älterer Mann hält Packung Clopidogrel-Tabletten
© Getty Images/Miljan Živković

Clopidogrel: Wirkung & Nebenwirkungen

Von: Jule Eder (Studentin der Humanmedizin)
Letzte Aktualisierung: 11.09.2023 - 17:18 Uhr

"Blutverdünner" – das sind Medikamente, von denen sicher die meisten Menschen schon einmal gehört haben. Hinter diesem umgangssprachlichen Begriff stecken mehrere verschiedene Medikamentengruppen, welche eine Gemeinsamkeit haben: Sie beeinflussen in unterschiedlichem Maße die Fähigkeit des Blutes, zu gerinnen. Zu den Wirkstoffen mit dieser Eigenschaft gehört auch Clopidogrel. Welche Wirkung hat das Arzneimittel genau und welche Nebenwirkungen können bei der Anwendung auftreten? Wissenswertes über Clopidogrel erfahren Sie hier.

Clopidogrel als Blutverdünner

Clopidogrel zählt als häufig verschriebenes Arzneimittel zu einer Untergruppe der Blutverdünner: den Thrombozytenaggregationshemmern. Die Thrombozytenaggregationshemmer sind abzugrenzen von den Antikoagulantien ("Gerinnungshemmern"), wobei die kleinen Unterschiede in der genauen Wirkweise außer für medizinisches Personal nicht von Bedeutung sind. Über verschiedene Wirkmechanismen wird durch beide Wirkstoffgruppen die Bildung von Thromben (Blutgerinnseln) in den Gefäßen verhindert, was für verschiedenste Therapien von zentraler Bedeutung ist. Weitere Wirkstoffe aus dieser Gruppe sind beispielsweise Ticlopidin, Prasugrel oder die in dem Medikament Aspirin® enthaltene Acetylsalicylsäure.

Welche Wirkung hat Clopidogrel?

Clopidogrel wirkt gerinnungshemmend und blutverdünnend. Die Blutgerinnung ist ein komplexer Ablauf. Vereinfacht ausgedrückt lagern sich Blutplättchen (Thrombozyten) aneinander an und bilden ein Blutgerinnsel, um eine verletzte Gefäßstelle abzudichten. So wird beispielsweise eine Schnittwunde in der Haut schnell durch geronnenes Blut verschlossen. Doch nicht immer ist diese Blutgerinnung von Vorteil. Wenn beispielsweise ein solcher "Thrombozytenpfropf" ein Blutgefäß verstopft, kann es durch den blockierten Blutfluss zu Folgen wie einer Thrombose kommen.

Clopidogrel gehört zu den Thrombozytenaggregationshemmern. Dieser Name klingt erst einmal sehr unverständlich, erklärt jedoch den Wirkmechanismus recht klar. Durch die irreversible (nicht aufhebbare) Blockade eines Rezeptors verhindert der Wirkstoff, dass die Thrombozyten (Blutplättchen) "aggregieren", also sich ansammeln und anhäufen können. Dadurch wird die Entstehung des Gerinnsels unterbunden, also gewissermaßen das "dicker werden" des Blutes gehemmt – daher der Begriff Blutverdünner.

Da die Blockierung des Rezeptors unumkehrbar ist, wird die Wirkung des Medikaments erst wieder aufgehoben, wenn die blockierten Thrombozyten neugebildet wurden. Das dauert in der Regel fünf bis sieben Tage.

Für was nimmt man Clopidogrel?

Clopidogrel eignet sich zur Prophylaxe (Vorbeugung) nach mehreren sogenannten atherothrombotischen Ereignissen bei Erwachsenen. Unter atherothrombotisch versteht man ein Ereignis, das durch ein Blutgerinnsel (Thrombus) im arteriellen Gefäßsystem ausgelöst wurde. Dazu zählen zum Beispiel:

  • Herzinfarkt
  • ischämischer Schlaganfall
  • periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) – eine Durchblutungsstörung der Beine, selten der Arme

Zudem kann der Wirkstoff auch zur Behandlung bei einem akuten Herzinfarkt gegeben werden, oder in Kombination mit anderen Medikamenten sowie nach einer Stent-Implantation. In Kombination mit Acetylsalicylsäure (ASS) kann Clopidogrel auch präventiv gegeben werden, beispielsweise bei Patient*innen mit Vorhofflimmern. Damit will man vermeiden, dass sich überhaupt erstmalig ein Thrombus bildet und etwa ein Schlaganfall die Folge ist.

