch schon vor Auftreten des Hautausschlags), meist etwa zwei bis vier Wochen lang.

Die Übertragung ist aber auch über Gegenstände möglich, beispielsweise über gemeinsam benutze Handtücher, die mit den Körperflüssigkeiten in Kontakt kamen. Das Virus kann auf Oberflächen nach Angabe des Robert Koch-Instituts (RKI) Tage bis Monate überleben.

Wie kann man die Ansteckung und Ausbreitung verhindern?

Zum Schutz vor Affenpocken sollte man Abstand von Infizierten halten, engen Hautkontakt vermeiden und keine Gegenstände gemeinsam nutzen. Die im Rahmen der Corona-Pandemie für die meisten Menschen selbstverständlich gewordenen Hygienemaßnahmen – also beispielsweise gründliches Händewaschen mit Wasser und Seife sowie die Verwendung von Desinfektionsmittel – sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation auch zum Schutz vor Affenpocken-Infektionen geeignet.

Infizierte sollen sich in Deutschland für mindestens 21 Tage in Isolation begeben. Diese kann nur beendet werden, wenn die Symptome ausgeheilt sind. Auch Kontaktpersonen von Infizierten wird eine entsprechende Quarantäne empfohlen.

Infizierte sollten sich sicherheitshalber auch von ihren Haustieren fernhalten, um diese nicht anzustecken, warnen die EU-Gesundheitsbehörde ECDC und das Friedrich-Loeffler-Institut. Einen entsprechenden Fall hat es bereits in Paris mit einem infizierten Hund gegeben. Wichtig ist auch, dass Infizierte den Haushaltsabfall vor Nagern und anderen Tieren schützen. Diese Vorsichtsmaßnahme soll verhindern, dass das Virus auf Tiere überspringt und sich anschließend in hiesigen Populationen verbreitet, um hier endemisch zu werden.

Grundsätzlich kann man sein persönliches Ansteckungsrisiko senken, indem man die Zahl der Sexualpartner*innen möglichst gering hält. Kondome schützen nur bedingt vor einer Ansteckung, da die Übertragung auch über Hautkontakt stattfinden kann. Es wird jedoch empfohlen, noch acht Wochen nach der Heilung Kondome zu verwenden, da der Erreger so lange noch in der Samenflüssigkeit vorhanden sein könnte.

Nicht vollständig geklärt ist nach Angabe der WHO, ob eine durchgemachte Infektion eine lebenslange Immunität zur Folge hat. In Afrika gab es offenbar Fälle, in denen Menschen sich nach der Genesung erneut mit Affenpocken infiziert hatten.

Wie viele Fälle sind bislang bekannt?

 

 

Bislang wurden laut der US-Seuchenschutzbehörde CDC weltweit 82.884 Affenpocken-Infektionen (Stand: 04.01.2023) in zuvor kaum betroffenen Ländern gemeldet – noch immer werden neue Fälle bekannt, die Fallzahlen sind in der Zwischenzeit in den meisten Ländern aber stark gesunken. Untersuchungen weisen darauf hin, dass der Ausbruch bereits Mitte April begonnen haben könnte und zunächst unbemerkt blieb.

Der erste Fall wurde in Großbritannien erfasst: Am 7. Mai meldete die britische Gesundheitsbehörde die Infektion eines Wissenschaftlers, der zuvor von einer Reise aus Nigeria zurückgekehrt war. Kurz darauf wurden zwei weitere Fälle bekannt – beide Angehörige eines Haushalts – die sich unabhängig von der ersten Person infiziert haben sollen. Bald traten weitere Fälle auf – fast alle hatten sich in London angesteckt. Betroffene Personen wurden isoliert, Kontaktpersonen in allen Fällen informiert. Die WHO betonte die Wichtigkeit der genauen Kontaktverfolgung, um eine weitere Ausbreitung zu vermeiden.

Bald meldeten auch die Behörden anderer Länder in Europa und auf anderen Kontinenten Fälle von Infektionen mit Affenpocken. In Deutschland wurde die erste Infektion bei einem Mann nachgewiesen, der zuvor von Portugal über Spanien eingereist war. Seitdem wurden immer mehr Fälle nachgewiesen – mittlerweile in allen Bundesländern. Bislang sind in Deutschland 3.677 Fälle registriert worden (Stand: 03.01.2023).

Da es sich bei vielen der Infizierten um Männer handelt, die zuvor sexuellen Kontakt mit anderen Männern hatten (MSM), werden insbesondere bi- und homosexuelle Männer mit wechselnden Sexualpartnern aufgefordert, auf ungewöhnliche Ausschläge an ihrem Körper zu achten. Auch Menschen, die von Auslandsreisen zurückkehren, sollten besonders sensibilisiert für mögliche Symptome sein. Grundsätzlich kann die Infektion aber alle Menschen betreffen – die sexuelle Orientierung spielt dabei keinerlei Rolle.

Besteht die Gefahr einer Epidemie oder Pandemie?

Am 23. Juli 2022 entschied die WHO, den internationalen Gesundheitsnotstand auszurufen, da sich das Virus immer weiter ausbreitet. Auch in den USA wurde bald darauf der Gesundheitsnotstand ausgerufen. Tests, Impfungen und Kontaktnachverfolgung waren die wichtigsten Methoden zur Eindämmung des Ausbruchs.

Affenpocken sind nicht so ansteckend wie beispielsweise die Pocken oder COVID-19. Nur bei engem Kontakt können symptomatische Infizierte die Erkrankung übertragen. Bei früheren Fällen wurde beobachtet, dass Infektionsketten von Mensch zu Mensch begrenzt waren. Das Risiko für die Allgemeinbevölkerung in Deutschland wurde und wird daher von Fachleuten als gering eingeschätzt.

