Endokarditis: Symptome und Überlebenschance
Das Herz ist einer der wichtigsten Muskeln unseres Körpers. Mit über 90.000 Schlägen pro Tag hält es den Blutkreislauf aufrecht und sorgt so für eine ausreichende Sauerstoffversorgung des Körpers. Umso gefährlicher kann es sein, wenn das Herz von Erkrankungen betroffen ist. Bei einer Endokarditis ist die Herzinnenhaut entzündet – was schwerwiegende Folgen für das Gewebe und somit für den betroffenen Menschen haben kann. An welchen Symptomen man eine Endokarditis erkennt, welche Ursachen hinter der Erkrankung stecken und wie man sie behandelt, erfahren Sie im Folgenden.
Was ist eine Endokarditis?
Das Endokard ist die innerste Schicht der Herzwand, die Herzinnenhaut. Es kleidet die Herzkammern aus und bildet auch die Herzklappen. Ist das Endokard entzündet, spricht man von einer Endokarditis, also einer Herzinnenhautentzündung. Häufig sind gerade die Herzklappen von einer Endokarditis betroffen. Sie sind durch den Blutfluss, der an ihnen vorbeifließt, mechanisch sehr beansprucht und so dünn, dass sie kaum mit Blutgefäßen versorgt sind, was sie sehr anfällig für Schädigungen und Infektionen macht.
Ursachen einer Endokarditis
Man unterscheidet mit Blick auf die Auslöser infektiöse von nicht-infektiösen Endokarditiden.
Infektiöse Endokarditis
Bei der infektiösen Endokarditis sind meist Bakterien die Ursache (bakterielle Endokarditis). Sie gelangen auf unterschiedliche Wege in den Blutkreislauf, lagern sich am Endokard ab und vermehren sich. Diese Ablagerungen werden Vegetation genannt.
In den Blutkreislauf gelangen Bakterien zum Beispiel bei Operationen, dem Anlegen eines Venenkatheters oder zahnärztlichen Eingriffen. Auch schlechte Zahnhygiene ist ein Risikofaktor für eine bakterielle Endokarditis. Außerdem kann es bei Infektionen anderer Organe (zum Beispiel bei einer Nierenbeckenentzündung) zu einer Ausbreitung der Bakterien über den Blutkreislauf (Bakteriämie) bis zum Herzen kommen.
Häufige Erreger sind Staphylokokken und Streptokokken, vor allem:
- Staphylococcus aureus
- Streptococcus viridans
- Staphylococcus epidermidis
Viren können ebenfalls ursächlich für eine infektiöse Endokarditis sein (virale Endokarditis). Während sie bei einer Myokarditis (Herzmuskelentzündung) für die Hälfte aller Infektionen verantwortlich sind, spielen sie bei der Endokarditis ebenso wie Pilze aber eine eher untergeordnete Rolle.
Nicht-infektiöse Endokarditis
Bei der nicht-infektiösen Endokarditis kommt es zu Auflagerungen von nicht-infektiösem Material an den Herzklappen oder zu einer Fibrose der Herzklappen, also einem Umbau des dortigen Bindegewebes. Die Auflagerungen bestehen zum Beispiel aus Blutblättchen (Thrombozyten) oder Fibrin, einem wasserunlöslichen Eiweiß, das im Blut vorkommt.
Am häufigsten tritt eine nicht-infektiöse Endokarditis bei Krebserkrankungen auf. Zudem kommt sie bei Menschen mit einem systemischen Lupus erythematodes vor. Hier spricht man von der Libman-Sacks-Endokarditis. Es können jedoch auch andere entzündliche Erkrankungen wie eine rheumatoide Arthritis zugrunde liegen oder ein rheumatisches Fieber nach einer Streptokokken-Infektion.
Allen nicht-infektiösen Ursachen gemein ist, dass es immer zu (teils unterschiedlichen) Ablagerungen an den Herzklappen oder zu einer Fibrose kommt. Ausgelöst werden diese Ablagerungen oder Bindegewebsveränderungen entweder durch erkrankungsbedingte Entzündungsprozesse im Körper oder Fehlreaktionen des Immunsystems.
Häufig kommt es im Verlauf der nicht-infektiösen Endokarditis zu einer bakteriellen Infektion, sodass sekundär eine infektiöse Endokarditis entsteht. Generell ist eine nicht-infektiöse Endokarditis seltener als die infektiöse Form.
