Vegetarisch leben = gesünder leben?

Vegetarisches Essen
© Karolina Grabowska / Kaboompics

"Cibi innocentes, unschuldige Speisen, sind Speisen, die ohne Blutvergießen gewonnen werden." Dies sagte der Kirchenvater Hieronymus von Bethlehem (331-420) schon vor langer Zeit - eine Einstellung, die die meisten Vegetarier teilen. Respekt vor dem Leben ist eines der Hauptmotive, kein Fleisch und keinen Fisch zu essen. Wir gehen der Frage nach, wie gesund eine fleischlose Ernährung ist und wie man so wichtige Nährstoffe wie Eiweiß und Eisen auch ohne Fleisch bekommt.

Formen des Vegetarismus

Es ernähren sich in Deutschland rund 7,8 Millionen Menschen (Stand: Januar 2015) vegetarisch. Die Rinderseuche BSE, die teils katastrophalen Bedingungen, unter denen Tiere gehalten und geschlachtet werden, Masthilfen im Futter, Antibiotika und andere Medikamentenrückstände im Fleisch - all dies sind neben den ethischen weitere Gründe, warum Menschen Fleisch ablehnen.

Ein weiterer, zunehmend wichtiger Grund: Vegetarier, dies belegen inzwischen auch diverse Studien, sind gesünder als Fleischesser. Doch Vegetarier sind nicht gleich Vegetarier. Je nachdem, wie stark tierische Lebensmittel vom Speiseplan gestrichen werden, unterscheidet man:

  • Ovo-lacto-Vegetarier: Sie essen Milch, Milchprodukte und Eier
  • Lacto-Vegetarier: Milch und Milchprodukte werden akzeptiert
  • Veganer: Alle tierischen Lebensmittel werden abgelehnt

Wie gesund ist vegetarische Ernährung?

Schon Anfang der achtziger Jahre haben die Universität Gießen, das Krebsforschungszentrum Heidelberg und das Bundesgesundheitsamt Berlin drei große Vegetarierstudien unabhängig voneinander durchgeführt - mit erstaunlichen Erkenntnissen. Demnach haben Vegetarier günstigere Blutdruckwerte, ein besseres Körpergewicht, eine höhere Lebenserwartung und eine geringere Anfälligkeit gegen Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.

Vergleichbare Untersuchungen aus anderen Ländern kommen zu ähnlichen Ergebnissen. Die Studie der London School of Hygiene and Tropical Medicine hat 11.000 Vegetarierinnen 12 Jahre lang beobachtet. Sie verglich ihre Teilnehmerinnen mit einer Kontrollgruppe, die, abgesehen vom Fleischkonsum, eine ähnliche Lebensweise und einen vergleichbaren sozialen Status wie die untersuchten Vegetarierinnen hatte.

Das Ergebnis: In allen wesentlichen Punkten wiesen die Vegetarierinnen bessere Werte auf, vor allem niedrigere Blutdruck-, Blutfett- und Harnsäurewerte und bessere Nierenfunktionsleistungen. Die Sterberate war um 20 % und die Krebstodesrate sogar um 40 % niedriger als bei der fleischessenden Kontrollgruppe. Zusammenfassend lässt sich aus diesen Studien ableiten, dass Vegetarierinnen keine Mangelerscheinungen haben, dass der allgemeine Gesundheitszustand überdurchschnittlich gut ist und die vegetarische Ernährung als gesund bezeichnet werden kann. Aber es gibt aus ernährungswissenschaftlicher Sicht einige Punkte zu beachten:

Nährstoffe im Fleisch und Milchprodukten

Fleisch und Fleischwaren gelten als wichtige Nährstofflieferanten für Eisen, Zink und eine Reihe von B-Vitaminen. Dies ist besonders wichtig für Kinder bis etwa zum 18. Lebensjahr: Werden diese Lebensmittel vermieden, so müssen die darin enthaltenen wichtigen Nährstoffe aus anderen Lebensmitteln zugeführt werden. Daher stehen Ernährungswissenschaftler der strengen veganen Nahrungsaufnahme, bei der tierisches Einweiß völlig fehlt, kritisch gegenüber.

Auch Kalzium, Vitamin B12, Eisen und Jod werden nicht in ausreichendem Maße aufgenommen. Vegetarier hingegen, die Milch, Milchprodukte und Eier essen und sich ansonsten mit Getreide, Gemüse, Hülsenfrüchten und Nüssen vollwertig ernähren, erhalten genug Eiweiß.

Auch die Versorgung mit Vitamin B12 ist gewährleistet, da es in Milch, Joghurt & Co. enthalten ist. Zwar steckt auch in Pflanzen Eisen, tierisches Eisen wird vom Menschen aber besser aufgenommen.

Eine bessere Aufnahme kann jedoch erreicht werden, indem man genügend Vitamin C zu sich nimmt, etwa als Obstsaft. Dann wird bis zur siebenfachen der normalen Menge Eisen vom Körper resorbiert. Meiden sollten Vegetarier hingegen Produkte, die die Eisenaufnahme hemmen, etwa schwarzen Tee, Kaffee, Kakao, Knoblauch und Zwiebeln. Jod schließlich ist außer in Meeresprodukten in Milch und Milchprodukten enthalten.

Pflanzliches Eiweiß

Grundsätzlich befürworten mehr und mehr Mediziner eine ausgewogene, vollwertige Ernährung, bei der Fleisch ohnehin einen sehr geringen Stellenwert hat. Wer sich jedoch völlig vegan ernähren möchte, sollte dies mit seinem Arzt besprechen und sich gründlich informieren. Ein völliger Verzicht auf tierisches Eiweiß muss nicht zu Mangelerscheinungen führen.

Der im Alter von 91 Jahren verstorbene Dr. Bruker, der eine vegane Ernährungsweise vertrat, empfahl seinen Patienten eine abwechslungsreiche pflanzliche Kost, die möglichst roh genossen werden sollte, um die pflanzlichen Eiweiße aufnehmen zu können. Nach heutigen Erkenntnissen reichen rund 50 Gramm und weniger (je nach Körpergröße) Eiweiß aus.

Aktualisiert: 05.08.2016
Autor*in: bo

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