Da die Fallzahlen in Deutschland mittlerweile drastisch gesunken sind, gilt die Erkrankung zumindest hierzulande als eingedämmt. Fachleute der WHO weisen aber darauf hin, dass das Virus insbesondere in Afrika weiter grassiert und dort mangels Tests und Impfstoffen kaum bekämpft werden kann. Dies könnte zur Entstehung ansteckenderer Virusvarianten führen.

Untersuchungen haben gezeigt, dass das Virus recht schnell mutiert. Vermutet wird, dass Enzyme unseres Immunsystems diese Veränderungen des Virus auslösen. Diese Mutationen könnten bedeuten, dass sich das Affenpockenvirus besser an den Menschen anpasst. Ob dies tatsächlich so ist und welche Auswirkungen die Veränderungen des Virus wirklich haben, muss noch erforscht werden.

Auch in der Vergangenheit hatte es bereits einzelne Fälle von Affenpocken gegeben, ohne dass es zu einer größeren Epidemie gekommen wäre. Seit 2017 werden in Nigeria vermehrt Fälle von Affenpocken-Infektionen bei Menschen gemeldet. Nach Angaben der WHO gab es in Afrika allein im Jahr 2022 mehr als 1.400 Infektionsfälle, 72 verliefen tödlich. Mehrfach traten auch n der Vergangenheit vereinzelte Fälle außerhalb von Afrika auf, bislang aber nicht in Deutschland.

Wie erfolgt die Impfung gegen Affenpocken?

Wer noch gegen Pocken geimpft wurde, gilt auch als vor Affenpocken geschützt – die WHO meldet diesbezüglich eine Wirksamkeit von 85 Prozent. Allerdings lässt der weltweite Impfschutz gegen Pocken in der Bevölkerung nach, da die Erkrankung seit 1980 als ausgerottet gilt und die Impfkampagne daher beendet wurde.

Einen Schutz kann eine Weiterentwicklung des Pocken-Impfstoffes mit dem Namen Imvanex® von Bavarian Nordic (in den USA unter dem Namen Jynneos® bekannt) bieten. Dieses Vakzin ist seit 2013 in der EU als Impfstoff gegen Pocken zugelassen. Eine offizielle Erweiterung der Zulassung als Impfstoff gegen Affenpocken in der EU wurde am 25. Juli 2022 durch die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) bestätigt.

Es werden zwei Impfdosen im Abstand von mindestens 28 Tagen empfohlen. Als Wiederauffrischung der Pockenimpfung wird eine einmalige Gabe als ausreichend erachtet. Laut Aussagen der britischen Gesundheitsbehörde im November 2022 bietet bereits die erste Impfstoffdosis mit einer Wirksamkeit von etwa 78 Prozent einen starken Schutz.

Um die verfügbaren Impfstoffmengen besser nutzen und auf mehr Menschen aufteilen zu können, genehmigte die EMA am 19. August vorübergehend ein neues Impfverfahren, bei dem das Vakzin nicht wie bislang vollständig unter die Haut (subkutan), sondern nur unter die oberste Hautschicht (intradermal) verabreicht wird. Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass nur ein Fünftel der Impfstoffmenge benötigt wird, sodass insgesamt fünfmal so viele Menschen mit den vorhandenen Dosen geimpft werden können. Die Wirksamkeit dieses Verfahrens wurde im Jahr 2015 in einer Studie belegt.

Die Nebenwirkungen sind recht mild und umfassen beispielsweise Kopf- und Muskelschmerzen, Schmerzen an der Einstichstelle und Müdigkeit. Wird die Impfung in statt unter die Haut verabreicht, steigt das Risiko für lokale Impfreaktionen wie Rötungen oder Verdickungen der betroffenen Hautstelle.

Für wen wird die Impfung empfohlen?

Am 9. Juni sprach die Ständige Impfkommission (STIKO) eine Empfehlung für bestimmte Risikogruppen (ab 18 Jahren) aus:

  • Menschen, die engen körperlichen Kontakt mit Infizierten hatten, sollten so schnell wie möglich (am besten innerhalb von vier Tagen), spätestens aber nach 14 Tagen, gegen Affenpocken geimpft werden.
  • Dies gilt auch für medizinisches Personal oder Laborpersonal nach ungeschütztem Kontakt zu Infizierten, beziehungsweise infektiösen Laborproben oder kontaminierten Materialien.
  • Männer mit wechselnden Sexualkontakten zu anderen Männern sollten sich vorbeugend impfen lassen, weil sich die Erkrankung derzeit in Deutschland vor allem in dieser Community verbreitet.
  • Vorbeugend geimpft werden sollten außerdem Personen, die ein erhöhtes Infektionsrisiko haben, weil sie in Speziallaboren tätig sind (nach individueller Risikobewertung).

Da zunächst nur eingeschränkte Mengen des Impfstoffs verfügbar waren, empfahl das RKI, zunächst möglichst vielen Menschen eine Erstimpfung zur Verfügung zu stellen und die zweite Impfdosis zu einem späteren Zeitpunkt nachzuholen, da diese vor allem benötigt wird, um den Impfschutz für eine längere Dauer aufrecht zu erhalten. In der Zwischenzeit sind hierzulande allerdings ausreichend Impfstoffe verfügbar, sodass Betroffenen geraten wird, auch die Zweitimpfung nicht zu vernachlässigen. In Afrika ist der Impfstoff gegen Affenpocken allerdings weiterhin Mangelware, weshalb die Krankheit dort noch längst nicht unter Kontrolle ist.