E-Rezept (elektronisches Rezept): Arzneimittel per App
Ab dem 1. September 2022 wurde das E-Rezept in Deutschland in einzelnen Regionen testweise eingesetzt. Nach Abschluss des dreimonatigen Testzeitraums sollte dann die Verwendung schrittweise auf die ganze Bundesrepublik ausgeweitet werden. Doch dieser Zeitplan ist mittlerweile ins Stocken geraten, die Testphase vorübergehend gestoppt. Was sind die Hintergründe, wie funktioniert das E- Rezept und welche Vor- und Nachteile stehen damit in Verbindung? Das erklären wir in diesem Artikel.
Was ist ein E-Rezept und wie funktioniert es?
E-Rezept (manchmal auch eRezept geschrieben) steht für "elektronisches Rezept". Der Name sagt bereits aus, worum es sich beim E-Rezept handelt, nämlich um eine elektronische Alternative zum klassischen Rezept in Papierform.
Der*die Arzt*Ärztin kann die Verordnung, beispielsweise für ein Medikament, elektronisch ausstellen und signieren. Mithilfe einer speziellen Smartphone-App kann man das Rezept anschließend in einer Apotheke einlösen.
Das E-Rezept ist aktuell nur auf die Verschreibung von Arzneimitteln ausgelegt. In Zukunft soll es auch elektronische Lösungen für weitere medizinische Felder geben, beispielsweise für Hilfs- und Heilmittel oder Überweisungen an fachmedizinische Praxen.
Welche App und welche technischen Voraussetzungen werden benötigt?
Möchte man das elektronische Rezept nutzen, muss man aktuell die offiziell dazugehörige App auf seinem Smartphone installieren. Diese heißt "Das E-Rezept". Um die App anschließend nutzen zu können, müssen allerdings ein paar Anforderungen erfüllt sein.
Zunächst einmal muss die eigene Gesundheitskarte über eine NFC-Funktion verfügen. NFC steht für "Near Field Communication", also Nahfeldkommunikation. Dabei handelt es sich um eine drahtlose Form der Datenübertragung. Ähnlich wie viele EC-Karten verfügen aber auch bereits viele neuere Gesundheitskarten über diese Funktion. Falls die eigene Karte nicht darüber verfügt, kann man eine entsprechende Karte bei der Krankenkasse anfordern. Ob eine Karte über eine NFC-Funktion verfügt, erkennt man meist anhand eines Symbols mit mehreren gebogenen Linien, die sich von einem Punkt aus in eine Richtung ausbreiten.
Zum Einloggen in die App benötigt man außerdem die zur NFC-Funktion gehörige sechsstellige CAN-Nummer sowie eine PIN. Die CAN-Nummer ist auf NFC-fähigen Karten aufgedruckt, die PIN erhält man von der Krankenkasse. Auch das Smartphone muss NFC-fähig sein.
Welche Vorteile gibt es?
Das E-Rezept bietet verschiedene Vorteile:
- Erhalt eines elektronischen Rezepts nach Wahrnehmung einer digitalen Sprechstunde möglich
- kein persönliches Abholen von Folgerezepten in der Arztpraxis notwendig, sofern bereits ein Termin im Quartal in der Praxis wahrgenommen wurde
- direkte Weiterleitung des E-Rezepts an die Apotheke oder Versandapotheke
- Verhinderung unnötiger Wege, da ein nicht-vorrätiges Medikament einfach bestellt werden kann, bevor man die Apotheke persönlich aufsucht
- Hinzufügen von Profilen für Familienangehörige (beispielsweise Kinder) ist möglich
- leichteres Erkennen von Wechselwirkungen, da die App Verknüpfungen zwischen verschiedenen Medikamenten herstellen kann
- integrierte Erinnerungsfunktion zur Einnahme von Medikamenten
Welche Nachteile hat das E-Rezept?
Als Nachteil sehen Fachleute aktuell vor allem die hohen Hürden bei der Registrierung in der App. So benötigt man, wie bereits erwähnt, eine NFC-fähige Gesundheitskarte. Um die NFC-Funktion dann auch nutzen zu können, wird eine PIN benötigt, die bei der jeweiligen Krankenkasse angefordert werden muss. Liegt diese PIN noch nicht vor, müssen Nutzer*innen bei ihrer Krankenkasse ihre Identität nachweisen. Wie das gehen kann, legt jede Krankenkasse selbst fest.