Wie sollte Clopidogrel eingenommen werden?

Clopidogrel wird in Tablettenform eingenommen, in der Regel einmal am Tag morgens. Die standardmäßige Dosierung beträgt 75 mg pro Tablette, die Einnahme ist unabhängig von den Mahlzeiten. Das Medikament ist rezeptpflichtig und kommt in der Regel in einer Packung mit 100 Filmtabletten.

Wie lange muss man Clopidogrel einnehmen?

Je nach zugrundeliegender Erkrankung wird das Medikament unterschiedlich lange verschrieben, im Regelfall jedoch längerfristig als Dauertherapie. Bei einem akuten Koronarsyndrom deuten Studienergebnisse auf einen maximalen Nutzen nach drei Monaten hin. Bei einer TIA (transitorische ischämische Attacke, ähnelt einem Schlaganfall) beispielsweise wird Clopidogrel 21 Tage genommen und danach teilweise durch ASS ersetzt. Bei einer Erkrankung wie Vorhofflimmern kann es auch nötig sein, Clopidogrel ein Leben lang zu nehmen.

Nach einer Stent-Implantation wird nach den aktuellen Leitlinien die Einnahme von Clopidogrel gepaart mit ASS für mindestens sechs Wochen empfohlen, wenn es sich um einen unbeschichteten Stent handelt, und für mindestens 12 Monate, wenn es sich um einen beschichteten Stent handelt.

Wann und wie kann man Clopidogrel absetzen?

Die Frage, wann und unter welchen Umständen man Clopidogrel absetzen sollte, ist nicht pauschal zu beantworten. Studien deuten darauf hin, dass das Absetzen des Arzneimittels für die Patient*innen mit einem höheren Risiko für negative Folgen verbunden sein könnte. So kam es in einer Untersuchung etwa 90 Tage nach dem Absetzen zu einer deutlichen Häufung von Herzinfarkten und Todesfällen. Auch steht ein sogenanntes "Rebound-Phänomen" im Raum. Dieses bezeichnet das Phänomen einer überschießenden Gegenreaktion des Organismus nach Absetzen eines über lange Zeit genommenen Medikaments. All diese Ergebnisse müssen aber in weiteren Studien untersucht werden.

Im Rahmen einer OP ist das Absetzen von Clopidogrel eine individuelle Entscheidung der behandelnden Ärzte*Ärztinnen. Bei einer OP kurz nach einer Stent-Implantation wird beispielsweise vom Absetzen der Medikation abgeraten. Sollte die Entscheidung getroffen werden, Clopidogrel abzusetzen, so raten die aktuellen Leitlinien dazu, die Medikation postoperativ schnellstmöglich wieder zu beginnen.

Welche Nebenwirkungen hat Clopidogrel?

Wie fast jedes Medikament kann auch Clopidogrel unerwünschte Nebenwirkungen haben. Jede*r Patient*in macht hierbei seine oder ihre eigenen Erfahrungen. Zu den möglicherweise auftretenden Symptomen zählen unter anderem:

Diese Nebenwirkungen werden als häufig oder gelegentlich angegeben. Die Bedeutung der Häufigkeitsangaben ist auch auf dem Beipackzettel zu finden.

In sehr seltenen Einzelfällen kann es auch zu Nebenwirkungen wie Arthritis mit Gelenkschmerzen, aber auch zu Hirnblutungen oder Leberversagen kommen. Sollten Symptome wie etwa Gewichtszunahme, Gelbsucht (Gelbfärbung von Haut und Schleimhäuten) oder Aszites (Wasseransammlung im Bauch) auftreten, kann dies auf eine gefährliche Reaktion wie ein akutes Leberversagen hindeuten. Dann sollte sofort ärztlicher Rat gesucht werden.

