Frau mit Fibromyalgie beim Kochen
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Fibromyalgie: Welche Ernährung wird empfohlen?

Von: Dr. med. Jana Wittkowski (Ärztin), Silke Schwertel (geb. Hamann) (Medizinredakteurin)
Letzte Aktualisierung: 03.08.2022 - 17:33 Uhr

Menschen mit Fibromyalgie leiden häufig stark unter ihrer Erkrankung. Da es zwar verschiedene Behandlungsansätze, jedoch kein einheitliches Therapiekonzept gibt, wünschen sich viele Betroffene, selbst etwas tun zu können. Oft ist dann das Internet die erste Anlaufstelle. Hier finden sich zahlreiche Tipps und Ratschläge, die sich nicht selten mit dem Thema Ernährung beim Fibromyalgiesyndrom beschäftigen. Von Rezepten über "verbotene" Lebensmittel und Heilfasten bis hin zur "Heilung durch Diät" – viele Ratgeber versprechen Linderung durch eine Ernährungsumstellung. Doch was sagt die Wissenschaft, welche Ernährung bei Fibromyalgie am besten ist?

Multimodale Therapie bei Fibromyalgie

Das Fibromyalgiesyndrom ist eine chronische Erkrankung, bei der neben Schmerzen in verschiedenen Körperregionen (häufig Muskelschmerzen) zahlreiche weitere Symptome wie Schlafstörungen, Depressionen oder Beschwerden im Magen-Darm-Trakt auftreten können. Die Ursachen von Fibromyalgie sind noch immer nicht vollständig geklärt und eine vollständige Heilung gilt derzeit als unwahrscheinlich.

Bei der Behandlung wird häufig auf die sogenannte "multimodale Therapie" gesetzt, die körperliches Training in Kombination mit Entspannungstherapie und psychotherapeutischen Verfahren beinhaltet. Medikamente wie Schmerzmittel oder Antidepressiva können dabei unter Umständen vorübergehend eingesetzt werden.

Fibromyalgie erkennen

Einfluss der Ernährung bei Fibromyalgie nicht geklärt

Während die Wirksamkeit der körperlichen Trainings- und Bewegungstherapie wissenschaftlich eindeutig belegt werden konnte, fehlen für einen Einfluss der Ernährung beim Behandeln von Fibromyalgie bislang verlässliche Studiendaten.

Zwar wurden einige kleine Studien durchgeführt, die den Effekt verschiedener Ernährungsformen auf die Beschwerden bei Patient*innen mit Fibromyalgie untersucht haben. Die Ergebnisse erbrachten jedoch keinen sicheren Beleg für eine Wirkung, sodass in der S3-Leitlinie zur Behandlung von Fibromyalgie mit Stand 2017 keine Empfehlung zu einer speziellen Ernährungsweise gegeben wird.1

Trotz einzelner Erfolgsberichte gibt es also keine spezielle Fibromyalgie-Diät, die gesichert helfen kann. Wer dennoch ausprobieren möchte, ob bestimmte Ernährungsweisen oder Lebensmittel im individuellen Fall helfen, die Schmerzen zu lindern, sollte im Zweifel ärztliche Rücksprache halten, um beispielsweise Mangelerscheinungen durch eine einseitige Ernährungsweise zu vermeiden.

Fibromyalgie: pflanzliche Ernährung könnte helfen

Häufig lesen Betroffene die Empfehlung, sich vegetarisch oder vegan zu ernähren. Tatsächlich wurden Studien durchgeführt, in denen bei Patient*innen, die sich vegetarisch ernährten, eine Schmerzlinderung beobachtet wurde: In einer Studie wurde der Effekt von vegetarischer Kost mit dem des Wirkstoffes Amitriptylin verglichen.2 Hierbei hatte jedoch Amitriptylin eine stärkere schmerzlindernde Wirkung als die Ernährung.