Verlaufsformen der infektiösen Endokarditis
Es gibt zwei Verlaufsformen der infektiösen bakteriellen Endokarditis:
- Die Endocarditis acuta tritt plötzlich auf. Sie führt innerhalb von wenigen Stunden zu Schädigungen des Herzens beziehungsweise der Herzklappen und zu einer akuten Herzinsuffizienz.
- Die Endocarditis lenta wird von weniger aggressiven Bakterien ausgelöst und hat einen entsprechend langsameren Verlauf. Häufig besteht die Infektion über mehrere Wochen und Monate und verursacht eher unspezifische Symptome wie Abgeschlagenheit.
Ist die Endokarditis durch einen Pilz oder ein Virus bedingt, verläuft sie häufig als eine Mischform der beiden Arten.
Symptome: Wie macht sich eine Endokarditis bemerkbar?
Eine infektiöse Endokarditis verursacht allgemeine Krankheitssymptome wie Fieber, verminderte Leistungsfähigkeit und Blässe. Außerdem kann sie zu einem schnellen Herzschlag (Tachykardie) und einer Herzinsuffizienz (zum Beispiel durch Schädigung der Herzklappen) führen, die wiederum typische Symptome auslöst. Diese Symptome können sowohl bei einer Endocarditis acuta als auch lenta auftreten. Bei der Endocarditis lenta treten die Symptome jedoch eher schleichend auf, sodass die betroffene Person eher ein Gefühl von Abgeschlagenheit über mehrere Wochen bemerkt.
Auch auf der Haut kann sich eine Endokarditis bemerkbar machen. Es gibt verschiedene Hautzeichen, die typisch für eine Endokarditis sind. Hierbei handelt es sich um Einblutungen in die Haut, die sowohl schmerzhaft als auch schmerzlos sein können und je nach Ort ihres Auftretens unterschiedliche Namen haben, zum Beispiel Janeway-Läsionen (an den Handflächen und Fußsohlen), Osler-Knötchen (an den Fingern und Zehen) und Splinter-Hämorrahagien (am Nagelbett).
Bei einer nicht-infektiösen Endokarditis stehen meist die Symptome der zugrundeliegenden Erkrankung im Vordergrund, wie beispielsweise Gelenkschmerzen bei rheumatoider Arthritis. Daneben kann es im späteren Verlauf zu einem beschleunigten Herzschlag (Tachykardie) kommen.
Schäden an anderen Organen
Häufig greift die Infektion über den Blutkreislauf auf andere Organe über, die Erreger werden also über das Blut transportiert. In den betroffenen Organen führt dies unter anderem durch kleine Gefäßverschlüsse (Mikroembolien) und immunologische Prozesse zu weiteren Schädigungen, wie beispielsweise:
- Gehirnentzündung (Enzephalitis)
- Sinusvenenthrombose
- Niereninfarkte und -entzündungen (Glomerulonephritis)
- Einblutungen in die Netzhaut und Augenbindehäute
Wie wird eine Endokarditis diagnostiziert?
Die Diagnose "Endokarditis" wird nach der Leitlinie der ESC ("European Society of Cardiology", also "Europäische Gesellschaft für Kardiologie") anhand der Duke-Kriterien gestellt, die Risikofaktoren und Symptome für eine Endokarditis abfragen und die in Haupt- und Nebenkriterien eingeteilt sind. Ist eine bestimmte Anzahl der Kriterien (zwei Haupt- oder ein Haupt- und drei Neben- oder fünf Nebenkriterien) erfüllt, ist eine Endokarditis sehr wahrscheinlich.
Zu den Duke-Kriterien zählen unter anderem:
- Nachweis von Bakterien in Blutkulturen
- Endokarditis-typische Befunde in der Bildgebung (Herzultraschall, CT, MRT), wie erkennbare Ablagerung am Endokard
- Fieber über 38,0 Grad Celsius
- bekannte Herzerkrankungen
- Veränderungen der Gefäße
- immunologische Störungen
- Drogenmissbrauch
Um das Ausmaß der Infektion und eine mögliche Beteiligung anderer Organe zu erkennen, werden außerdem spezielle Blutwerte bestimmt. Wichtig sind hier insbesondere die Entzündungswerte, Elektrolyte, Leber- und Nierenwerte sowie die Gerinnungswerte.
Therapie: Kann eine Endokarditis heilen?
