Mann hält Modell einer Niere
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Nierenentzündung (Nephritis)

Von: Miriam Kunz (Ärztin)
Letzte Aktualisierung: 22.02.2022 - 10:15 Uhr

Bei einer Nierenentzündung, in der Medizin auch als Nephritis bezeichnet, werden wichtige Funktionen des Körpers gestört, weshalb eine Entzündung der Nieren sehr gefährlich sein kann. Das Wort Nierenentzündung ist dabei ein Sammelbegriff für verschiedene entzündliche Erkrankungen der Niere, die sich vor allem durch den Ort und die Entstehungsart unterscheiden. Welche Formen der Nierenentzündung es gibt, durch welche Symptome sie sich äußern und wie die Behandlung der Infektion erfolgen kann, lesen Sie hier.

Aufbau und Funktion der Niere

Die Niere teilt sich in Nierenrinde, Nierenmark und Nierenbecken. Während in der Rinde das Blut in den Nierenkörperchen (Glomeruli) gefiltert wird, dienen die Nierenkanälchen (Tubuli) im Nierenmark in erster Linie der Wasserrückgewinnung und der Regulation der Elektrolytwerte. Im Nierenbecken (Pyelon) wird das Produkt dieses Prozesses als Urin gesammelt und läuft von dort über die Harnleiter (Ureteren) in die Harnblase (Zystis) ab.

Die Niere erfüllt viele lebensnotwendige Aufgaben. Dazu gehören:

  • Regulation des Wasser-, Elektrolyt- und Säure-Basen-Haushalts
  • Ausscheidung von giftigen Stoffwechselprodukten
  • Hormonproduktion:
    • Erythropoetin zur Produktion von roten Blutkörperchen (Erythrozyten) im Knochenmark
    • Vitamin-D-Produktion zum Erhalt der Knochengesundheit
    • Blutdruckregulation über Renin

Nephritis – Definition und Formen

Man unterscheidet verschiedene Formen der Nierenentzündung (Nephritis):

  1. Entzündung der Nierenkörperchen in der Nierenrinde (Glomerulonephritis)
  2. Entzündung der Nierenkanälchen im Nierenmark und des umgebenden Gewebes (Tubulointerstitielle Nephritis)
  3. Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis)

Unterschieden werden darüber hinaus die akute und die chronische Form der Nephritis. Die Bedeutung dieser Begriffe wird im Folgenden erklärt.

Was ist eine akute Nephritis?

Eine akute Nierenentzündung beginnt meistens plötzlich und hat einen relativ klar bestimmbaren Startpunkt. Meistens dauert sie eher kurz an (drei Tage bis zwei Wochen). In der Regel ist sie symptomatisch, das bedeutet, die Erkrankung geht mit Krankheitsgefühl und verschiedenen Beschwerden einher.

Was ist eine chronische Nephritis?

Eine chronische Nierenentzündung hat im Gegensatz zur akuten meistens keinen klaren Ausgangspunkt, sondern beginnt langsam und schleichend. Sie kann häufig nur symptomlindernd behandelt werden. Eine akute Nephritis kann allerdings auch in eine chronische Nephritis übergehen.

Symptome: Was sind die Anzeichen für eine Nierenentzündung?

Die Symptome einer Nierenentzündung sind durch die Vielfalt der Funktionen der Niere sehr breit gefächert. Es müssen nicht alle Anzeichen gemeinsam auftreten, sie unterscheiden sich beispielsweise auch durch den Ort der Entzündung und die Schwere des Verlaufes. Auch können viele der Symptome auch durch andere, viel harmlosere Gründe verursacht werden.

Das sind häufige Symptome einer Nierenentzündung bei Mann und Frau:

  • Abgeschlagenheit
  • Fieber
  • Ödeme (Wassereinlagerungen)
  • Kopfschmerzen
  • Nierenschmerzen (beziehungsweise Schmerzen durch Dehnung der Nierenkapsel, die Nieren selbst verursachen keine Schmerzen)
  • Schmerzen in der seitlichen Bauchregion (Flankenschmerzen)
  • Rückenschmerzen seitlich der Wirbelsäule, etwas oberhalb der Taille (im Bereich des Nierenlagers)
  • Leistenschmerzen
  • Blut im Urin oder allgemein eine ungewöhnliche Urinfarbe: Blut im Harn sollte immer ärztlich abgeklärt werden
  • feste Bestandteile (Sedimente) im Urin
  • Hautausschlag

Wo tut es weh, wenn man eine Nierenentzündung hat?

Eine Nierenentzündung muss es nicht immer schmerzhaft sein. Gerade bei einer (tubulo-)interstitiellen oder chronischen Nephritis sind schmerzlose Verläufe sogar häufiger. Schmerzen entstehen vor allem dann, wenn die Nierenkapsel durch eine Schwellung der Niere gespannt wird, beispielsweise bei einer Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis). Beim Abklopfen des Rückens über dem Nierenbereich kann dieser Schmerz als Nierenklopfschmerz ausgelöst werden.