In einer anderen Studie ernährte sich ein Teil der Teilnehmenden von salzarmer veganer Rohkost und wurde mit einer Kontrollgruppe verglichen, die ihre Ernährung nicht umstellte.3 Dabei konnte ein positiver Effekt der Ernährungsumstellung auf die Beschwerden beobachtet werden.

In einer Meta-Studie aus dem Jahr 2021 wurden sechs Untersuchungen zur veganen oder vegetarischen Ernährung bei Fibromyalgie systematisch analysiert. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass eine überwiegend pflanzliche Ernährung positive Effekte auf biochemische Parameter, Schlafqualität, Schmerzen in Ruhe, Lebensqualität und den generellen Gesundheitszustand haben könnte.4

Antioxidative Ernährung bei Fibromyalgie

Eine weitere häufige Empfehlung basiert auf der Vermutung, dass der sogenannte oxidative Stress bei Menschen mit dem Fibromyalgiesyndrom erhöht sei. Eine antioxidative Ernährung könnte deshalb helfen, die freien Radikale unschädlich zu machen und den oxidativen Zellstress zu reduzieren. Reich an Antioxidantien sind vor allem Obst und Gemüse, zum Beispiel Kiwis, Beeren, Tomaten oder rote Bete, aber auch grüner Tee. Wissenschaftliche Belege für die Effekte der antioxidativen Ernährung beim Fibromyalgiesyndrom fehlen jedoch bislang.

Test auf Unverträglichkeiten möglicherweise sinnvoll

Ein weiterer häufiger Ratschlag für Fibromyalgie-Patient*innen ist, bestimmte Nahrungsmittel wie etwa Zucker zu meiden. Bezüglich solcher generell verbotenen Lebensmitteln existieren keine Studien, die eine Wirksamkeit bei Fibromyalgie untersucht haben.

In einer amerikanischen Studie wurde jedoch bei einer Patientengruppe ein Test auf Nahrungsmittelunverträglichkeit durchgeführt und basierend auf dessen Ergebnissen ein Ernährungsprogramm mit Verzicht auf bestimmte Nahrungsbestandteile wie etwa Gluten erstellt.5 Im Gegensatz zu der Kontrollgruppe ohne Ernährungsumstellung gaben die Teilnehmenden der Gruppe mit angepasster Diät an, dass sich ihre Schmerzen um die Hälfte reduziert hatten.

Studienergebnisse sind kritisch zu betrachten

Um diese Ergebnisse richtig zu interpretieren, muss man allerdings den Aufbau der Studien genauer betrachten: In der amerikanischen Studie bestanden die beiden verglichenen Gruppen aus 40 beziehungsweise elf Patient*innen. In den beiden Studien zu vegetarischer beziehungsweise veganer Ernährung war die Anzahl der Teilnehmenden ähnlich gering. Auch bei der Meta-Studie wiesen die Forschenden darauf hin, dass die Ergebnisse aufgrund von qualitativen Mängeln und geringen Teilnehmerzahlen bei den analysierten Studien mit Vorsicht zu betrachten seien.

Ein Faktor, der dazu beiträgt, dass die Ergebnisse einer Studie zu wissenschaftlichen Beweisen und somit zu allgemeingültigen Empfehlungen führen können, ist eine ausreichend große Anzahl an Personen, die an der Studie teilnehmen. Daher können die bisherigen Forschungsergebnisse allenfalls Hinweise auf einen möglichen Einfluss der untersuchten Ernährungsformen auf die Beschwerden bei Fibromyalgie geben.

Zusammenfassend lässt sich also sagen: Einige Studiendaten deuten zwar darauf hin, dass Betroffene durch eine überwiegend pflanzliche Ernährung profitieren könnten, die Datenlage ist jedoch nicht ausreichend, um gesicherte Aussagen zu ermöglichen.

Nahrungsergänzungsmittel nicht empfehlenswert

Oftmals wird Fibromyalgie-Betroffenen zur Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln mit Vitaminen, L-Carnitin (eine Aminosäure-Verbindung) oder Magnesium geraten. Hierbei sind sich Fachleute jedoch einig, dass kein positiver Effekt auf die Beschwerden bei Fibromyalgie zu erwarten ist.