Grundsätzlich ist eine Endokarditis heilbar. Handelt es sich um eine infektiöse Endokarditis, also eine von Bakterien ausgelöste Endokarditis, ist eine intravenöse antibiotische Therapie im Krankenhaus über mehrere Wochen notwendig. Die genaue Dauer der Therapie hängt von verschiedenen Faktoren, wie zum Beispiel eventuell erfolgten Voroperationen am Herzen, ab. In der Regel werden zunächst mehrere Antibiotika kombiniert, um möglichst viele verschiedene Bakterien abdecken zu können. Wenn dann ein bestimmtes Bakterium nachgewiesen werden konnte, kann die Behandlung entsprechend angepasst werden, um genau diese Bakterien zu bekämpfen.
Für den Erregernachweis werden Blutkulturen angelegt. Hierfür wird dem*der Patient*in Blut abgenommen und in eine Flasche mit einem Nährmedium für Bakterien gegeben. Die Flasche wird dann bei Körpertemperatur gelagert. Sind Bakterien im Blut, wachsen diese auf dem Nährmedium und können analysiert werden. Außerdem kann man damit testen, auf welche Antibiotika die Bakterien reagieren. Ähnlich können Pilze nachgewiesen und ein entsprechendes Antimykotikum ausgewählt werden. Bei einer viralen Endokarditis steht in der Regel keine spezifische Therapie zur Verfügung.
Bei der nicht-infektiösen Endokarditis steht die Therapie der Grunderkrankung im Vordergrund. So kommen bei Lupus erythematodes das Immunsystem unterdrückende Medikamente zum Einsatz, beim rheumatischen Fieber hingegen die antibiotische Therapie der Streptokokken-Infektion und bei Krebserkrankungen beispielsweise eine Chemotherapie. In seltenen Fällen kann eine Operation notwendig sein, um die entstandenen Schäden an den Herzklappen zu beheben.
Wann muss eine Endokarditis operiert werden?
Die Entzündung schädigt das Endokard und insbesondere die Herzklappen können dadurch schwerwiegende Funktionsstörungen entwickeln. Bei ungefähr der Hälfte aller Endokarditis-Patient*innen ist daher eine Operation notwendig. Während der Operation werden bei der infektösen-Endokarditis die Bakterienansammlungen entfernt. Die geschädigten Klappen werden entweder mithilfe von noch bestehendem, gesundem Gewebe rekonstruiert oder durch eine künstliche Herzklappe ersetzt.
Überlebenschance: Ist eine Endokarditis gefährlich?
Eine Endokarditis ist eine potenziell lebensbedrohliche Erkrankung. Unbehandelt verläuft sie in der Regel tödlich. Wird jedoch frühzeitig die Diagnose gestellt und mit einer passenden Therapie begonnen und diese auch adäquat bis zum Ende durchgeführt, können die meisten Menschen geheilt werden.
Um die Überlebenschance weiter zu verbessern, gibt es an Kliniken sogenannte Endokarditis-Teams. Hier arbeiten Ärzt*innen aus verschiedenen Fachbereichen Hand in Hand, um eine bestmögliche Therapie zu gewährleisten und bei Komplikationen schnell handeln zu können.
Wie lange lebt man mit Endokarditis?
Ist die Behandlung einer Endokarditis erfolgreich abgeschlossen, besteht durch die Infektion an sich keine Gefahr mehr. Häufig kommt es jedoch zu Komplikationen, welche selbst oder durch die Auslösung von Spätfolgen die Lebenserwartung einschränken können und/oder lebenslange Folgetherapien wie zum Beispiel die Einnahme von blutverdünnenden Medikamenten erfordern. Eine pauschale Aussage zur Lebenserwartung mit beziehungsweise nach einer Endokarditis kann man deshalb nicht treffen.
Prophylaxe: Kann man einer Endokarditis vorbeugen?
Manche Menschen haben ein höheres Risiko, eine Endokarditis zu entwickeln als andere. Dies ist zum Beispiel durch künstliche Herzklappen oder angeborenen Herzfehler bedingt. Ist bei diesen Menschen ein operativer Eingriff mit hohem Infektionsrisiko (zum Beispiel Operationen im Mundraum, an der Haut oder am Magen-Darm-Trakt) notwendig, wird eine Prophylaxe in Form eines Antibiotikums vor der Operation gegeben. Über die schützende Wirksamkeit dieser Prophylaxe wird in der Wissenschaft aber nach wie vor diskutiert.