Außerdem strahlt der Schmerz von der Niere in den seitlichen Bereich des Bauches (Flanke) und die Leiste aus. Besonders starke Beschwerden entstehen durch Nierensteine, die häufig in den Harnleitern stecken bleiben. Betroffenen zufolge sollen diese Schmerzen stärker als Geburtsschmerzen sein.

Glomerulonephritis: Entzündungen der Nierenkörperchen in der Nierenrinde

An einer Glomerulonephritis ist meistens das eigene Immunsystem beteiligt, das durch verschiedene Prozesse dazu stimuliert wird, körpereigenes Gewebe anzugreifen. Daher ist sie auch nicht ansteckend. Allerdings können die Nierenkörperchen auch durch andere Grunderkrankungen geschädigt werden (dies nennt man dann Nephropathie), beispielsweise durch schlecht eingestellten Diabetes oder Bluthochdruck (Hypertonie). Daher sind bei einer Glomerulonephritis auch normalerweise beide Nieren gleichzeitig betroffen.

IgA-Nephritis als Unterform der Glomerulonephritis

Die IgA-Nephritis (auch Morbus Berger oder mesangioproliferative Glomerulonephritis) ist die häufigste Unterform der Glomerulonephritis, wobei Männer häufiger betroffen sind als Frauen (etwa zwei- bis dreimal so oft). Am häufigsten erkranken Personen zwischen 10 und 30 Jahren, wobei die Krankheit in jedem Alter auftreten kann. Hierbei greift das Immunsystem die Nierenkörperchen an.

Die Ursache der Erkrankung ist noch nicht endgültig geklärt. Es werden genetische Faktoren vermutet, die beispielsweise durch virale oder bakterielle Krankheiten getriggert werden (molekulares Mimikry). Die Dauer der Erkrankung kann nicht genau vorausgesagt werden. In einigen Fällen heilt die akute Entzündung von allein aus (bis zu 30 Prozent), allerdings kann es bei chronischem Verlauf auch zum Nierenversagen (terminale Niereninsuffizienz) kommen. Die Diagnose erfolgt durch Entnahme einer Gewebeprobe (Nierenbiopsie).

Was tun bei einer Glomerulonephritis?

Die meisten Formen der Glomerulonephritis haben keine ursachenbehebende (kausale) Therapie, müssen aber unterstützend behandelt werden, bis sie von allein ausheilen.

Wichtig ist die regelmäßige Überwachung der Blutwerte, um in der Diagnostik keine (möglicherweise auch lebensbedrohliche) Verschlechterung der Nierenfunktion zu übersehen, die eine Dialyse notwendig macht (bei akuter Niereninsuffizienz).

Welche Medikamente gibt es bei einer solchen Nierenentzündung?

Je nach Ursache und Symptomatik werden andere Medikamente zur Behandlung der Entzündung eingesetzt. Bei autoimmun bedingten Nephritiden, wie der IgA-Nephritis, werden Glukokortikoide zur Dämpfung des Immunsystems eingesetzt. Bei anderen Unterformen der Glomerulonephritis (zum Beispiel Rapid-progressive Glomerulonephritis) können auch Medikamente notwendig sein, welche die Zellteilung hemmen, um das Immunsystem in Schach zu halten (zum Beispiel die Wirkstoffe Cyclophosphamid oder Azathioprin).

Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Antikörper, welche die Nieren angreifen, durch ein Auswaschverfahren aus dem Blut zu entfernen (Plasmapherese). Ödeme können durch Diuretika ausgeschwemmt werden. Bei Bluthochdruck (zum Beispiel beim nephritischen Syndrom) werden nierenschonende Medikamente wie ACE-Hemmer oder Sartane eingesetzt.

Was ist eine interstitielle Nephritis?

Bei der tubulointerstitiellen Nephritis oder interstitiellen Nephritis ist vor allem das um die Nierenkanälchen liegende Gewebe im Nierenmark von der Entzündung betroffen. In den meisten Fällen liegt die Ursache in Medikamenten, Krankheitserregern wie Viren oder Bakterien, oder die Krankheit ist autoimmun bedingt.

Die akute interstitielle Nephritis zeichnet sich meistens durch eine kürzere Dauer und eine stärkere Symptomatik aus. Die chronische Entzündung ist durch einen schleichenden, aber langanhaltenden Verlauf gekennzeichnet.