Zudem können bestimmte Präparate zur Nahrungsergänzung Nebenwirkungen haben oder versehentlich überdosiert werden. Man sollte daher Nahrungsergänzungsmittel nicht eigenständig, sondern nur nach ärztlicher Rücksprache einnehmen – beispielsweise, wenn ein Vitaminmangel durch einen Bluttest nachgewiesen wurde. Dies ist häufig dann der Fall, wenn die Nährstoffaufnahme beispielsweise durch ein Reizdarm-Syndrom beeinträchtigt ist oder wenn Schmerzen in der Kaumuskulatur die Nahrungsaufnahme erschweren.

Fibromyalgiesyndrom: ausprobieren, was guttut

Auch wenn die Studienlage bislang keine gezielten Empfehlungen ermöglicht, berichten viele Patient*innen von positiven Erfahrungen mit einer Ernährungsumstellung. Betroffene können durchaus von einer Änderung ihres Essverhaltens oder vom Verzicht auf bestimmte Lebensmittel profitieren, etwa wenn Unverträglichkeiten oder ein Reizdarm-Syndrom vorliegen oder wenn Übergewicht reduziert werden soll.

So kann beispielsweise der Verzicht auf Kohl Blähungen reduzieren. Stopfende oder abführend wirkende Lebensmittel können bei Beschwerden wie Durchfall oder Verstopfung helfen. Auch kann spätes Essen am Abend oder Alkohol die Schlafqualität beeinträchtigen, weshalb sich eine Anpassung der Essenszeiten beziehungsweise ein Verzicht auf Alkohol ebenfalls positiv auswirken kann.

Allerdings gibt es keinen allgemeingültigen Essensplan oder "richtiges" Essen und Trinken bei Fibromyalgie. Vielmehr muss jeder Mensch selbst testen, was ihm kulinarisch guttut. Extreme Ernährungsformen wie die Beschränkung auf salzarme, vegane Rohkost bergen allerdings das Risiko einer Unterversorgung mit Nährstoffen.

Ausgewogene Mischkost auch bei Fibromyalgie empfohlen

Um ihrer Gesundheit etwas Gutes zu tun, sollten Fibromyalgie-Betroffene – wie alle anderen Menschen – auf eine gesunde, ausgewogene Ernährung achten, die in Maßen auch Zucker und tierische Produkte beinhalten kann. Fachleute empfehlen eine ausgewogene, überwiegend pflanzliche Mischkost, die sich nach den allgemeinen Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) richtet:

  1. Obst und Gemüse sollten den Großteil der Ernährung ausmachen.
  2. Greifen Sie besser zu Vollkornprodukten als zu Weißmehl.
  3. Zucker, Schokolade und Alkohol sollten nur in Maßen konsumiert werden.
  4. Fleisch sollte nur zweimal pro Woche auf den Tisch kommen. Mageres Rindfleisch oder Geflügel ist besser als fettes Schweinefleisch. Seefisch gilt als empfehlenswert, Fisch sollte zweimal wöchentlich verzehrt werden.
  5. Auch Fett sollte nur sparsam zu sich genommen werden. Pflanzliche Fette mit einem hohen Anteil an mehrfach gesättigten Fettsäuren sind hierbei die beste Wahl.
  6. Der Bedarf an Eiweiß sollte sowohl über Milchprodukte als auch über pflanzliche Proteinquellen wie Hülsenfrüchte gedeckt werden.
  7. Trinken Sie genug, empfohlen werden mindestens zwei Liter pro Tag.
  8. Achten Sie darauf, auch Kaffee nicht im Übermaß zu trinken. Viele Betroffene greifen zu dem Getränk, um die ständige Müdigkeit zu vertreiben. In größeren Mengen kann Kaffee jedoch Nebenwirkungen haben und etwa die Entstehung einer Osteoporose oder das Restless-Legs-Syndrom (RLS) begünstigen.
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