Um diese Hürde zu senken, wird derzeit diskutiert, ob anstelle der App künftig die elektronische Gesundheitskarte zur Einlösung von E-Rezepten genutzt werden könnte. Diese Option ist aufgrund von Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes jedoch umstritten.
Was tun, wenn man die App nicht nutzen kann?
Eine NFC-fähige Gesundheitskarte kann jederzeit von der Krankenkasse angefordert werden. Erfüllt man andere Voraussetzungen für die Nutzung nicht, beispielsweise weil man kein Smartphone hat, kann das elektronische Rezept auch in der Arztpraxis ausgedruckt werden. Die Vorteile des E-Rezepts (zum Beispiel kein persönliches Erscheinen in der Arztpraxis nötig oder die direkte Übermittlung an die Apotheke) entfallen dann allerdings.
Ein Versand des Rezepts per E-Mail ist aktuell aus Datenschutzgründen leider nicht möglich.
Wie ist der Stand bei Privatrezepten?
Aktuell liegt noch keine App für Personen mit privater Krankenversicherung vor. Diese befindet sich aber derzeit in der Entwicklung.
Wie sicher sind die Daten?
Die Daten, die über die App übertragen werden, werden verschlüsselt und auf Servern der sogenannten Telematikinfrastruktur gespeichert – dies ist eine digitale Plattform für das Gesundheitswesen. Diese Server sind vereinfacht gesagt leistungsstarke Computer und befinden sich in einem gesicherten Rechenzentrum.
Einsehbar sind die Daten im Rezept nur für die*den unterzeichnende*n Ärztin*Arzt sowie das Fachpersonal in der jeweils ausgewählten Apotheke. Nach 100 Tagen werden die Daten automatisch gelöscht. Nutzer*innen können ihre Daten aber auch eigenständig schon früher löschen.
Ab wann wird das E-Rezept Pflicht?
Seit September 2022 sollen alle Apotheken in Deutschland dazu in der Lage sein, E-Rezepte zu bearbeiten. Ursprünglich sollte dann die Pflicht zur Nutzung des E-Rezepts ab Januar 2023 bestehen. Dieser Termin wurde aber nach hinten verschoben. Wann nun alternativ mit der bundesweit verpflichtenden Einführung des E-Rezepts gerechnet werden kann, ist derzeit noch offen.
Warum verzögert sich die Einführung des E-Rezepts?
Mehrere Faktoren sorgen aktuell dafür, dass sich die bundesweite Einführung des E-Rezepts auf unbestimmte Zeit verschoben hat. Zum einen erfüllen viele Praxen im Moment noch nicht die technischen Voraussetzungen, um E-Rezepte auszustellen. Zum anderen sehen sich auch viele Versicherte noch mit technischen Hürden zur Nutzung des E-Rezepts konfrontiert.
Wichtigster Grund für die Verzögerung ist in der jetzigen Situation jedoch ein Streit zwischen den Kassenärztlichen Vereinigungen und dem Apothekerverband auf der einen und dem Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit auf der anderen Seite. Konkret geht es dabei um die Idee, neben der Nutzung des E-Rezepts mittels einer App zusätzlich die Einlösung von E-Rezepten über die elektronische Gesundheitskarte zu ermöglichen und die Anwendung so zu vereinfachen.
Dabei würden jedoch technische Schnittstellen genutzt, die aus Sicht des Bundesbeauftragten keine ausreichende Sicherheit für die Daten der Nutzer*innen bieten. Zudem ist die Verwendung der elektronischen Gesundheitskarte aktuell ohne Eingabe einer PIN möglich, was weitere Sicherheitsbedenken hervorruft, da das pharmazeutische Personal so gegebenenfalls ohne Erlaubnis Zugriff auf Rezeptdaten hätte.
Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe, die für die Nutzung des E-Rezepts in der Testregion zuständig ist, hat daraufhin erklärt, die Testphase vorerst zur stoppen. Wann eine Einigung erfolgen und der Test fortgesetzt werden könnte, ist derzeit noch offen. Angestrebt wird eine Fortführung der Testphase im Jahr 2023.