Besonderheiten von Clopidogrel und Gegenanzeigen

Clopidogrel findet bei Kindern und Jugendlichen keine Anwendung, da es Bedenken zur Wirksamkeit gibt. Bei eingeschränkter Leber- oder Nierenfunktion wird zur Anwendung mit Vorsicht geraten, da nur eine begrenzte Datenlage zu den Patientengruppen vorliegt und eine individuelle Entscheidung getroffen werden muss. Dahingegen ist eine schwere Leberfunktionsstörung eine klare Kontraindikation für die Verwendung des Arzneimittels. Weitere Gegenanzeigen sind eine Allergie auf den Wirkstoff oder eine akute Blutung, wie etwa bei einer Hirnblutung oder einem Magengeschwür.

Zudem ist zu beachten, dass es sich bei dem Wirkstoff um eine sogenannte "Prodrug" handelt. Das bedeutet, dass eine inaktive oder weniger aktive Vorstufe des Arzneistoffs eingenommen wird, welche erst im Körper aktiviert wird und somit ihre Wirkung entfalten kann. Das Medikament wird hierbei in der Leber umgewandelt und aktiviert. Bei manchen Menschen, welche die dafür nötigen Enzyme nicht oder in zu geringer Anzahl besitzen, kann es somit zu einem langsameren Wirkeintritt kommen, da der Wirkstoff nicht schnell genug umgesetzt werden kann.

Clopidogrel in der Schwangerschaft und Stillzeit

Als Vorsichtsmaßnahme sollte während der Therapie mit Clopidogrel abgestillt werden, da nicht bekannt ist, ob Clopidogrel in die menschliche Muttermilch übergeht. Während einer Schwangerschaft sollte Clopidogrel vermieden werden, da es keine klinischen Daten gibt, ob die Einnahme schädliche Auswirkungen haben könnte.

Wechselwirkungen mit Medikamenten und Alkohol

Soll Clopidogrel zusammen mit anderen Medikamenten eingenommen werden, sollte vorher ärztliche Rücksprache gehalten werden. So können beispielsweise andere Mittel, die ebenfalls die Blutgerinnung beeinflussen, in Kombination mit Clopidogrel zu einer erhöhten Blutungsneigung führen.

Protonenpumpenhemmer wie Omeprazol können die Wirkung von Clopidogrel beeinträchtigen, da die Umwandlung des Wirkstoffes in der Leber gehemmt wird.
Für weitere Wechselwirkungen prüfen Sie bitte die Beipackzettel der jeweiligen Medikamente.

Bei der Einnahme von Clopidogrel wird zudem darauf hingewiesen, dass in Zusammenhang mit dem Konsum von Alkohol ein höheres Risiko für das Auftreten von Geschwüren oder Blutungen besteht. Jedoch ist die Datenlage hierzu sehr dünn und schwer auszuwerten.

Handelsnamen und Präparate

Clopidogrel wird typischerweise unter den Namen "Clopidogrel" gefolgt vom jeweiligen Eigennamen (beispielsweise Clopidogrel Zentiva®, Clopidogrel Aurobindo®, Clopidogrel Teva® etc.), "Plavix®" oder "Iscover®" gehandelt. Die Frage "Was ist besser, Clopidogrel oder Plavix" ist somit hinfällig, da es sich um den gleichen Wirkstoff handelt.

Es gibt zudem ein Kombipräparat von Clopidogrel und ASS, welches unter dem Namen "Duoplavin®" auf dem Markt ist. Das Kombipräparat ist ebenfalls rezeptpflichtig.

Gibt es einen natürlichen Ersatz für Clopidogrel?

Sollten Sie Clopidogrel aufgrund einer Krankheit einnehmen müssen, gibt es keine Möglichkeit, dieses Arzneimittel durch etwa naturheilkundliche Mittel zu ersetzen. Es gibt zwar einige Lebensmittel, denen eine blutverdünnende oder gefäßschützende Wirkung nachgesagt wird (zum Beispiel Zimt, Knoblauch, Kurkuma, Brennnessel, Basilikum oder Goji-Beeren), jedoch ist es unmöglich, die genaue Wirkung zu beschreiben oder gar eine Dosierempfehlung auszusprechen. Somit sind diese Lebensmittel nicht geeignet, um ein verschriebenes Medikament zur Blutverdünnung zu ersetzten.

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