Ursachen der interstitiellen Nephritis

Die akute interstitielle Nephritis wird meist verursacht durch:

Häufige Ursache der chronischen interstitiellen Nephritis sind:

  • Medikamente, vor allem Schmerzmittel (aus der Gruppe der NSAIDs)
  • Schwermetalle wie Blei oder Cadmium
  • andere Grunderkrankungen wie Gicht oder Lupus (Lupus-Nephritis), chronische Nierenbeckenentzündung, Multiples Myelom
  • genetische Faktoren
  • Strahlenschäden durch Radioaktivität (Strahlennephritis)

Eine interstitielle Nephritis ist dementsprechend in den meisten Fällen nicht ansteckend. Hantaviren werden durch Nagetiere übertragen und sind in der Regel nicht von einem Menschen auf den anderen übertragbar. Bakterien, die eine interstitielle Nephritis verursachen, wandern meistens von anderen Entzündungsherden im Körper in das Nierengewebe. Sie können aber trotzdem übertragen werden.

Was tun bei interstitieller Nephritis?

In der Behandlung der (tubulo-)interstitiellen Nephritis ist der wichtigste Aspekt die Überwachung der Nierenfunktion, um bei einer Verschlechterung vorübergehend eine Dialyse durchzuführen.

Wenn es einen Auslöser gibt, der weiterhin die Nieren schädigt und vermeidbar ist (beispielsweise Medikamente oder Schwermetalle), wird dieser abgesetzt beziehungsweise aus dem Körper entfernt. Bei durch andere Krankheiten verursachten Entzündungen steht die Behandlung der Grunderkrankung im Mittelpunkt (beispielsweise durch Ribavirin bei Hantavirus). Autoimmunbedingte Verläufe werden durch Immunsystem-hemmende Medikamente behandelt, zum Beispiel Glukokortikoide.

Akute Verläufe haben meistens eine gute Prognose, chronische interstitielle Nephritiden enden jedoch häufig im Nierenversagen. Außerdem steigt bei chronischen Verläufen zusätzlich das Krebsrisiko im Bereich der Harnwege (Urothelkarzinom).

Was verursacht eine Nierenbeckenentzündung?

Die Ursache einer Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) sind Bakterien, die meistens aus der Harnblase in die Niere aufsteigen. Eine Nierenbeckenentzündung tritt für gewöhnlich im Gegensatz zu den anderen Formen der Nierenentzündung einseitig auf. Am häufigsten sind die Erreger E.Coli-Bakterien, gefolgt von Proteus mirabilis und Klebsiellen. Die Diagnose wird durch eine körperliche Untersuchung sowie eine Urin- und Blutuntersuchung gestellt.

Was tun bei Nierenbeckenentzündung?

Die Therapie einer Nierenbeckenentzündung erfordert in der Regel den Einsatz von Antibiotika, um die schwerwiegende Komplikation einer Urosepsis (eine vom Urogenitaltrakt ausgehende "Blutvergiftung") zu vermeiden und einer Chronifizierung entgegenzuwirken, die zu einer Schrumpfniere und Nierenversagen führen kann.

Gibt es einen Zusammenhang zwischen Blasen- und Nierenentzündung?

Eine Blasenentzündung (Zystitis) ist gewöhnlich bakteriell bedingt und wird bei Frauen durch die kurze Harnröhre begünstigt, durch die leichter Erreger von außen bis in die Blase gelangen können als bei Männern. Eine Nierenentzündung kann vielfältige Ursachen haben. Meistens liegen Entzündungen der Nierenkörperchen (Glomerulonephritiden), autoimmune oder stoffwechselbedingte (metabolische) Ursachen zugrunde. Entzündungen im Nierengewebe (tubulointerstitielle Nierenentzündungen) sind meistens durch Medikamente oder Vergiftungen bedingt.

Allerdings können Bakterien aus der Blase in das Nierenbecken aufsteigen und dort eine Nierenbeckenentzündung auslösen. So kann eine Infektion der Blase also in bestimmten Fällen eine Nierenentzündung zur Folge haben.

Einer Nierenentzündung vorbeugen

Um die Nierengesundheit zu erhalten, können folgende Tipps nützlich sein:

  • Ausreichend trinken (mindestens ca. 1,5 Liter pro Tag)
  • geringer Verzehr von Fleisch und anderen tierischen Produkten (Gichtgefahr)
  • verantwortungsbewusster Gebrauch von Medikamenten: keine ständige Einnahme von Schmerzmitteln, vor allem aus der Gruppe NSAIDs wie beispielsweise Acetylsalicylsäure, Ibuprofen, Naproxen und Diclofenac
  • Meiden von Noxen wie Blei oder Cadmium

Ernährung bei Nierenentzündung

Kommt es durch die Nephritis zu einer Niereninsuffizienz, gelten strenge Einschränkungen der Ernährung. Hierbei wird unter anderem die Flüssigkeitsaufnahme limitiert, um den Körper nicht durch die Flüssigkeitsansammlung zu überlasten und auch manche Lebensmittel sollten gemieden werden. Dazu gehören beispielsweise Nüsse, da diese viel Phosphat enthalten, welches die Niere nicht mehr ausreichend ausscheiden kann.

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